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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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mit einer solchen Situation auseinanderzusetzen.«
    »Dann geh zu Kender.« Spurgeon schüttelte den Kopf.
    »Warum nicht?«
    »Weil«, sagte er, »es tatsächlich eine Regel gibt, nach der Spitalsärzte Patienten nicht entlassen dürfen, und ich habe diese Regel gebrochen. Weil Meomartino mir nicht sagte, ich solle sie heimschicken. Weil ich, wenn ich irgendeine Beschwerde hätte vorbringen wollen, das in der Konferenz hätte tun sollen.«
    »Robinson, du bist der dümmste Mensch, dem ich je in meinem Leben begegnet bin«, hörte er Adam hinter sich rufen, als er hinausging.
    Meomartino hatte sich als jämmerlicher Feigling entpuppt, dachte er, als er todunglücklich zum Lift stapfte.
    Während der qualvollen Fahrt vom sechsten Stock ins Kellergeschoß zwang er sich jedoch, besessen von der alten, widerlichen Furcht, den eigentlichen Grund einzugestehen, warum er während der Sitzung nichts von dem Anruf erwähnt hatte.
    Alle diese weißen, weißen Gesichter hatten ihm Entsetzen eingeflößt.
     
    Der Tag ging weiter, wie er begonnen hatte. Katastrophal.
    Er und Meyerson hatten nichts zu tun und ödeten einander bis in den tiefen Nachmittag hinein an. Von drei Uhr dreißig bis kurz vor acht Uhr dreißig hatten sie sechs Abholfahrten, vier davon lange und schwierige Transporte. Um acht Uhr fünfunddreißig wurden sie ausgeschickt, um Mrs. Thomas Catlett zu holen, eine bevorstehende Entbindung, Simmons Court 31, Charlestown. Meyerson verließ jedoch die Schnellstraße und wand sich durch Straßen, die nicht mehr verbreitert worden waren, seit man sie als breit genug für Paul Reveres Pferd erklärt hatte. Zum Schluß fuhr er in eine Parkverbotszone vor Shapiros Buchladen in der Essex Street ein.
    »Wohin fahren Sie?« fragte Spurgeon mißtrauisch.
    »Ich habe Hunger. Ich hole ein belegtes Brot und einen Drink im Delikatessenladen, Sie fahren, während ich esse. In Ordnung?«
    »Machen Sie schnell.«
    »Beruhigen Sie sich. Soll ich Ihnen etwas mitbringen? Ein Corned beef?«
    »Nein, danke.«
    »Pastrumi? Das Fleisch wird dort gedünstet.«
    »Maish, ich will keine Zeit verschwenden.«
    »Essen müssen wir.«
    Spurgeon gab nach und reichte ihm einen Dollar aus seiner Brieftasche. »Schweizerkäse auf Weißbrot. Kaffee, normal.«
    Er saß auf dem Fahrersitz der Ambulanz und studierte die Bücher in Shapiros Auslagen, während die Sekunden zu Minuten wurden und Maish nicht auftauchte. Nach einer Weile stieg er aus, ging zur Ecke und spähte durch die Auslage des Essex-Delikatessenladens. Durch die Scheibe sah er Maish, eingerahmt von einem riesigen Salamiring im Schaufenster, den Torso hinter einer Pyramide von Knackwürsten versteckt, Schlange stehen und mit zwei Taxifahrern reden.
    Ungeachtet der etlichen hundertzwanzig Augen, die sich ihm sofort zuwandten, klopfte Spurgeon an das Fenster und deutete auf seine Armbanduhr.
    Maish zuckte die Achseln und deutete auf den Ladentisch.
    Himmel, er war noch immer nicht bedient worden.
    Spur drehte sich um und ging in die andere Richtung, an dem Buchladen vorbei zum Ende des Wohnblocks. Drüben lag Chinatown, ein blitzender Neondschungel von Palmen und Drachen.
    Er ging zurück. Eine Weile lehnte er am Krankenwagen.
    Schließlich hielt er es nicht länger aus, ging zum Essex und trat ein.
    »Lösen Sie einen Scheck«, sagte der Mann am Eingang.
    »Ich kaufe nichts.«
    »Dann geben Sie ihn auf dem Weg hinaus zurück.« Maish saß mit den Taxifahrern an einem Ecktisch, den Teller vor sich bis auf ein paar Fleischkrümel leer. In seiner Flasche war noch zwei Finger hoch Bier.
    »Jetzt aber raus hier und in den Krankenwagen, verdammt noch mal«, sagte Spurgeon.
    Maish sah die Taxifahrer an und hob die Augenbrauen.
    »Ein Neuling«, sagte er.
    Im Wagen reichte er Spurgeon einen braunen Papiersack und zwanzig Cent Wechselgeld. »Ich hab’ mir gedacht, ich freß es lieber drinnen«, sagte er. »So kann ich selbst fahren. Ich kenne Charlestown. Ich hab’ mir gedacht, Sie könnten sich verfahren.«
    »Beeilen wir uns lieber, diesen Entbindungsfall abzuholen. Wäre vielleicht keine schlechte Idee, was?«
    »Sobald wir sie eingeliefert haben, garantiere ich Ihnen, daß sie noch eineinhalb Tage brauchen wird.«
    Sie fuhren durch Chinatown zur Schnellstraße. »Essen Sie«, befahl Maish, die jüdische Mutter des Ambulanz-Korps. Das belegte Brot schmeckte auf Spurs nervöser Zunge wie Pappe, der Kaffee war ekelhaft kalt, und er schluckte ihn herunter, als sie über die

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