Die Klinik
steckte zwei Klemmen auf die Nabelschnur, schnitt sie zwischen ihnen durch und sah sofort pflichtbewußt auf die Uhr; es war aus legalen Gründen wichtig, die Zeit der Geburt zu verzeichnen.
In einer Hand hielt er den winzigen Hals und Kopf, mit der anderen den kleinen Steiß, warmer Samt, weich wie – eben wie ein Babyarsch. Du Musikschreiber, Musikmacher, versuch’s doch und verwandle dieses Geschehen in Klang, sagte er sich, und er wußte, daß es nicht zu machen war. Das Baby öffnete den Mund, machte eine Backpflaume aus seinem Gesicht, stieß einen kleinen Schrei aus und sandte gleichzeitig einen Urinstrom aus dem winzigen Penis – ein strammer Junge.
»Sie haben einen prächtigen Buben«, sagte er zu der Frau. »Wie wird er heißen?«
»Wie heißen Sie, Doktor?«
»Spurgeon Robinson. Sie wollen ihn nach mir nennen?«
»Teufel, nein. Nenne ihn nach seinem Paps. Wollte nur Ihren Namen wissen.«
Einen Augenblick später lachte er noch immer, als Meyerson und der Polizist an die Tür des Krankenwagens klopften.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen, Doktor?« fragte der Polizist.
»Ich habe alles unter Kontrolle, danke.« Hinter ihnen staute sich der Verkehr eine halbe Meile weit. Das Hupen kam ihm zum erstenmal zu Bewußtsein. Es war ohrenbetäubend.
»Einen Augenblick. Kommen Sie herein und halten Sie Thomas Catlett einen Augenblick, ja, bitte?«
Bei einer Entbindung war es genauso wie bei jedem anderen chirurgischen Eingriff, die Möglichkeit eines Schocks war vorhanden. Er leitete eine intravenöse Infusion bei ihr ein, Dextrose und Wasser.
Dann deckte er sie mit einer Decke zu und beschloß, zur Entbindung der Nachgeburt auf aseptischere Verhältnisse zu warten. Er nahm dem Polizisten das Baby wieder ab.
»Mr. Meyerson«, sagte Dr. Robinson sehr würdevoll, »wollen Sie uns bitte von dieser verdammten Brücke wegfahren?«
Als sie den Hof des Krankenhauses erreichten und er die Tür des Krankenwagens öffnete, überraschte ihn das erste Blitzlicht.
»Halten Sie das Baby hoch, Doktor. Steigen Sie noch einmal ein und setzen Sie sich neben die Mutter«, befahl ein Kameramann.
Es waren zwei Photographen, drei Reporter und zwei Fernsehteams da.
Wie zum Teufel, fragte er sich, und dann erinnerte er sich an all das Kleingeld, das Meyerson gebraucht hatte, um Anrufe zu machen. Er sah sich böse um.
Maish war eben dabei, durch den Eingang zur Ambulanz zu verschwinden. Wie ein Blatt vor dem Wind, nein, wie ein Märzhase hoppelte Meyerson eilig davon.
Viel später kam Spurgeon in sein Zimmer. Er schälte sich aus dem weißen Anzug, der stark nach Blut und Fruchtwasser roch. Die Dusche in der Halle unten lockte, aber lange saß er in seiner Unterwäsche einfach nur auf dem Bett, dachte wenig, und fühlte sich großartig.
Champagner, dachte er schließlich. Er würde duschen und sich umziehen und zwei kleine Flaschen erstklassigen Champagners holen. Die eine würde er mit Adam Silverstone trinken. Die zweite mit Dorothy.
Dorothy.
Er ging hinaus, ließ zwei Münzen ins Hallentelephon fallen und wählte Dorothys Nummer.
Mrs. Williams kam ans Telephon.
»Wissen Sie, wie spät es ist?« fragte sie scharf, als er Dorothy verlangte.
»Ja. Das ist eben eines der Dinge aus dem Leben eines Arztes. Gewöhnen Sie sich lieber schon jetzt daran, Mamma.«
»Spurgeon?« fragte Dorothy einen Augenblick später.
»Was war in der Konferenz?«
»Ich bleibe Spitalsarzt.«
»War es gräßlich?«
»Sie haben mir die Nase drin gerieben, wie man das bei einem Hundejungen macht.«
»Geht’s dir halbwegs?«
»Mir geht’s prima. Die größte lebende Kapazität der Welt in Sachen Zahnfortsatz.« Plötzlich erzählte er mit belegter Stimme von der großen dicken Seelenschwester und dem süßesten kleinen, weichärschigen, gut gebauten Babyjungen, der das Licht der Welt erblickte, weil Dr. Robinson als furchtloser Arzt an der vordersten Front stand.
»Ich liebe dich, Spurgeon«, sagte sie, sehr leise, aber deutlich, und er konnte sich vorstellen, wie sie da in der Küche in ihrem Nachthemd stand, ihre wunderschöne Hand um den Hörer gekrümmt, und ihre Mutter wie ein großer dunkler Schmetterling herumflatterte.
»Hör zu«, sagte er ganz laut, und es war ihm gleichgültig, ob Adam Silverstone oder sonst jemand auf der ganzen Welt ihn hörte. »Auch ich liebe dich, sogar mehr, als ich deinen heiratsfähigen nubischen Körper besitzen will. Was sehr viel mehr als beträchtlich ist.«
»Du bist verrückt«, sagte
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