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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Tobin-Gedächtnisbrücke rumpelten. »Haben Sie fünfundzwanzig Cent?« Es war Sache des Fahrers, Mauten zu bezahlen, aber Spurgeon rückte mit dem Geld heraus und nahm sich vor, es später einzutreiben.
    Die Straßen sahen alle gleich aus, die Häuser sahen alle gleich aus.
    Maish brauchte zehn Minuten, bis er zugab, daß er Simmons Court nicht finden konnte, und weitere fünf, bis er die Suche auf der Straßenkarte aufgab.
    Nach längeren Beratungen mit zwei Polizisten und einer Küstenpatrouille der Marine fanden sie ihren Bestimmungsort, eine unbeleuchtete Sackgasse am Ende einer Privatstraße mit tiefen Schneefurchen. Natürlich wohnten die Catletts im dritten Stock. Die Wohnung war dunkel und schmutzig und roch nach Unterstützungsgeldern. Aus dem Schlaf gerissene Kinder und ein stummer, mürrischer Mann. Die Frau war aufgeschwemmt von allzu stärkehaltiger Ernährung, Sorgen und zu häufigen Geburten. Sie legten sie, beide keuchend, auf die Krankentrage. Das älteste Mädchen legte einen braunen Papiersack neben die Mutter auf die Tragbahre.
    »Mein Nachthemd und so Sachen«, sagte die Frau stolz zu Spurgeon.
    Sie gingen zur Tür, dann aber blieb Spurgeon stehen, wobei sich ihm die Tragbahre in die Kniekehlen bohrte.
    »Wollen Sie ihr nicht Adieu sagen?« fragte er den Mann.
    »’dieu.«
    »’dieu«, sagte sie.
    Sie war sehr schwer. Spurgeon und Meyerson manövrierten sie die schmalen knarrenden zwei Treppen hinunter und aus dem düsteren Gestank des Vorhauses hinaus.
    »Vorsicht auf dem Eis«, warnte Maish.
    Ihre Arme und Beine waren steif und zitterten, als sie sie endlich in den Krankenwagen schoben.
    Sie schrie wild auf.
    »Was ist los?« fragte Spurgeon.
    Es dauerte fast eine Minute, bis sie antworten konnte. In seinem ersten Schrecken hatte er nicht daran gedacht, auf die Uhr zu schauen.
    »Ich hab’ Schmerzen.«
    »Was für Schmerzen?«
    »Sie wissen doch.«
    »War das die erste Wehe?«
    »Nein. Hab’ schon eine Menge gehabt.«
    »Meyerson, fahren Sie lieber los«, sagte er. »Schalten Sie Ihr Spielzeugpfeifchen ein.«
    Maish, der Prahler, der Kretin, drückte sofort auf die Sirene, und sie fuhren durch den leeren Hof und die leere Straße hinunter, während in jeder Wohnung Lichter angingen und ein schwarzes oder braunes Gesicht aus einem Fenster spähte.
    Spur setzte sich neben die Frau und stemmte die Füße gegen die gegenüberliegende Wand, um auf seinen Knien schreibend ihre Personalien aufzunehmen.
    »Ich stelle lieber gleich den ersten Teil der Krankengeschichte zusammen«, brüllte er gegen das anstürmende Sirenengeheul. »Wie ist Ihr voller Name, Mutter?«
    »Was?«
    »Ihr voller Name!«
    »Martha Hendricks Catlett. Hendricks ist mein Mädchenname.« Heiser buchstabierte sie.
    Er nickte. »Wo geboren?«
    »Rochester.«
    »New York?« Sie nickte. »Thomas heißt Ihr Mann. Mittlerer Anfangsbuchstabe?«
    »C. Für Charlie.« Ihr Gesicht verzog sich, sie kreischte auf und rollte sich auf der Tragbahre herum.
    Diesmal blickte er auf die Uhr. 9,42. Die Wehe dauerte fast eine Minute.
    »Wo ist Ihr Mann geboren?«
    »Choctaw, Alabama. Verdammter Lügner.«
    »Warum?«
    »Erzählt den Kindern, daß er Halbindianer ist.« Grinsend nickte er. Allmählich mochte er sie. »Wo arbeitet er?«
    »Arbeitslo – oos« – der Schrei verwandelte sich in Angstgekreisch.
    Er blickte wieder auf seine Uhr. 9,44. Zwei Minuten. Ich kann kein Kind entbinden, dachte er benommen.
    Seine Erfahrung beschränkte sich auf fünf Tage Unterricht in Geburtshilfe während seines dritten Jahres an der Medizinischen Schule, vor zwei Jahren.
    Hatte er sich etwas von damals gemerkt?
    »Haben Sie eine Leibschüssel, Doc?«
    »Können Sie nicht warten?«
    »Ich glaube nicht.«
    Das war die Entscheidung; er wußte, daß das Kind fast da war.
    Er stürzte nach vorn und klopfte Meyerson auf die Schulter. »Fahren Sie an den Straßenrand und halten Sie.«
    »Warum?«
    »Ich will Ihnen noch ein gottverdammtes Corned-Beef-Sandwich kaufen!« schrie er.
    Der Krankenwagen verlangsamte sein Tempo, hielt an, verschluckte sein Sirenengeheul mit einem Geräusch, das wie Schluckauf klang. Plötzlich war es sehr still, mit Ausnahme des Fsch, fsch, fsch der sehr schnell und sehr dicht vorbeifahrenden Autos.
    Spurgeon blickte hinaus, ihm wurde schwach. Sie standen auf der Brücke.
    »Haben Sie Rauchsignale, Sie wissen schon, Verkehrsfackeln?« fragte er Meyerson.
    Maish nickte.
    »Nun, stellen Sie sie auf, damit wir nicht umgebracht

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