Die Knickerbocker Bande 045 - Der Mann ohne Gesicht
unbekannt.“
„Wir ... wir haben Angst. Der Mann ohne Gesicht hat das
Feuer gelegt. Er verfolgt uns. Er ... er will uns zum Schweigen bringen!“, platzte Poppi heraus.
Der Polizist lächelte milde. „Nanana, so schlimm wird es schon nicht sein! Aber zu eurer Beruhigung schicke ich zwei Beamte, die in den nächsten Tagen das Hausboot bewachen werden. Einverstanden?“
Die Juniordetektive nahmen das Angebot gerne an.
Nachdem der Kriminalbeamte gegangen war, fiel Axel etwas auf. „Er hat uns nicht einmal seinen Namen verraten. Findet ihr das nicht merkwürdig?“
In der Nacht schliefen die Knickerbocker sehr unruhig. Sie wälzten sich in den Schlafkisten von einer Seite auf die andere und stöhnten immer wieder laut auf.
Wie spät es war, wusste später keiner mehr. Aber irgendwann klopfte jemand an das schmale Fenster, durch das man direkt auf den Gehsteig sah.
Als keiner reagierte, wurde das Klopfen drängender.
Dominik wachte als Erster auf.
Im Licht der Straßenlampe konnte er ein Paar schwarze Schuhe und graue Hosenbeine ausnehmen.
„Folgt mir!“
Der Mann ohne Gesicht hatte nur einen Gedanken: Er musste alle zum Schweigen bringen, die ihn gesehen hatten. Die Männer im Boot dachten, er sei ertrunken. Keiner durfte erfahren, dass er noch am Leben war. Es war seine einzige Chance, sich endlich zu befreien. Er hatte in der Nacht einen Plan geschmiedet, was mit den vier Kindern geschehen sollte. Mittlerweile war ihm auch klar geworden, dass er es nicht mit gewöhnlichen Kindern zu tun hatte. Seit er ihnen Auge in Auge gegenübergestanden war und mit ihnen gesprochen hatte, wusste er, dass er sie nicht unterschätzen durfte.
Dominik weckte seine Freunde und machte sie auf die Füße vor dem Fenster aufmerksam.
Der Unbekannte klopfte gegen das Fenster.
„Was sollen wir bloß tun?“, flüsterte Axel.
„Zwei bleiben da, und zwei gehen an Deck!“, entschied das Superhirn, dessen Herz zu rasen begonnen hatte. Axel meldete sich freiwillig: Er wollte mit Lilo an Deck gehen.
Sie durchquerten den Wohnraum und hörten aus den Kabinen der Schwestern tiefes Atmen. Sowohl Linda als auch Annabel hatten einen gesegneten Schlaf.
Die Nacht war kühl und still.
Axel stellte überrascht fest, dass die Tür des Bootes
nicht abgesperrt war. Er drehte den Knauf und zog sie auf. Das Deck lag vor ihnen, wie sie es am Abend verlassen hatten.
Lieselotte nahm allen Mut zusammen und machte einen Schritt hinaus in die Nacht. Sie stand jetzt unter dem Vordach aus rot-weiß gestreiftem Stoff. Nachdem sie noch einen Schritt gewagt hatte, fiel das schummrige Licht der Straßenlampe auf sie.
Sie sah zum Kai und ließ ihre Blicke über den Fußweg, die
Baumreihe und die Straße schweifen, konnte aber nichts Außergewöhnliches erkennen.
Axel schnappte einen der kleinen Metallstühle und hob ihn mit beiden Händen hoch. Falls jemand überraschend angriff, hatte er eine Waffe und konnte sich zur Wehr setzen.
Gemeinsam wagten sich die beiden ein Stück weiter vor.
Da flog etwas durch die Luft auf sie zu.
Erschrocken wichen Lilo und Axel zur Seite.
Krachend schlug das Ding vor ihnen auf.
„Sieht wie eine Coladose aus“, stellte Axel fest.
„Es ist etwas herumgewickelt“, hauchte Lilo. Sie machte ein paar Schritte, bückte sich und hob die Dose auf.
Mit einem Gummiring war ein Zettel daran befestigt. Sie rollte ihn auf und las: „Nur ihr könnt mir helfen. Ihr habt von mir nichts zu befürchten! Es war ein Versehen gestern. Ich werde gejagt und bin in Lebensgefahr. Ich flehe euch an, helft mir!“ Auch ohne Unterschrift war klar, von wem die Nachricht stammte.
Axel unterdrückte einen Aufschrei und trat näher an Lilo heran.
Auf dem Kai, direkt unter der Straßenlampe, stand der Mann ohne Gesicht. Mit den Händen machte er bittende Bewegungen wie ein kleines Kind. Als die beiden Juniordetektive aber zögerten, ließ er die Schultern sinken und blickte sich ängstlich um.
Langsam traten Axel und Lilo näher an die Reling.
„Wer sind Sie? Wie sollen wir Ihnen helfen?“, fragte Lilo.
Der Mann kramte in seiner Jackentasche und holte einen Zettel hervor. Darauf stand: „Ich kann nicht sprechen. Bitte folgt mir! Ich flehe euch an.“
„Nein!“, entschied Axel.
Lieselotte rang mit sich. Einerseits spürte sie eine große Gefahr, andererseits wollte sie unbedingt wissen, was mit diesem rätselhaften Mann los war.
„Ich habe eine Idee“, flüsterte sie. Hastig besprach sie sich mit Axel, und er war
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