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Die Knochenkammer

Titel: Die Knochenkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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anderswo Kisten eingeladen?«
    »Nein, wir achten aus Kostengründen ziemlich genau auf so etwas. Mr. Lissen dort, der Leiter der Abteilung, kennt die Maße der Trucks, die wir mieten. Und er hat die Abmessungen von den Lagerabschnitten. Er versucht, sie so voll wie möglich zu packen, damit wir etwas für unser Geld bekommen.«
    »Wie inventarisieren Sie den Inhalt?«
    »Nach einem uralten System, Mr. Chapman.« Thibodaux rieb sich die Stirn, während er ein paar Schritte zurücktrat und sich an einen Container lehnte. »Wir haben über zwei Millionen Objekte am Met, und sobald ein neues dazu kommt, erhält es eine Nummer. Eine Inventarnummer.«
    »Hey, Lenny«, rief Mike dem Detective zu, mit dem er gekommen war und der sich gerade, den Notizblock gezückt, mit dem Lastwagenfahrer unterhielt. »Würdest du dich in den Kittel schmeißen, die Rampe hochklettern und was für mich überprüfen?«
    Thibodaux sah uns an. »Das allererste Kunstwerk, das 1870 die Sammlung des Met begründete, war ein Sarg. Ironisch, nicht wahr? Der Garland-Sarkophag. Römischer Marmor aus dem dritten Jahrhundert vor Christus. Jeder Angestellte des Museums weiß das. Objekt Nummer 70/1. Das erste Geschenk in diesem Jahr, dem Jahr unserer Gründung. Wie dem auch sei, Mr. Chapman, das ist das System. Nach 1970 werden alle vier Ziffern des Jahres genannt, gefolgt von der Reihenfolge, in der das Stück in die Sammlung kam.«
    »Siehst du irgendwelche Markierungen auf der Kiste?«
    Mike war zum Fuß der Rampe gegangen. Lenny Dove, ein Kollege von Mike im Morddezernat Manhattan North, hatte einen Schutzkittel und Gummihandschuhe angezogen. Er saß in der Hocke neben der Kiste und inspizierte mit der Taschenlampe die Holzlatten, die die Wachmänner aufgebrochen hatten.
    »Hier ist ein Schildchen. Mit dem Logo des Met. Darauf steht 1983 / 752, Kalksteinsarkophag.«
    »Handgeschrieben?«
    »Getippt.«
    »Komm schon, Blondie. Allez hopp! Deine Stöckelschühchen lässt du besser im Auto.«
    Er reichte mir einen Schutzanzug samt Hand- und Überschuhen.
    Ich zog meine Schuhe aus und kletterte hinter Mike über die Metallleiter, die an der linken Ecke des Trucks herunterhing, hinauf in den Truck. Pierre Thibodaux wollte mir folgen.
    »Nicht so schnell, Mr. T. Wir rufen Sie, falls wir Sie brauchen.«
    »Aber ich, äh, ich würde gerne wissen -«
    »Geben Sie uns ein paar Minuten Zeit, in Ordnung? Es ist ja nicht gerade so, als ob das hier Besichtigungsstunden in Ihrem örtlichen Bestattungsinstitut wären. Erweisen Sie den Toten ein bisschen Respekt! Wir haben noch geschlossen.«
    Thibodaux gesellte sich wieder zu seinen beiden Kollegen.
    In dem Laderaum des Trucks war es stockfinster und stickig. Mike zog Latexhandschuhe an, und er und Lenny leuchteten uns mit ihren Riesentaschenlampen den Weg zu dem freigelegten Sarkophag.
    »Bleib hier stehen, Coop. Es wird kein schöner Anblick sein.«
    »Ich habe schon -«
    »Du hast noch gar nichts, Kleines. Stell dich dort an die Seite, bis ich dich rufe.«
    Ich ging ein paar Schritte zur Seite und stellte mich vor eine andere Kiste.
    »Bei >drei<, Lenny«, sagte Mike, der sich auf derselben Seite wie Lenny neben dem Sarkophag postierte.
    »Eins, zwei, drei.« Gleichzeitig versuchten sie den steinernen Sargdeckel hochzuheben. Da sie das schwere Teil nur zwei, drei Zentimeter anheben konnten, bevor sie es wieder fallen ließen, konnten sie nicht nach innen schauen. Aber das kurze Anheben hatte genügt, um einen intensiven Geruch freizusetzen. Nicht den widerlichen Verwesungsgestank, den ich erwartet hatte, sondern einen ekelhaft süßen Parfümduft und einen bitteren, beißenden Geruch. Ich würgte. Sogar der Hund, der vor ein paar Stunden die unverkennbaren Anzeichen des Todes gerochen hatte und der jetzt ein paar Meter von dem Neunachser entfernt neben seinem Herrchen auf dem Boden lag, hob den Kopf und winselte.
    »Wir versuchen’s mit Schieben, Lenny. Anheben und schieben.«
    Mike war auf die andere Seite gegangen und stand jetzt dem Sergeant am entgegengesetzten Ende des Sargs gegenüber. Bei »drei« hoben sie den Deckel gerade weit genug an, um ihn fünfzehn, zwanzig Zentimeter zur Seite schieben zu können. Mike nahm die Taschenlampe und leuchtete ins Innere des Sargs. Ich wollte zu ihm gehen.
    »Bleib stehen, Coop. Mach wieder zu, Lenny.«
    Ich hatte Nase und Mund mit beiden Händen bedeckt und musste mich anstrengen, mich nicht zu übergeben. Der Hund war aufgestanden und zerrte winselnd an der

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