Die Knopfmacherin
ersten Knopfsatz beendet.«
An der Art und Weise, wie ihre Schwester von einem Fuß auf den anderen trat, erkannte Melisande, dass sie etwas anderes auf dem Herzen hatte.
»Nun sag schon, was du wirklich wissen willst!«
Alina holte tief Luft. »Hat Vater vielleicht schon etwas darüber verlauten lassen, ob er Hochzeitsknöpfe für mich fertigt?«
Melisande blickte ihre Schwester überrascht an. Hatte sie vielleicht gelauscht? Schleichen konnten sie beide recht gut, und im Verstecken machte die eine der anderen auch nichts mehr vor.
»Warum willst du das wissen?« Melisande war froh, dass sie den Blick nicht von den Klößen nehmen durfte. Alina direkt ins Gesicht zu lügen, hätte sie nicht über sich gebracht. Aber den Vater durfte sie auch nicht verraten!
Alina blickte sich verstohlen nach der Mutter um, die kurz die Küche in Richtung Speisekammer verließ. »Weil ich schon bald heiraten möchte«, flüsterte sie dann.
»Dazu brauchst du aber einen Bräutigam.«
»Den habe ich bereits.« Alina reckte sich stolz. »Es ist der Franz, der Geselle des Schusters.«
»Ein Schustergeselle?«, fragte Melisande verwundert. Gleichzeitig fiel ihr ein, was ihr Vater gesagt hatte. Sicher galt es auch für Alina, dass sie wählen durfte, wen sie wollte. Nur warum um aller Welt wollte sie jetzt schon heiraten?
»Wieso denn nicht? Das ist ein angesehenes Handwerk. Und er ist ein sehr netter Bursche.«
»Weißt du denn auch, ob er dich will? Immerhin bist du noch ziemlich jung.«
»Jung?« Alina plusterte sich auf. »Ich bin fast vierzehn. Wenn du als alte Jungfer sterben willst, bitte! Ich will das nicht!«
»Aber der Franz ist schon beinahe zwanzig. Viel zu alt für dich, findest du nicht?«
Ein feuchter Schimmer erschien in Alinas Augen. Offenbar hatte sie sich diesen Burschen bereits in den Kopf gesetzt. Papa hat recht, dachte Melisande, sie würde unseren Eltern den ganzen Tag mit dem Heiraten in den Ohren liegen, wenn sie von den Knöpfen wüsste.
»Selbst wenn er welche für dich anfertigen würde, dürfte ich dir nichts davon erzählen«, antwortete Melisande ausweichend.
»Dann tut er es also?«
Melisande presste die Lippen zusammen. Alinas Augen leuchteten hoffnungsvoll auf. Der Verdruss aus ihrer Miene schwand wie Nebel unter gleißendem Sonnenschein.
»Gib besser Ruhe, ehe du Vater noch die Laune mit deiner Quengelei verdirbst«, wies Melisande sie zurecht. Doch sie wusste, dass sie ihrer Schwester nichts vormachen konnte.
Glücklicherweise kam nun wieder die Mutter zur Tür herein, in der Hand ein Schüsselchen getrockneten Liebstöckel. Sogleich rief sie Alina zu sich, damit sie ihr helfen konnte. Trotzdem spürte Melisande weiterhin den Blick ihrer Schwester im Rücken. Gewiss würde Alina ihr heute Abend keine Ruhe lassen.
2. Kapitel
Als das achte Stundenläuten vom Kirchturm erklang, versammelten sich die Bruckners zum Gebet um den Küchentisch. Eine üppige Mahlzeit wie diese gab es auch in ihrem Haus nur sehr selten, schon gar nicht mitten in der Woche. Umso länger fiel auch das Tischgebet aus, das der Vater sprach. Melisande versetzte ihrer Schwester einen kurzen Tritt, als diese während des Dankes für die Nachricht des Zunftmeisters schnaufte. Dann endlich wurde das Amen gesprochen, und nachdem sich die Eltern Klöße und Kapaun in die Schüsseln gehäuft hatten, durften sich die Mädchen nehmen. Melisande füllte zuerst die Schüssel ihrer Schwester, dann ihre eigene. Dann biss sie herzhaft in den Kapaunschlegel. Vergessen war in diesem Moment das Gerede des Zunftmeisters von Heirat.
»Wenn es sich erst unter unseren Kunden herumgesprochen hat, dass wir auch Messingknöpfe fertigen dürfen, werden wir vielleicht jeden Monat solch ein Festmahl bekommen«, bemerkte der Vater gut gelaunt, während er seiner Frau zuprostete.
»Du solltest lieber daran denken, dass an unserem Haus einige Reparaturen anstehen«, mahnte Marie ihn daraufhin. »Außerdem solltest du dir neue Gerätschaften für die Werkstatt zulegen.«
»Sei unbesorgt, das alles werde ich tun«, gab Adam lachend zurück. »Doch ein wenig Freude sollten wir uns auch gönnen. Und wenn es bloß ein paar Kapaune sind.«
Dagegen konnte Marie nichts sagen.
»Vielleicht sollte ich auch ein paar neue Knöpfe für dich fertigen«, setzte Bruckner hinzu. »Goldglänzende mit kleinen Kristallen, mit denen du wie die Herrin eines Handelshauses aussiehst.«
»Vielleicht hätte ich keinen Wein in dein Wasser gießen sollen«,
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