Die Köchin und der Kardinal
Butter in einem großen Topf an, löschte mit ein wenig Rotwein ab und würzte mit Salz und Pfeffer. Derweil das Fleisch schmorte, fing sie noch ein paar Krebse im Bach, die würde sie später in der Fleischbrühe mitkochen. Danach suchte sie eine Schüssel voll Löwenzahnblätter zusammen, gab Essig, Öl, Salz und Pfeffer und Bärlauch dazu und servierte den Salat schließlich zusammen mit den Fleischbrocken und Brot. Jeder bekam einen Teller in die Hand.
»Auf deine Kochkünste, Elisabeth«, sagte Leander und hob seinen Weinbecher.
»Ich habe getan, was ich konnte«, meinte sie und schob sich ein Stück saftigen Fleisches in den Mund. »Eine Kunst kann man allerdings nur dann ausüben, wenn man das nötige Handwerkszeug hat.«
»Wie meinst du das?«, fragte Leander.
Elisabeth lächelte. »Nun ja, der Künstler braucht erstens Material, das er bearbeiten kann.«
»Du meinst, Fleisch, Brot, Gemüse, Fische?«, fragte Daniel.
»Ja, und nicht nur das. Ich brauche auch Fett, Eier, Gewürze, Rahm und Wein.«
Daniel blies die Backen auf. »Davon haben wir nicht mehr viel, nicht wahr?« Genüsslich nagte er einen Knochen ab.
»Dann brauchen wir Zwiebeln, Knoblauch, Mehl, Brot, Früchte«, fuhr Konstantin mit der Aufzählung fort.
»Ja, aber woher nehmen und nicht stehlen?«, meinte Hans. Seine Kohleaugen blinzelten.
»Wir müssen morgen wieder los«, beschied Martin, der Trommler. »Haben wir noch Geld oder Schmuck?«
Leander nestelte ein Säckchen aus seinem Wams.
»Hier sind noch eine goldene Kette, ein Goldgulden und etliche Kreuzer drin«, sagte er.
Elisabeth beschloss, die Gelegenheit beim Schopf zu packen.
»Warum schwärmen wir nicht einzeln aus, um möglichst viel zusammenzubekommen?«, warf sie in die Runde. »Hans könnte nach Breisach gehen und ganz legal Gewürze und Sonstiges auf dem Markt kaufen. Daniel, du könntest den Armen unser restliches Fleisch bringen.«
»Ach, was gibt es denn bei uns morgen zum Essen?«, wollte Daniel wissen.
»Koteletts, abends Brot und Wurst, das, was Hans vom Markt mitbringt. Den Armen geben wir das Gulaschfleisch.«
»Und welche Arbeit hast du mir zugedacht?«, fragte Leander.
»Du kannst noch einmal nach den Fallen schauen«, meinte Elisabeth. »Vielleicht sind ein paar Hasen reingegangen.«
»Oder wenigstens ein Igel«, scherzte Daniel.
Elisabeth schüttelte sich.
»Ich bleibe dann als Wache hier am Platz«, meldete sich Konstantin zu Wort. »Und was machst du, Elisabeth?«
Sie holte tief Luft.
»Ein altes Mütterchen hat mir verraten, dass es am Rhein eine kleine Wirtschaft gibt. Ich kenne die Leute, die sie betreiben, von früher. Dort werde ich Fisch, Brot und alles besorgen, was uns fehlt.«
»Einverstanden«, sagte Leander. Er griff in seinen Beutel und gab ihr den Goldgulden. Hans bekam eine Handvoll Kreuzer. Er steckte sie in seine Gürteltasche und griff zu seiner Laute. Es klangen leise Lieder über den Platz, die Elisabeth ganz wehmütig machten. Doch sie hatte nicht lange Zeit, ihren Gedanken nachzuhängen. Als Hans mit seinem Gesang geendet hatte, mahnte Leander dazu, ins Bett zu gehen.
Am nächsten Tag stieg die Sonne mit aller Kraft über den Steilwänden empor. Nebel dampfte über dem Talkessel. Spatzen tschilpten und balgten sich um die Krümel. Nach dem Mittagessen zog jeder der jungen Männer seiner Wege. Elisabeth spülte das Geschirr, scheuerte das Fett mit dem Lößsand und einem Baumschwamm weg. Am Nachmittag schnallte sie sich ihren Rucksack auf den Rücken und machte sich auf den Weg. Die beiden Kochbücher hatte sie in einer Weidentruhe im Küchenzelt verstaut. Die Sonne brannte auf den Pfad herab, die Trockenmauern gaben die Hitze vielfach zurück. Auf den Wiesen blühte der Salbei, die Weinreben hatten Blätter und dicke Knospen angesetzt. Vor ihr lag im fernen Dunst die Rheinebene. Elisabeth nahm nicht den Weg, den sie mit den anderen nach Breisach gegangen war, sondern wandte sich nach Westen, dort, wo Weiden und Pappeln den großen Strom anzeigten. Nur selten begegnete ihr ein Mensch. Auf den Feldern wuchs kein Getreide, nirgendwo standen Kühe oder Pferde in einem Pferch. Inzwischen hatte Elisabeth den Rhein erreicht. Träge floss er in seinem breiten Bett dahin. Am Ufer hatte sich Dickicht angesiedelt. Jenseits des Weges, der dem Lauf des Flusses folgte, erstreckten sich die Altarme. Elisabeth zögerte. Sollte sie sich nach rechts oder nach links wenden? Sie entschloss sich, nach rechts zu gehen, weil sie sonst der Stadt
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