Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
Seite, wo eine kleine Ausbuchtung zu sehen war.
    »Das verhüte Gott, dass ihr sie gebrauchen müsst«, meinte Elisabeth.
    »Sollen wir alle mitgehen?«, wollte Daniel wissen. »Jemand muss doch unseren Platz bewachen.«
    »Du hast recht«, stimmte ihm Leander zu. »Martin und Konstantin bleiben hier, wir übrigen gehen gleich los. Das Dorf ist höchstens zwei Meilen von hier entfernt.«
    Sie griffen sich ein paar Säcke, Felleisen und Körbe und wanderten durch die Nacht. Es duftete intensiv nach feuchter Erde, Schwärme von Nachtfaltern umtanzten sie. Der Grottenbachhof war ein Fachwerkbau mit vorkragenden Stockwerken, ein gemauertes Tor führte in den Innenbereich des Bauernhauses. Im Haus brannte kein Licht, die Bewohner schliefen also den Schlaf der Gerechten. Leander schlich mit Elisabeth zur Hintertür, derweil die anderen mit Säcken in den Händen warteten und achtgaben, ob jemand käme. Elisabeths Herz klopfte heftig. Was wäre, wenn der Bauer, seine Frau, seine Kinder, ein Knecht wach würden? Leander steckte ein Stück gebogenen Draht in das Schloss der Tür. Sie ließ sich mühelos öffnen. Sie befanden sich in einem Vorraum zur Küche, das merkte Elisabeth am Geruch nach warmer Asche. Doch wo konnten die Vorräte aufbewahrt sein? In ihrer Heimat hatten die Eltern den Vorratsraum außerhalb des Hauses eingerichtet, aber in einem Raum neben der Küche wurden ebenfalls kleinere Mengen Getreide, Eier, Butter, Brot und Schinken aufbewahrt. Glücklicherweise schien der Mond in die Küche herein, so dass Elisabeth sie durchqueren konnte, ohne irgendwo anzustoßen. Da war eine Tür. Elisabeth öffnete sie vorsichtig. Das war der Vorratsraum, es war ganz deutlich zu riechen. Hier lagerten die Brote, Butterstücke und Schinken, Würste und Käse. Und Winteräpfel und Lagermöhren. Wie hatte der Bauer nur in diesenZeiten seine Ernte einbringen und vor Überfällen bewahren können? Elisabeth packte alles, was sie zu fassen bekam, in die mitgebrachten Säcke. Sie hörte ein Geräusch und sah Leander, der durch die Küche zur Stube schlich. Wahrscheinlich vermutete er dort Schmuck und Geld. Elisabeth nahm mit hinaus, was sie tragen konnte, und schickte Paul und Daniel hinein, um den Rest zu holen, vor allem einige von den Weinflaschen, die gut verkorkt in einem Regal aufgereiht waren. Leander kehrte zurück, in seinem Felleisen klimperte es verdächtig.
    »Los, nichts wie weg«, sagte er leise. In diesem Augenblick schlug ein Hund an. Warum hatte er bei ihrem Kommen nicht gebellt? Das Tier stürzte auf sie zu, bleckte die Lefzen und knurrte sie wütend an. Ein Fenster wurde geöffnet, im Rahmen erschien ein dicker Mann in einem Leibhemd.
    »Was ist denn da los?«, rief der Bauer. Geistesgegenwärtig langte Elisabeth in ihren Sack und warf dem Hund eine Wurst hin. Er beruhigte sich augenblicklich und schnappte nach der Wurst.
    »Es treibt sich ja so allerlei Diebsgesindel in den Nächten herum«, sagte der Bauer zu jemandem, der hinter ihm stand. »Aber ich sehe nichts.«
    »Der Hund hat wohl eine Ratte gehört«, tönte die Stimme einer Frau vom Fenster her. Es wurde wieder geschlossen. Eilig, wenn auch leise nahmen die vier den Weg zurück zum Talkessel. Leander und Hans gingen noch nach Achkarren, wo sie den Fruchtkasten plündern wollten, falls noch etwas darin wäre. In den nächsten Tagen verteilten sie das, was sie nicht unmittelbar brauchten, an die wenigen Armen, die noch in den Dörfern lebten. Der Mai kam, es wurde noch wärmer. Auf den Hängen des Kaiserstuhls blühten wilde Orchideen, blaue Iris und Berganemonen. Schmetterlinge taumelten von Blüte zu Blüte. Eines Tages waren die Vorräte endgültig erschöpft. Von den Reichen auch der weiter entfernt liegenden Orte war nichts mehr zu holen. Außerdem waren sie gewarnt. Die Gruppe konnte frohsein, dass keine Truppen ausgeschickt wurden, um sie auszuheben. Das hätte ihren sicheren Tod durch Aufhängen bedeutet.
    Wieder einmal saßen sie nachts um das Lagerfeuer herum und berieten, was sie weiter tun sollten. Eine Nachtigall sang, und vom Wald her wehte der Duft des Silberblattes herüber. Elisabeth hatte begonnen, dieses Leben in freier Natur zu genießen. War es nicht viel schöner, unter dem Schutz dieser Truppe zu stehen, als in irgendeinem Tross mitzuziehen, der Lüsternheit und der Gewalt der Männer ausgeliefert zu sein und sie nach den Schlachten zu bekochen? An den Kardinal wagte sie gar nicht zu denken. Wie bitter enttäuscht er von ihr sein

Weitere Kostenlose Bücher