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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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musste! Aber ihrem Ziel, zu Jakob zu gelangen, war sie um kein Stück näher gekommen. Sie konnte schließlich nicht einfach nach Breisach und zur Burg hineinmarschieren und sagen, dass sie den Offizier Jakob spreche wolle. In welcher Angelegenheit denn, bitte? Sie sah schon das anzügliche Grinsen im Gesicht des Torwächters. Und von Reinach würde gewiss Fragen nach ihrer Herkunft stellen. Oder sollte sie in der Stadt warten, bis Jakob einmal vorbeikäme? Wie sollte sie das ihren neuen Freunden erklären?
    »Hörst du überhaupt zu?«, drang Leanders Stimme in ihr Bewusstsein.
    »Entschuldige, ich habe gerade an … früher gedacht«, stammelte sie. Leander betrachtete sie mit einem prüfenden Blick.
    »Sicher an einen Mann«, stellte er scheinbar gleichmütig fest. Konnte es sein, dass er eifersüchtig war? Aber er konnte doch keine Gedanken lesen!
    »Es ist zwar keine Jagdzeit«, sagte Martin gerade, »aber daran können wir uns ebenso wenig halten wie die hohen Herren.«
    »Was schlägst du vor?«, fragte Leander.
    »Wir haben doch im Herbst ein paar Schlagbügelfallen gebaut. Damit gehen wir morgen in den Wald bei Vogtsburg.Was wir nicht gefangen kriegen, können wir vielleicht auch mit den Pistolen erledigen.«
    »Aber die Fallen waren wertlos, es ist kein einziges Wild reingegangen«, setzte Daniel dagegen.
    »Jungens und Mädels«, beendete Leander das Gespräch. »Wir können uns keinen Aufschub leisten, wenn wir überleben wollen. Und jetzt Marsch ins Bett, morgen brauchen wir all unsere Kräfte!«

24.
    Nach dem Frühstück, das aus gebratenen Wachteln, Weißbrot, Eiern in der Brühe und Sandkuchen bestanden hatte, begann Hans Heinrich von Reinach zu gähnen.
    »Ich langweile mich noch zu Tode in dieser Burg, in dieser Stadt«, sagte er.
    »Wir könnten doch mal wieder eine Treibjagd veranstalten«, schlug einer der Offiziere vor.
    Das Gesicht von Reinachs erhellte sich. »Das ist ein vernünftiger Vorschlag«, meinte er. »Dann geh gleich in die Stadt und rekrutiere Treiber aus den Reihen der armen Leute.«
    »Was sollen wir ihnen geben?«
    »Die werden sich sicher gern ein paar Kreuzer verdienen. Oder nein, sie können die Innereien des Wildes haben, das ist gut genug für sie.«
    Jakob war angewidert vom Geiz des Obersten. »Ich würde jedem von ihnen zwei Hasen geben«, meinte er. »Oder drei Fasane.«
    »Wir jagen nur Großwild, Hirsche, allenfalls noch Rehe, aber keine Hasen.«
    »Dann lasst sie doch selbst welche erlegen«, setzte Jakob dagegen.
    »Also gut, wenn es sein muss«, lenkte von Reinach ein. »Aber Wein kriegen sie keinen von mir!«
    »Wo wollt Ihr jagen, Herr?«, fragte der Offizier.
    »Im Kaiserstuhl, bei dem Flecken Vogtsburg, da gibt es ausgedehnte Mischwälder, die vor Wild nur so wimmeln.«
    Nachdem die Treiber beisammen und vorausgeschickt worden waren, brachen der Oberst und seine Leute am späten Vormittagauf. In der Stadt hatte sich Unruhe breitgemacht, alle hatten Angst vor der angekündigten Belagerung. Fieberhaft wurden weiterhin Vorräte herbeigeschafft. Jakob wunderte sich, woher all das Vieh, das Getreide und Sonstiges noch kommen mochte. Sie verließen die Stadt durch das Waldkircher Tor und wandten sich dem Kaiserstuhl zu. Ein tiefblauer Himmel spannte sich über der Rheinebene. Von weiter vorn grüßte der Tuniberg herüber. Und dahinter stieg schwarz und drohend das Waldgebirge auf. Es wurde immer heißer. Sie kamen durch menschenleere Dörfer, näherten sich dem Berg, der im Volksmund »Totenkopf« genannt wurde. Sie ritten bergan durch schattigen Buchen- und Eichenwald, der vom Knoblauchduft des Bärlauchs erfüllt war. Schließlich trafen sie auf die Treiber, die auf Reinachs Befehl hin ausschwärmten. Ein Unteroffizier blies in ein Jagdhorn.
    Die fünf Musikanten und Elisabeth hatten die Weinberge mit ihren verwinkelten Treppen verlassen und stiegen nun durch den Wald bergan. Von weiter oben ertönte ein Jagdhorn.
    »Oh, da sind uns wohl welche zuvorgekommen«, sagte Leander.
    »Meinst du, dass wir umkehren müssen?«, fragte Martin. Die Enttäuschung war ihm deutlich anzumerken.
    »Nein, aber wir sollten uns weiter nördlich halten«, antwortete Leander. »Wir brauchen ihnen ja nicht gerade in die Arme zu laufen.«
    Sie wandten sich auf einen Pfad, der nach links wegführte. Elisabeth roch den Knoblauchduft des Bärlauchs. Erinnerungen stiegen in ihr hoch. Früher hatte sie die grünen Blätter immer im Mai gesammelt und zur Fleischbrühe gegeben. Man durfte sie

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