Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
Erregung. »Ich bin bereit! Verbindet Euch mit mir! Gebt mir, Eurem ergebenen Diener, Eure ganze überwältigende Macht!«
    Er spürte Kälte.
    Schneidende, tödliche Kälte, die entsetzlich und faszinierend zugleich war, und er hatte das Gefühl, dass etwas nach seinem Körper griff und ihn erfassen wollte.
    Dies war seine Bestimmung!
    Alle Macht auf Erdwelt in sich zu vereinen und bis in alle Ewigkeit zu herrschen, unverwundbar und unsterblich! Er wusste, dass er kurz davor stand, diesen Zustand zu erreichen, mithilfe der Stimme zu einem Wesen zu werden, wie es noch keines in Erdwelt gegeben hatte. Er, ein Zwerg, würde selbst Elfen und Riesen übertreffen, und der Triumph, den er darüber empfand, ließ ihn in heiseres, sich überschlagendes Gelächter ausbrechen, das von den Stollenwänden hundertfach zurückgeworfen und verstärkt wurde.
    Doch plötzlich ließ das Glücksgefühl nach.
    Im ersten Moment wollte Winmar es nicht wahrhaben, aber die fremde Präsenz – oder was immer es sein mochte – entfernte sich wieder von ihm, statt sich mit ihm zu vereinen.
    Das Gelächter des Zwergenkönigs verstummte jäh.
    »Nein!«, schrie er verzweifelt. »Neeeeiiiiin!«
    »Komm zu mir«, verlangte die Stimme in seinem Kopf noch immer.
    »Ich bin hier, Meister! Ich bin hier! Ich habe alles getan, was Ihr mir aufgegeben habt!«
    »Komm«, sagte die Stimme dennoch. »Komm noch näher!«
    »Ihr … Ihr wollt, dass ich noch näher komme? Aber der Stollen ist hier zu Ende …«
    »Komm zu mir!«
    In seiner Verzweiflung warf sich Winmar gegen die Felswand, begann, mit bloßen Händen darauf einzuschlagen und daran zu kratzen, bis seine kurzen Finger bluteten.
    Aber es half nichts.
    Die Stimme entfernte sich noch weiter von ihm – und mit ihr auch das Geheimnis ihres Ursprungs und ihrer Macht.
    »Neeeiiiin!«, brüllte Winmar noch einmal, schrie seine Enttäuschung und seine hilflose Wut laut hinaus.
    »Komm«, erwiderte die Stimme nur.



1
    E s war seltsam.
    Manche Dinge, die einem im Leben widerfuhren, verloren sich bereits kurze Zeit später wieder im unsteten Fluss der Erinnerung. Andere hingegen, selbst wenn es sich um Kleinigkeiten handelte, um unbedeutende Wahrnehmungen am Wegesrand, blieben über Jahrzehnte hinweg im Gedächtnis haften.
    So wie die Begegnung mit dem Spielmann.
    Dag erinnerte sich, dass vor vielen Jahren, als er selbst noch ein Junge gewesen war, ein alter Spielmann in Ansun haltgemacht hatte. Das Licht seiner Augen hatte den Alten längst verlassen, dennoch hatte er, zum höchsten Erstaunen des gesamten Hofstaats, seiner Laute Klänge zu entlocken vermocht, die wunderbarer und mitreißender waren als alles, was je zuvor in der herzoglichen Burg zu hören gewesen war.
    »Wie machst du das nur?«, hatte Dag voller Staunen gefragt, und die Antwort, die der Alte ihm gegeben hatte, hatte er in all den Jahren nie vergessen.
    »Weißt du, Junge – das meiste von dem, was die Menschen allgemein als wichtig erachten, ist in Wirklichkeit mit den Augen nicht zu erkennen. Man vermag es lediglich mit dem Herzen zu sehen.«
    Diese Worte hatten Dag begleitet, auch dann, als er längst damit aufgehört hatte, am Ende der Tafel auf dem Boden zu sitzen und den Spielleuten bei ihren Gesängen zuzuhören, und aus dem Knaben ein Mann geworden war. Die tatsächliche Bedeutung jedoch war ihm erst einige Monate zuvor schmerzlich bewusst geworden – nach jenem schicksalhaften Tag, an dem er sein Augenlicht verloren hatte.
    Eines allerdings hatte der Alte ihm damals nicht gesagt.
    Dass auch ein Herz verstümmelt und blind werden konnte …
    »Verdammt!«
    In einem jähen Wutausbruch warf Dag die Schüssel von sich, sodass der Inhalt nach allen Seiten spritzte. Vergeblich hatte er versucht, rote Beeren von blauen zu trennen. Nun war seine Geduld am Ende.
    »Das war unser Abendessen«, sagte jemand neben ihm. »Jedenfalls der Teil davon, der nicht giftig war.«
    »Ich kann es nicht!«, beschwerte sich Dag lauthals. »Ich werde es niemals lernen, verstehst du?«
    »Weil du keine Geduld hast.«
    Die Stimme neben ihm seufzte. Dann konnte Dag es rascheln hören – der andere hatte sich gebückt, um die am Waldboden verstreuten Beeren wieder aufzulesen. Dennoch empfand Dag noch immer ohnmächtige Wut, die Auslass begehrte …
    »Du hast leicht reden!«, fuhr er seinen Begleiter an. »Du kannst alles sehen! Den Himmel, die Sonne, das Grün der Bäume!«
    »Eigentlich nicht«, kam es schnaufend zurück. »Der Himmel ist

Weitere Kostenlose Bücher