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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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hatte er, in denen sich noch mehr Licht fing.
    »Ich hatte einen seltsamen Traum«, sagte Firnis. »Oder vielleicht – vielleicht ist es auch kein Traum gewesen.« Er sah sich im Haus der Nadeln um.
    »Du kannst bei mir bleiben, wenn du möchtest«, schlug er dem Sphinx vor. Dann lehnte er sich zurück und erzählte ihm eine Geschichte. Und als er fertig war, da erfuhr er, dass der Sphinx Miércoles hieß und bei ihm bleiben würde.

    Es gab nur wenige Geschäfte in der Carrer de Santa Eulalia. Der Laden des Leuchtgefäßemachers war eines davon. Isidor Villàngomez, der sich an den Jungen erinnerte, dem er noch vor wenigen Tagen einen Leuchtstab verkauft hatte, stand nachdenklich in der runden Holztür und betrachtete die fliegenden Fische, die auf den Laternen hockten, und die Sonne, die hoch am Himmel stand. Er dachte an den Jungen, weil er neue Leuchtstäbe machen musste. Dem Jungen mit dem braunen Haar hatte er seinen letzten mitgegeben.
    Die Sonnenstrahlen ließen die Mosaikeidechsen, die über das Kopfsteinpflaster liefen und dabei wie ruhige Lieder klimperten, ganz hell und farbenfroh glänzen.
    Ein Nachbar kam aus seinem Haus. Müde wirkte er, als habe er lange Zeit geschlafen. Er fragte nach Dingen, an die sich der Leuchtgefäßemacher nur vage erinnerte. Doch je länger sie redeten, desto stärker wurden auch die Erinnerungen. Harlekine kamen darin vor und düstere Wolken, die den Himmel bedeckten.
    Aber was immer auch gewesen war, es war nun vorüber. Und Isidor Villàngomez, der davon überzeugt war, dass es ein schöner Tag werden würde, ging ins Geschäft zurück, denn die Arbeit wartete nicht.
    Der hohe Turm aus ineinander verkeilten Granitsteinen ragte aus dem Felsgestein der kleinen Insel vor Port Vell und die Schiffe, die an ihm vorbeifuhren, konnten gewiss sein, dass seine Lichter ihnen des Nachts den Weg weisen würden.
    Malachai Marí, der an einem fernen Ort gewesen war und jemanden erblickt hatte, den zu sehen er nie mehr geglaubt hatte, war vor wenigen Minuten aufgewacht. Er hatte im Treppenhaus des Leuchtturms gesessen, einfach so.
    Die Sonne stand hoch am Himmel.
    Er ging nach oben, wo sich die großen Brenngläser unter einem roten Kuppeldach befanden. Dort verharrte er, sah lange Zeit aufs Meer hinaus und fühlte sich, aus einem Grund, den er selbst nicht ganz verstand, nicht mehr allein.
    Die dichten Wolken, die bis vor wenigen Augenblicken noch über der singenden Stadt gehangen hatten, waren verschwunden. Die Sonne schien auf die Trümmer der Sagrada Família, doch die Stadt, die immer schon gesungen hatte, fand neue Lieder, die es sich zu singen lohnte. So war es immer schon gewesen, so war es auch jetzt.
    So war es überall.

Leben
    Irgendwo in einer Wüstenei, die heiß und fern der Heimat war, öffneten ein Junge und ein Mädchen die Augen und sahen einander an, weil sie nicht fassen konnten, dass die Welt sie wiederhatte. Sie halfen einander auf die Beine und standen vor dem Wrack der Galeone, das noch immer brannte.
    Gemeinsam taumelten sie auf den Körper zu, der im gleißenden Sonnenlicht lag.
    »Ist sie das?«, fragte Jordi unsicher.
    Catalina nickte nur.
    »Sie sieht traurig aus«, bemerkte Jordi.
    Und Catalina, die jetzt wusste, dass Dinge manchmal einfach passieren, erkannte, was er meinte. Sie spürte, wie zerbrechlich die dünne Linie war, die Gutes von Bösem trennte.
    »Es ist vorbei«, sagte sie.
    Kassandra Karfax lag im Sand wie die verkümmerte Erinnerung an die Reisende, die sie einmal gewesen war. Das fahle Papier, das vormals die Lücken in der verwelkten Haut geschlossen hatte, spannte sich nun über einen vertrockneten Schädel, dessen leere Augenhöhlen das Einzige waren, in dem noch Schatten wie tiefes Bedauern lebten.
    Das Leben, das sie sich in all den Jahren mit Zauberkraft und Verbissenheit geborgt hatte, war ihr nun genommen worden. Sie sah aus wie jemand, der schon vor Hunderten von Jahren gestorben war. Der lange Schatten aber, der sie umgab, war bei ihr geblieben. Er war geschrumpft, wie der Körper, zu dem er gehörte. Aber er hatte sie niemals verlassen.
    »Sie tut mir leid«, war alles, was Catalina sagte.
    Dann drehte sie sich um.
    Drüben, in der Düne, lag ein weiterer Körper. Rabenfedern umgaben ihn, manche steckten der alten Frau sogar zwischen den Haaren, als wären sie ihr aus dem Kopf gewachsen.
    »Agata la Gataza«, murmelte Catalina und schaute zum Himmel hinauf.
    Malfuria war mit der Katzenhexe gestorben.
    Alles, was damals geboren

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