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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Haferschleim ins Mündchen. Ich drücke mein Ohr an seine Brust, um das schwache Klopfen seines Herzens zu hören.
    Sie sagen mir, wir seien mit zwei starken Söhnen gesegnet: Die Thronfolge des Hauses York sei gesichert. Ich erwidere diesen Narren nichts. Ich pflege ihn doch nicht um Yorks willen, ich pflege ihn aus Liebe. Er soll nicht gedeihen, um ein Prinz zu werden. Er soll nur ein kräftiger Junge werden.
    Er ist mein Baby. Ich will ihn nicht verlieren, so wie seine Schwester. Er darf nicht in meinen Armen sterben, wie sie in den Armen meiner Mutter ihr Leben ausgehaucht hat, als sie zusammen von uns gingen. Ich geistere tags und sogar nachts durch die Kinderstube und wache über seinem Schlaf, doch ich sehe genau, dass er nicht kräftiger wird.
    Eines Märztages schläft er auf meinem Schoß. Ich schaukele ihn auf dem Stuhl und summe geistesabwesend ein kleines Lied vor mich hin: ein Schlaflied aus Burgund, noch halb erinnert aus Kindheitstagen.
    Das Lied ist zu Ende, alles ist still. Ich höre auf zu schaukeln. Schweigen. Ich lege mein Ohr an seine kleine Brust, um seinen Herzschlag zu hören, doch es ist nichts zu hören. Ich lege meine Wange an seine Nase, an seinen Mund, um seinen warmen Atem zu spüren. Kein Atemhauch. Er ist noch warm und weich in meinen Armen, warm und weich wie ein kleiner Vogel. Aber mein George ist von mir gegangen. Ich habe meinen Sohn verloren.
    Wieder erklingt das Schlaflied, ganz leise, leise wie der Wind, und ich weiß, dass Melusine ihn jetzt wiegt und dassmein George von mir gegangen ist. Ich habe meinen Sohn verloren.
    Sie sagen mir, ich hätte doch noch meinen Sohn Edward. Dass ich Glück hätte, weil mein Achtjähriger so kräftig sei und so gut wachse. Sie sagen, ich solle froh sein über Richard, seinen fünf Jahre alten Bruder. Ich lächle, denn ich freue mich an meinen beiden Jungen. Doch das ändert nichts an meinem Verlust des kleinen George mit den blauen Augen und dem blonden Schopf.

    Fünf Monate später ziehe ich mich wieder für Wochen in meine Gemächer zurück, um die Geburt eines weiteren Kindes zu erwarten. Ich erwarte keinen Sohn, ich glaube nicht, dass ein Kind ein anderes ersetzen kann. Aber die kleine Catherine kommt genau zur rechten Zeit, um uns zu trösten. Wieder liegt eine Prinzessin von York in der Wiege, und in der Kinderstube geht es lebhaft zu wie eh und je. Ein Jahr später entbinde ich noch ein Baby, meine kleine Bridget.
    «Ich glaube, das war unser Letztes», sage ich voller Bedauern zu Edward.
    Ich habe Angst, ihm könne aufgefallen sein, dass ich älter werde. Doch er lächelt mich immer noch an, als seien wir junge Liebende, und küsst meine Hand. «Kein Mann hätte sich mehr wünschen können», sagt er liebevoll zu mir. «Und keine Königin hat so oft in den Wehen gelegen. Du hast mir eine große Familie geschenkt, meine Geliebte. Und ich bin froh, dass dies unser Letztes ist.»
    «Willst du nicht noch einen Sohn?»
    Er schüttelt den Kopf. «Ich will dich nur noch zum Vergnügen, aus reiner Begierde. Du sollst wissen, dass ich dichohne Hintergedanken an einen Thronerben küssen will. Wenn ich jetzt in dein Bett komme, kannst du dir sicher sein, dass ich dich allein um deiner selbst willen liebe. Dass ich nicht zur York’schen Zuchtstute komme.»
    Ich werfe den Kopf zurück und sehe ihn unter meinen Wimpern hervor an. «Du willst aus Liebe in mein Bett kommen und nicht der Kinder wegen? Ist das nicht eine Sünde?»
    Er legt mir den Arm um die Taille und umfasst meine Brust. «Ich will alles dafür tun, dass es sich wie eine schwere Sünde anfühlt», verspricht er mir.

APRIL 1483
    Es ist zu kalt für die Jahreszeit, und die Flüsse führen Hochwasser. Zum Osterfest sind wir in Westminster, und ich blicke aus dem Fenster auf den hohen, schnell dahinschießenden Fluss und denke an meinen Sohn Edward, jenseits des reißenden Severn, weit weg von mir. Es ist, als sei England ein Land voller Wasserläufe, Seen und Flüsse. Melusine muss überall sein; dies Land ist ganz aus ihrem Element.
    Meinen Gemahl Edward, einen Landmann, überkommt die Laune, angeln zu gehen. Er ist den ganzen Tag draußen und kommt abends klatschnass und fröhlich nach Hause. Er besteht darauf, dass wir den Lachs, den er im Fluss geangelt hat, zu Abend essen. Er wird mit einer Fanfare auf Schulterhöhe ins Esszimmer getragen: ein wahrhaft königlicher Fang.
    In der Nacht fiebert Edward. Ich schimpfe ihn aus, weil er so nass und kalt geworden ist, als sei er noch ein

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