Die Königin der Weißen Rose
kostbarstem Gold sein, ein Umhang, der eines Prinzen würdig ist, sogar des größten Prinzen in der ganzen Christenheit. «Ich werde dafür sorgen, dass die beiden sterben. Ich schwöre es, du kannst sagen, was du willst.»
Sie weist mit einem Nicken auf die Karden in ihrer Hand und auf die Fäden, die ich spinne. «Web keine Verwünschungen in seinen kleinen Umhang», sagt sie.
Ich halte die Spindel an und lege die Wolle zur Seite. «Gut», lenke ich ein. «Die Arbeit kann warten, die Verwünschungen nicht.»
«Hast du gewusst, dass Edward Lord Richard Welles freies Geleit versprochen hat, wenn er seinen Verrat gesteht und das Komplott aufdeckt? Und dass er sein Wort gebrochen und ihn getötet hat?»
Ich schüttele den Kopf.
Meine Mutter sieht mich ernst an. «Die Familie Beauforttrauert jetzt um ihren Verwandten Welles, und Edward hat seinen Feinden neue Gründe geliefert. Auch er hat sein Wort gebrochen. Niemand wird ihm je wieder vertrauen, niemand wird es je wieder wagen, sich ihm auszuliefern. Er hat sich als Mann erwiesen, dem man nicht vertrauen kann. Genauso schlimm wie Warwick.»
Ich zucke die Achseln. «So ist das im Krieg. Margaret Beaufort weiß das sehr gut. Unglücklich wird sie sowieso sein, sie ist die Erbin des Hauses Lancaster, und wir haben ihrem Gatten Henry Stafford befohlen, für uns zu marschieren.» Ich stoße ein hartes Lachen aus. «Der arme Mann, hin- und hergerissen zwischen ihr und unseren Befehlen.»
Meine Mutter kann ein Lächeln nicht verbergen. «Sie hat zweifellos die ganze Zeit auf den Knien verbracht», sagt sie gehässig. «Für eine Frau, die damit prahlt, bei Gott Gehör zu finden, hat sie wenig vorzuzeigen, um es zu beweisen.»
«Wie auch immer, Welles zählt nicht», entgegne ich, «ob lebendig oder tot. Was zählt, ist, dass Warwick und George zum Hof von Frankreich eilen, dort schlecht über uns reden und hoffen, eine Armee aufstellen zu können. Wir haben einen neuen Feind, und dieser ist in unserem eigenen Haus, unser eigener Erbe. Was für eine Familie die Yorks doch sind!»
«Wo sind sie jetzt?», will meine Mutter wissen.
«Auf dem Meer in Richtung Calais, Anthony zufolge. Georges Frau Isabel ist hochschwanger, sie ist an Bord des Schiffes bei ihnen und hat niemanden, der sich um sie kümmert, von ihrer Mutter, der Countess of Warwick, abgesehen. Sie hoffen, Calais zu erreichen und ein Heer aufzustellen. Warwick wird dort sehr verehrt. Und wenn sie in Calais bleiben, sind wir nicht mehr sicher, denn dannlauern sie auf der anderen Seite des Meeres auf uns und bedrohen unsere Schiffe, nur einen halben Tag Schiffsreise von London entfernt. Sie dürfen Calais nicht erreichen; wir müssen das verhindern. Edward hat ihnen die Flotte hinterhergeschickt, aber sie wird sie niemals rechtzeitig erreichen.»
Ich stehe auf und recke mich aus dem offenen Fenster der Sonne entgegen. Es ist ein warmer Tag. Die Themse unter mir funkelt wie eine Quelle, sie fließt ruhig dahin. Ich blicke nach Südosten. Am Horizont hängen dunkle Wolken, als könnte auf dem Meer stürmisches Wetter herrschen. Ich stoße einen leisen Pfiff aus.
Ich höre, wie meine Mutter die Spindel beiseitelegt, dann höre ich auch sie leise pfeifen. Ich halte den Blick unverwandt auf die Wolkenfront gerichtet und lasse meinen Atem auszischen wie stürmischen Wind. Sie stellt sich hinter mich und legt den Arm um meinen Bauch. Zusammen pfeifen wir leise in die Frühlingsluft und brauen einen Sturm zusammen.
Langsam, aber gewaltig häufen sich die dunklen Wolken auf, türmen sich übereinander, bis im Süden, weit weg über dem Meer, drohend und dunkel eine Gewitterwolke hängt. Die Luft frischt auf. Ich fröstele in dem plötzlichen Luftzug, und wir wenden uns von dem kühleren, dunkler werdenden Tag ab und schließen vor den ersten Regenschauern das Fenster.
«Sieht nach einem Sturm auf dem Meer aus», bemerke ich.
Eine Woche später kommt meine Mutter mit einem Brief in der Hand zu mir. «Ich habe Nachrichten von meinerCousine in Burgund. Sie schreibt, George und Warwick wurden von der Küste Frankreichs weggeweht und hätten in der schweren See vor Calais beinahe Schiffbruch erlitten. Sie haben das Fort angefleht, sie um Isabels willen einzulassen, doch die Kette blieb vor der Hafeneinfahrt gespannt. Wie aus dem Nichts erhob sich ein Wind, und das Meer hätte sie beinahe gegen die Mauern gedrückt. Das Fort hat sie nicht eingelassen; sie konnten bei dem stürmischen Seegang nicht anlegen. Mitten im
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