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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Sturm setzten bei der armen Isabel die Wehen ein. Sie wurden stundenlang hin- und hergeworfen, und das Baby starb.»
    Ich bekreuzige mich. «Gott segne das arme Kleine», sage ich. «Das hat niemand gewollt.»
    «Nein, niemand», bestätigt meine Mutter ruhig. «Aber wenn Isabel nicht zu den Verrätern auf das Schiff gegangen wäre, dann wäre sie in England sicher gewesen, wo sich Hebammen und Freundinnen um sie hätten kümmern können.»
    «Das arme Mädchen», seufze ich und lege eine Hand auf meinen runden Leib. «Das arme Mädchen. Sie hatte bisher wenig Freude an ihrer großen Heirat. Weißt du noch, wie sie Weihnachten hier bei Hofe war?»
    «Es gibt noch mehr schlechte Nachrichten», fährt meine Mutter fort. «Warwick und George sind zu seinem großen Freund König Louis   XI. gegangen, und jetzt haben die beiden sich in Angers mit Marguerite d’Anjou getroffen, um ein weiteres Komplott zu schmieden.»
    «Warwick will immer noch gegen uns vorgehen?»
    Meine Mutter verzieht das Gesicht. «Er muss in der Tat wild entschlossen sein. Mit anzusehen, wie sein eigenes Enkelkind tot geboren wird, während seine Familie auf der Flucht ist   … Doch kaum hat er einen drohenden Schiffbruch überlebt, bricht er seinen Treueschwur. Ihnhält nichts auf. Man sollte denken, ein Sturm aus heiterem Himmel würde ihn nachdenklich stimmen. Jetzt umwirbt er Marguerite d’Anjou, gegen die er einst gekämpft hat. Er musste eine halbe Stunde auf Knien verbringen, um seine größte Feindin um Vergebung anzuflehen. Sie hätte ihn nicht empfangen, hätte er nicht angemessene Reue bekundet. Gott segne sie, sie hat sich immer schon sehr wichtig genommen.»
    «Was meinst du, was er vorhat?»
    «Der französische König ist jetzt derjenige, der das Zepter in der Hand hält. Warwick glaubt, er sei Königsmacher, aber jetzt ist er selbst nur noch eine Marionette. Sie nennen Louis   XI. die Spinne, und ich muss sagen, er spinnt feinere Fäden als wir. Er will deinen Gatten zu Fall bringen und unser Land schwächen. Dazu benutzt er Warwick und Marguerite d’Anjou. Marguerites Sohn, der sogenannte Prince of Wales, Prinz Edward von Lancaster, soll Warwicks jüngere Tochter Anne heiraten, um ihre verlogenen Eltern in einem Pakt, den sie nicht brechen können, aneinander zu binden. Dann werden sie vermutlich alle nach England kommen, um Henry aus dem Turm zu befreien.»
    «Die kleine Anne Neville?», will ich wissen, augenblicklich abgelenkt. «Sie geben sie diesem Monster Edward, um dafür zu sorgen, dass ihr Vater kein falsches Spiel treibt?»
    «Ja», bestätigt meine Mutter. «Sie ist erst vierzehn, und sie verheiraten sie mit einem Jungen, dem man schon mit elf Jahren erlaubt hat zu wählen, wie seine Feinde exekutiert werden sollten. Er wurde zu einem Teufel herangezogen. Anne Neville fragt sich wohl, ob sie Königin wird oder unter die Verdammten fällt.»
    «Aber für George ändert das alles», spreche ich meine Gedanken laut aus. «Es war eine Sache, gegen seinen Bruder,den König, zu kämpfen, denn er konnte ja hoffen, ihn zu töten und seine Nachfolge anzutreten – aber jetzt? Warum sollte er gegen Edward kämpfen, wenn für ihn dabei nichts zu gewinnen ist? Warum sollte er gegen seinen Bruder kämpfen, um dem König von Lancaster und nach ihm dem Prinzen von Lancaster auf den Thron zu helfen?»
    «Als er mit seiner hochschwangeren Frau und seinem zu allem entschlossenen Schwiegervater in See stach, ist er vermutlich nicht davon ausgegangen, dass so etwas passieren würde. Doch jetzt hat George seinen Sohn und Erben verloren, und sein Schwiegervater hat eine zweite Tochter, die Königin werden könnte. Georges Aussichten haben sich arg verschlechtert. Er sollte so viel Verstand besitzen, das zu begreifen. Aber glaubst du, den hat er?»
    «Jemand sollte ihn beraten.» Unsere Blicke begegnen sich. Meiner Mutter muss ich das nicht näher erläutern, wir verstehen einander auch ohne Worte.
    «Hattest du nicht vor, der Königinmutter noch vor dem Abendessen einen Besuch abzustatten?», fragt meine Mutter.
    Ich lege die Spindel beiseite. «Lass uns jetzt gleich zu ihr gehen», schlage ich vor.

    Sie sitzt mit ihren Damen zusammen und ist damit beschäftigt, ein Altartuch zu nähen. Während die anderen arbeiten, liest eine der Hofdamen aus der Bibel vor. Die Königinmutter ist berühmt für ihre Frömmigkeit, und der Verdacht, dass wir nicht so fromm sind wie sie – schlimmer noch, vielleicht Heiden oder sogar Hexen   –, ist

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