Die Königin der Weißen Rose
als Leibeigene.»
Er lächelt mich an. «Das sind sie, allerdings. Jeder Einzelne von ihnen. Und jeder von ihnen will sein kleines Gut und sein kleines Haus, genau wie ich meinen Thron will und so wie du Sheen Palace und Stellungen für all deine Verwandten wolltest. Wir alle streben nach Wohlstand und Land, und ich besitze alles und muss es sorgsam verteilen.»
FRÜHJAHR 1470
Als das Wetter wärmer und es morgens wieder früher hell wird und die Vögel in den Gärten von Westminster Palace anfangen zu singen, bringen Edwards Informanten ihm Berichte, dass sich in Lincolnshire ein neuer Aufstand für König Henry erhoben hat – als hätte der Rest der Welt ihn nicht längst vergessen, weil er ruhig im Tower of London lebt, wie ein Einsiedler.
«Ich muss gehen», sagt Edward zu mir, den Brief in der Hand. «Wenn dieser Anführer, wer auch immer er ist, ein Vorbote von Margarete von Anjou ist, dann muss ich ihn schlagen, bevor sie mit ihrer Armee landet, um ihm beizustehen. Es sieht so aus, als benutzte sie ihn, um herauszufinden, wie groß die Unterstützung für ihre Sache noch ist. Er soll das Risiko auf sich nehmen, Truppen aufzustellen, und wenn das geschehen ist, setzt sie mit ihrer französischen Armee über, und dann habe ich es mit beiden zu tun.»
«Bist du auch sicher?», frage ich. «Gegen diesen Menschen, der nicht einmal den Mut besitzt, einen eigenen Namen zu haben?»
«Wie auch immer», sagt er ruhig. «Aber ich lasse die Armee nicht noch einmal ohne mich ziehen. Ich muss dabei sein. Ich muss sie anführen.»
«Und wo ist dein treuer Freund Warwick?», frage ichbissig. «Und dein getreuer Bruder George? Heben sie Rekruten für dich aus? Eilen sie herbei, um dir zur Seite zu stehen?»
Er lächelt über meinen Tonfall. «Ah, du irrst dich, kleine Königin des Argwohns. Ich habe hier einen Brief von Warwick, in dem er mir anbietet, Männer zu rekrutieren, um mit mir zu marschieren, und George sagt, er kommt auch.»
«Dann behalt sie während der Schlacht im Auge», entgegne ich, nicht im Geringsten überzeugt. «Sie wären nicht die Ersten, die Soldaten aufs Schlachtfeld bringen, um im letzten Augenblick die Seiten zu wechseln. Wenn der Feind vor dir steht, dann wirf einen Blick hinter dich, um zu schauen, was deine treuen und loyalen Freunde machen.»
«Sie haben mir ihre Loyalität versprochen», tröstet er mich. «Ehrlich, meine Liebste. Vertrau mir. Ich kann Schlachten gewinnen.»
«Ich weiß, dass du Schlachten gewinnen kannst und dass du es tun wirst», antworte ich. «Aber es ist schwer, dich gehen zu sehen. Wann wird das je enden? Wann werden sie aufhören, Armeen auszuheben für eine Sache, die längst verloren ist?»
«Bald», verspricht er. «Sie werden sehen, dass wir einig zusammenstehen und dass wir stark sind. Warwick wird den Norden auf unsere Seite bringen, und George wird sich als wahrer Bruder erweisen. Richard steht wie immer zu mir. Sobald dieser Mann geschlagen ist, komme ich nach Hause. Ich komme früh nach Hause und tanze mit dir am Morgen des ersten Mai, und du wirst lächeln.»
«Diesmal, dieses eine Mal, ist es mir schier unerträglich, dich gehen zu sehen, Edward. Kann Richard nicht die Armee befehligen? Zusammen mit Hastings? Kannst du nicht bei mir bleiben? Diesmal, nur dieses eine Mal?»
Er nimmt meine Hand und drückt sie an seine Lippen. Meine Ängstlichkeit rührt ihn nicht, er amüsiert sich vielmehr darüber. «Oh, warum?», fragt er lächelnd. «Warum diesmal? Warum ist es dieses Mal so wichtig? Hast du mir etwas zu sagen?»
Ich kann ihm nicht widerstehen, und so erwidere ich sein Lächeln. «Ich habe dir etwas zu sagen. Aber ich habe es mir aufgehoben.»
«Ich weiß. Hast du gedacht, ich wüsste es nicht? Also, sag mir, was ist das für ein Geheimnis, von dem ich angeblich nichts ahne?»
«Es sollte dich sicher zu mir nach Hause bringen», entgegne ich. «Es sollte dich schnell zu mir zurückbringen und dich nicht in Pomp und Prunk hinausschicken.»
Lächelnd wartet er ab. Während ich mein Geheimnis genossen habe, hat er darauf gewartet, dass ich es ihm sage. «Sag’s mir», verlangt er. «Es hat lange auf sich warten lassen.»
«Ich trage wieder ein Kind unter dem Herzen», gestehe ich. «Und diesmal weiß ich, dass es ein Junge ist.»
Er zieht mich an sich und hält mich zärtlich fest. «Ich habe es gewusst», sagt er lächelnd. «Ich wusste, dass du guter Hoffnung bist. Ich habe es in meinen Knochen gespürt. Doch wie kannst du dir sicher
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