Die Königin von Theben
kleiner asiatischer Königreiche vernichten, die unfähig waren, sich gegen die Hyksos zusammenzuschließen. Die Truppen von Admiral Jannas brauchten Bewegung und Übung, und der Ruhm des Hyksosherrschers musste sich bis in den letzten Winkel des Reiches und darüber hinaus ausbreiten.
Die Stadt Auaris entsprach dem Traum, den er schon immer gehabt hatte: Sie war ein einziges riesiges Militärlager geworden, ein Paradies für Soldaten, denen ägyptische Sklaven dienten. Und dasselbe galt für die wichtigsten Städte des Deltas und des syrisch-palästinischen Gebiets, wo die Ordnung der Hyksos regierte.
Apophis war es gelungen, jener Zivilisation das Rückgrat zu brechen, die die Pyramiden erbaut hatte. Eines Tages würde er auch diese großartigen Denkmäler vernichten, Stein um Stein, um sich ein eigenes Monument errichten zu lassen, das die Bauwerke der Pharaonen noch übertreffen würde.
Als Khamudi sein Schreibzimmer betrat, bemerkte der König sofort die grünliche Gesichtsfarbe des Großschatzmeisters.
»Was fehlt dir?«
»Gestern Abend haben wir – meine Frau und ich – uns mit ein paar Libanesinnen vergnügt, und dann haben wir den Fehler begangen, einen Likör aus ihrem Land zu probieren.«
»Haben sie versucht, euch zu vergiften?«
»Ich glaube nicht, aber die Libanesinnen wären als Opfer des Stiers hübsch anzusehen. Majestät, ich bin gekommen, um Euch einen ernsten Zwischenfall zu melden.«
Apophis runzelte die Brauen. »Ernst … das ist wahrscheinlich ein wenig übertrieben.«
»Urteilt selbst. Ich habe gerade eine Nachricht aus Theben erhalten, mit den einfachen Worten: ›Die Nilpferde hindern den König am Schlafen. Sie machen so viel Lärm, dass es den Bewohnern von Auaris das Trommelfell zerreißt.‹«
»Was soll dieser Blödsinn bedeuten?«
»Es ist eine Geheimbotschaft, die wir mit unserem Informanten, dem Minister für Landwirtschaft, vereinbart haben. Sie bedeutet, dass es Schwierigkeiten gibt.«
»Ein Aufstand in Theben … Ist das nicht eher unwahrscheinlich?«
»Eigentlich schon … Aber die Nachricht klingt dennoch ernst.«
»Versucht dieser armselige Minister nicht einfach, auf sich aufmerksam zu machen?«
»Das kann durchaus sein, Majestät, aber angenommen, er hat Recht … Ist nicht jetzt der Moment gekommen, um Theben ein für allemal zu zerstören?«
»Ich hatte diese kaum noch existierende kleine Stadt völlig vergessen! Wahrscheinlich hat eine Hand voll Habenichtse versucht, Getreide zu stehlen, und dein kleiner Minister versucht, sich bei uns beliebt zu machen, indem er uns davon berichtet … Aber du hast Recht, es wird besser sein, die Sache zu prüfen.«
»Soll ich Jannas schicken?«
Der König bestrich seine mit Pickeln übersäte Nase mit Salbe und bückte sich, um auch seine Knöchel einzureiben, die immer dicker wurden.
»Wir werden vorsichtiger vorgehen und einen Gesandten schicken. Wenn es wirklich ein Aufstand sein sollte, werden die Thebaner ihn töten. Unser Gegenschlag erfolgt blitzschnell, und dann ist es endgültig vorbei mit ihnen. Im anderen Fall wissen wir, dass dein Informant sich Dinge aus den Fingern saugt, und wir suchen uns einen anderen. Es ist nicht nötig, unsere besten Soldaten für so eine Bagatelle einzusetzen. Wir brauchen sie für unsere neuen Eroberungen.«
55
N ur ein Schiff?«, fragte Seqen erstaunt. »Das muss eine Falle sein!«
»Nein, Majestät, offenbar nicht«, sagte Heray. »Die Späher sagen, es ist ein ziviles Schiff ohne Eskorte.«
»Sobald sie anlegen, erledigen wir sie!«
»Darf ich trotzdem zu ein wenig Geduld raten? Selbst wenn sich Soldaten im Zwischendeck verstecken, können es nur wenige sein, und wir haben in jedem Fall leichtes Spiel mit ihnen.«
»Aber wie ist es zu verstehen, dass Apophis so gemäßigt reagiert?«
»Vielleicht stellt er uns ein Ultimatum«, sagte Ahotep nachdenklich.
»Dass wir selbst Theben zerstören sollen und uns ihm anschließend ausliefern? Natürlich, du hast Recht!«
»Es gibt ein einfaches Mittel, um es herauszufinden, Majestät«, schlug der Schnauzbart vor. »Ich könnte an Bord gehen.«
»Warum willst du dein Leben aufs Spiel setzen?«
»Mit dem Afghanen und einer halben Hundertschaft hinter mir fühle ich mich völlig sicher.«
Der Gesandte war der wichtigste Weinhändler von Auaris. Khamudi hatte ihm diese Mission anvertraut in der Hoffnung, dass er nicht lebend zurückkehrte. Wenn er dennoch wieder auftauchte, würde sein Los nicht beneidenswert sein.
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