Die Königin von Theben
übergehen.«
»Etwas äußerst Wichtiges bleibt noch zu tun. Mutter, bitte kümmere dich darum.«
»Mit dem größten Vergnügen, meine liebe Tochter! Es wird einer der schönsten Tage meines Lebens sein.«
»Richtige Soldaten sind das!«, sagte der Schnauzbart, während er die Männer beobachtete, die Seqen vor dem Palast hatte Aufstellung nehmen lassen.
»Kein Zweifel«, stimmte ihm der Afghane zu. »Gut ausgebildet und diszipliniert … Das ist es also, was man uns bis jetzt verheimlicht hat: eine Miliz, die auf den Kampf gegen die Hyksos gut vorbereitet ist. Das ist die beste Nachricht seit langem.«
Heray kam auf die beiden Beobachter zu.
»Ihre Majestät wünscht, euch zu sprechen.«
Verlegen machten sich die beiden auf den Weg. Keiner von ihnen wagte es, der Königin ins Gesicht zu blicken, die jetzt ein rotes Zeremonialgewand trug.
»Es ist mir ein Bedürfnis, euch zu danken und euch für eure Tapferkeit zu beglückwünschen. Hiermit ernenne ich euch beide zu Offizieren in der Befreiungsarmee.«
Verwirrt sahen die Geehrten einander an.
»Heute schon«, verkündete die Königin, »werdet ihr alles Weitere erfahren.«
Das Volk von Theben hatte sich vor dem Haupteingang des Tempels von Karnak versammelt. Teti die Kleine sprach mit einer Festigkeit, die manchen überraschte. Ihre Worte wurden von Herolden wiederholt, damit auch den Fernstehenden nichts entging.
»Dank unserer Götter herrscht wieder ein Pharao mit seiner großen königlichen Gemahlin über Theben. Ich verkünde euch allen, die ihr euch hier versammelt habt, dass Seqen offiziell zum König von Ober- und Unterägypten gekrönt worden ist und dass er von Königin Ahotep als ihr rechtmäßiger Gemahl anerkannt wurde. So setzt sich die Abfolge unserer Königshäuser fort, und die Legitimität der Macht ist gewährleistet.«
Nach einem ersten Moment der Überraschung klatschten die Thebaner ihrem Pharao begeistert Beifall, und die Namen des neuen Herrscherpaars wurden in eine Stele eingraviert, die im Tempel, unter dem Schutz Amuns, Aufstellung finden sollte.
Als der Beifall abebbte, ergriff Seqen, der neue Pharao, das Wort.
»Die Anhänger der Kollaboration sind festgenommen worden. Sie werden verurteilt werden. Jetzt aber ist es an der Zeit, uns der schrecklichen Prüfung des Krieges zu stellen. Unsere Armee ist bereit zu kämpfen, doch die Mitwirkung jedes Einzelnen von euch ist bei diesem Kampf unabdingbar. Blut, Tränen, langwierige und leidvolle Auseinandersetzungen – nur das kann ich euch versprechen. Es ist der einzige Weg, der uns noch bleibt: Entweder wir siegen, oder wir werden vollständig vernichtet. Um aber zu siegen, muss Theben von einem einzigen Gedanken beseelt sein, und alle Herzen müssen im selben Rhythmus schlagen. Einigkeit ist das Gebot der Stunde!«
Dieser Rede folgte ein langes Schweigen.
Jeder begriff, dass die lange Epoche der falschen Ruhe zu Ende ging und dass ein fürchterlicher Kampf bevorstand.
Heray schlug sich mit der geballten Faust auf die Brust. »Bis zum Tode verpflichte ich mich, dem Pharao, meinem Land und meinem Volk zu dienen!«
Mit einer Stimme nahmen die Thebaner diesen Satz des Fahneneids auf.
Ahoteps Herz öffnete sich weit. Endlich zeigte sich der Keim einer echten Hoffnung.
Das neue Spiel machte dem König der Hyksos viel Spaß. Es war mittlerweile ein großer Gunstbeweis, wenn man eingeladen wurde, neben ihm an der Balustrade Platz zu nehmen, von der aus man den besten Überblick hatte über Arena und Labyrinth, wo die Unglücklichen, die man dazu auserkoren hatte, einen langsamen und qualvollen Tod starben. Dabei zuzusehen gehörte zu den nie langweilig werdenden Vergnügungen des Hofes.
Glücklicherweise mangelte es nicht an Opfern – Versuchspersonen für neue Foltermethoden. Es gab die Ehrgeizlinge, die den König ärgerten, die Liebhaber Tjarudjets, die den fatalen Fehler begingen, sich bei ihr soweit zu vergessen, dass sie den König kritisierten; es gab die Unvorsichtigen, die sich weigerten, sich von Khamudi erpressen zu lassen, die allzu schönen Frauen, die Tanis Neid erweckten, und selbst ein paar robuste, gesunde Unschuldige, die ganz ohne Anlass nach Auaris gebracht wurden, damit der König bei Laune blieb.
Apophis war klar, dass man sehr bald den Feldzug der Eroberung fortsetzen musste; namentlich galt es, Kreta und die umliegenden Inseln zu kolonisieren, und man musste dabei noch radikaler vorgehen als früher. Außerdem musste man einen ganzen Schwarm
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