Die Königin von Theben
Ägypter, dass diese Feinde doch nicht unverwundbar waren. Und die beiden Seiten der Schlacht kamen allmählich ins Gleichgewicht.
»An der linken Flanke – da sind unsere eigenen Leute!«, schrie der Schnauzbart, der dabei war, einem Perser den Bauch aufzuschlitzen.
Die Aufständischen des Nordens hatten die Botschaften der Brieftauben erhalten, und jetzt gingen sie zum Angriff über. Die Hyksos waren überrascht, und ihre Reihen schienen in Verwirrung zu geraten.
»Der König!«, schrie Emheb, nachdem er zwei feindliche Anatolier niedergemacht hatte. »Er ist umzingelt!«
Seqen hatte sich mit einer so rasenden Wut auf seine Feinde gestürzt, dass seine Leibgarde ihm nicht folgen konnte. Umgeben von einem Kreis aus Wagen und Fußsoldaten versuchte der Pharao die Angriffe abzuwehren, die von allen Seiten auf ihn einprasselten.
Einem Kanaanäer von kleiner Statur gelang es, sich bis zum König durchzuschlängeln, und er versetzte ihm einen Hieb mit der Streitaxt, der ihn knapp unter dem Auge traf.
Ungeachtet seiner Schmerzen pflanzte Seqen sein Schwert in den Bauch seines Gegners. Doch ein weiterer Kanaanäer trieb dem Monarchen die Klinge seines Dolchs in die Stirn.
Mit blutüberströmtem Gesicht traf der nächste Schwerthieb des Königs ins Leere.
Hauptmann Baba gelang es, die Umzingelung zu durchbrechen. Er tötete den zweiten Kanaanäer und glaubte einen Moment lang, es werde ihm gelingen, Seqen herauszuhauen. Aber eine Lanze durchbohrte seinen Leib, während ein asiatischer Offizier mit seiner schweren Axt den Kopf des Königs spaltete.
Sterbend sank er auf die rechte Seite. Ein Syrer zerschmetterte ihm mit einem schweren Hieb die Nase und tötete ihn mit einem weiteren direkt auf den Hinterkopf.
Den Tod seines Vaters und seines Königs vor Augen, ließ der junge Ahmas rasend vor Wut Pfeil auf Pfeil von seiner Sehne schnellen. Er tötete die Mörder, einen nach dem anderen, während es dem Afghanen und dem Schnauzbart durch einen tollkühnen Ausfall gelang, Seqens Leichnam zu bergen. {*}
Ahotep suchte vergebens den Himmel ab. Sie wagte es nicht mehr, die Tage zu zählen, die verstrichen waren, seit die Tauben die letzten Nachrichten von der Front gebracht hatten.
Abends, nachdem sie ihre Mutter, ihre Söhne und die Soldaten des Stützpunkts mit beruhigenden Worten zum Ausharren aufgefordert hatte, fühlte sich die Königin völlig erschöpft. Das Ausbleiben der Nachrichten zermürbte sie, und sie hatte niemanden mehr, mit denen sie ihre Sorgen und Leiden teilen konnte.
Die Sonne schien mit unverminderter Kraft, und trotz der Hitze gingen die Soldaten ihren gewöhnlichen Beschäftigungen nach. Kamose brachte seinem kleinen Bruder bei, wie man mit einem Holzschwert umging, Teti die Kleine las Gebete an Amun, Qaris wachte über die Verwundeten, die die Königin jeden Morgen und jeden Abend besuchte.
»Ein Schiff, Majestät!«, rief Heray. »Ich werde hören, was es Neues gibt!«
»Nein, ich will die Erste sein, die es erfährt!«
Es schien unendlich lange zu dauern, bis es endlich angelegt hatte.
Der Erste, der das Schiff über eine Lauftreppe verließ, war Emheb. Er schien um zehn Jahre gealtert. Mit tief gefurchtem Gesicht trug er das Schwert Amuns und das blutbesudelte königliche Diadem.
Die Königin ging auf ihn zu.
»Wir haben die Stadt Cusae erreicht, Majestät, und dort trafen wir auf ein Eliteregiment der Hyksos. Dank des fast übermenschlichen Mutes des Pharaos ist es ihnen nicht gelungen, uns zu besiegen.«
»Seqen …«
»Der Pharao ist tot, Majestät. Wir haben seinen Leichnam mitgebracht, damit er mumifiziert werden kann. Die Verletzungen sind so schlimm, dass es besser wäre …«
»Ich will ihn sehen. Und die Mumienpriester sollen die Verletzungen auch nicht kaschieren, damit die Nachwelt erfahre, wie dieser Held gestorben ist, der die ersten Schlachten im Befreiungskrieg geführt hat. Sein Name soll auf ewig geehrt sein als der des rechtmäßigen Pharao.«
Die Soldaten des heimatlichen Westufers hatten hinter der jungen Königin Aufstellung genommen, der es jetzt oblag, ihren beiden Söhnen zu erklären, weshalb sie ihren Vater niemals wiedersehen würden.
»Vergebt mir die unbarmherzige Frage, Majestät«, sagte Emheb mit zusammengeschnürter Kehle, »doch Tausende von Männern warten auf Eure Antwort: Müssen wir dem Hyksoskönig unsere Kapitulation ankündigen, oder werdet Ihr den Kampf fortführen und Euch an die Spitze unserer Armee setzen?«
Ahotep erklomm die
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