Die Königin von Theben
großes Blatt seinen ersten Namen, ›Günstling des Seth‹, zu schreiben.
Doch es erschien kein einziges Zeichen.
»Deine Tusche taugt nichts!«
»Ich garantiere Euch, dass sie von bester Qualität ist.«
»Zerreib die rote Paste.«
Der Hohepriester tat, wie ihm geheißen, doch das Ergebnis war das Gleiche.
»Du hältst mich zum Narren, Alter!«
»Was sich hier zeigt ist, dass der Baum des Wissens Eure Namen verweigert, denn die Götter nehmen Euch nicht in die Ahnenreihe der Pharaonen auf.«
»Hol mir sofort neue Tusche!«
»Wie Ihr wünscht …«
Apophis stampfte ein paarmal vor Wut mit dem Fuß auf. Dann bekam er die neue, noch nie gebrauchte Tusche.
»Versuch nie wieder, mich mit fehlerhaftem Material hinters Licht zu führen, Alter! An diesem für uns Hyksos so glorreichen Tag vergebe ich dir deine Böswilligkeit, doch rechne kein zweites Mal mit meiner Milde!«
Der zweite Versuch, Zeichen auf das Baumblatt zu schreiben, führte ebenso wenig zum Ziel wie der erste.
»An der Tusche liegt es nicht«, bemerkte der Hohepriester. »Ihr seid kein Pharao und werdet es auch nie werden.«
Apophis betrachtete den Ägypter mit eiskaltem Hass. »Du machst irgendeinen bösen Zauber mit deinem Zepter … Ja, das ist es!«
Er entriss dem alten Mann den heiligen Stab und zerbrach ihn.
»Damit du siehst, was ich mit deinen armseligen Hexenkünsten mache! Jetzt hat der Baum bestimmt nichts mehr gegen mich.«
Doch das Schreibrohr glitt über das Blatt, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen.
Apophis warf es zu Boden und zertrat es mit dem Fuß. »Wem ist es erlaubt, in diesen Hof zu kommen und die Namen der Pharaonen zu lesen?«
»Nur dem Hohepriester von Heliopolis.«
»Wirst du meinen Namen in die Archive des Tempels aufnehmen?«
»Niemals.«
»Ist dir dein Leben nichts wert, Alter?«
»Es ist besser, aufrecht zu sterben, als ungetreu zu leben.«
»Du bist der einzige Zeuge, dass der Baum sich meinem Namen verweigerte … Also musst du verschwinden.«
Apophis zog sein Schwert und stieß es dem Hohepriester mit aller Kraft ins Herz. Dieser machte keinen Versuch, sich zu verteidigen.
»Ich bin schon unruhig geworden, Herr … Ist alles gut gegangen?«
»Bestens, Khamudi. Von jetzt an ist mein Name in alle Ewigkeit auf dem Baum des Wissens verzeichnet, und die Zeichen, die ihn bilden, sind besser lesbar als die von allen meinen Vorgängern. Die Götter haben sich vor mir in den Staub geworfen, und von den Hexenkünsten der Ägypter haben wir nichts mehr zu befürchten. Ich befehle ein großes Fest, auf dass das Volk seinem neuen Pharao huldige!«
»Ich werde mich sofort darum kümmern. Weitere Befehle, Herr?«
»Lass alle Priester dieses Tempels verschwinden und die Tore verschließen, damit niemand mehr hier eindringt. Meine Thronnamen sollen nicht beschmutzt werden von menschlichen Blicken.«
15
A hotep wickelte ein grünes Band um ihr schwarzes Haar – es war so grün wie ihre Augen und mit zarten Lotosblüten verziert; ihre Mutter hatte es ihr am Tag ihrer ersten Regel geschenkt.
Gekleidet wie eine Bäuerin, machte sie sich auf den Weg zur Anlegestelle.
»Prinzessin …«
»Was willst du, Seqen?«
»Wenn Ihr verreisen wollt, tätet Ihr besser daran, den Nil zu meiden. Er verhält sich ziemlich wild in letzter Zeit. Nehmt besser die Wege über Land. Für das Gepäck habe ich hier das beste Lasttier, das es in der Gegend gibt.«
Er zeigte auf einen schönen grauen Esel mit weißem Maul und weißem Bauch. Seine Nüstern waren groß, seine Ohren lang und lebhaft, seine Augen klug.
»Nordwind ist ein echter Riese. Er wiegt fast dreihundert Kilo, kann fast hundert Kilo tragen, ohne müde zu werden, und wird mindestens vierzig Jahre alt. Er findet immer den besten Weg und merkt sofort, wenn irgendwo Feinde lauern. In den zwei Körben habe ich Matten, Decken, Sandalen, Brot, getrockneten Fisch, Zwiebeln und Schläuche mit Wasser verstaut.«
»Willst du mir deinen Esel ausleihen?«
»Er gehorcht nur mir, Prinzessin.«
»Ich gehe nach Koptos, und dann nach Gebelein. Es ist gefährlich, Seqen.«
»Ich habe Euch bereits gesagt, dass ich kämpfen will, und ich habe meine Meinung nicht geändert, im Gegenteil. Man wird uns für ein Bauernpaar halten, das ist wesentlich weniger verdächtig als eine Frau allein. Und wenn uns irgendetwas zustößt, werde ich Euch verteidigen.«
Wie soll dieser magere und schüchterne Junge mich verteidigen?, fragte sich Ahotep.
Aber das Argument mit dem
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