Die Königin von Theben
gebrochen werden. Erinnere dich immer daran, Khamudi, und verbreite es überall. Und diese Flasche … Soll ich dir sagen, wozu sie mir dienen wird?«
Der Angesprochene fürchtete sich plötzlich.
»Es wird vielleicht nicht nötig sein, Herr …«
»Bist du nicht mein treuer Diener, der mich niemals verraten wird? Also pass auf …«
Apophis berührte mit dem Zeigefinger das Wort ›Auaris‹ auf der Flasche, und es begann, in einem beunruhigenden Rot zu leuchten.
Erschrocken wich Khamudi einen Schritt zurück.
»Sei ganz beruhigt, mein alter Freund … Du merkst, dass ich nur einen Finger brauche, um jeden Teil dieses Landes zu dirigieren, wie es mir passt. Und sie glauben, die Götter beschützen sie … Nicht der kleinste Teil der pharaonischen Erde wird mir entgehen.«
»Nicht einmal Theben?«
Apophis lächelte. »Die Verrücktheiten Thebens amüsieren mich, und sie nützen mir … im Augenblick. Alles, was dort vorgeht, ist mir bekannt, und keine dieser – im Übrigen völlig lächerlichen – Unternehmungen wird ihr Ziel erreichen.«
Khamudi begriff, dass der König der Hyksos kein Tyrann wie alle anderen war. Er hatte nicht nur eine große und schlagkräftige Armee zu seiner Verfügung, sondern auch gewisse übernatürliche Kräfte, gegen die die besten Krieger nichts ausrichten konnten.
»Der heutige Tag ist ebenso wichtig wie der Tag der Invasion«, erklärte Apophis mit seiner rauen, wie von Blutglanz überzogenen Stimme. »Die Ägypter werden endlich begreifen, dass ich ihr König bin und dass sie sich ohne die geringste Hoffnung auf Freiheit mir unterwerfen müssen. Und wie jedes Volk von Sklaven werden sie mich am Ende anbeten. Lass uns jetzt zu den Vasallen gehen, um ihre Huldigung entgegenzunehmen!«
Angetan mit einem langen roten Mantel, der in der Taille von einem geometrisch gemusterten Gürtel zusammengehalten wurde, betrat Apophis gemessenen Schrittes die Empfangshalle mit ihren sechs Säulen, wo die Botschafter aus allen Gegenden des Hyksosreiches zusammengekommen waren.
Jeder von ihnen wurde von einem von Khamudis Schergen bewacht, und niemand hätte auch nur eine drohende Geste machen können, ohne sofort niedergeworfen zu werden.
Apophis ließ sich auf seinem Thron nieder, einem bescheidenen Sessel aus Holz.
Einfachheit und Strenge – darauf achtete der König, wenn er sich als besorgter Verwalter des öffentlichen Wohls gab.
Es begann nun der Aufmarsch der Gesandten.
Der Reihe nach legten sie Apophis Dinge zu Füßen, die zu den charakteristischen Reichtümern ihrer Länder gehörten, Berge von kostbaren Edelsteinen, Tiegel mit Salbölen, lederne Armbänder für Bogenschützen, Schilde, Dolche … Doch an alldem zeigte Apophis keinerlei Interesse, weil er mit solcher Ungeduld auf die Geschenke des kretischen Botschafters wartete. Die Insel Kreta hatte endlich einem Bündnisvertrag mit den Hyksos zugestimmt, doch was galt ihr Wort? Einzig die Großzügigkeit ihrer Geschenke würde zeigen, dass sie ihr Engagement ernst nahmen.
Der Gesandte trat vor, gefolgt von einem Dutzend Landsmännern mit schwarzem Haar und gerader Nase. Sie trugen mit Fransen und Tressen besetzte und mit auffälligen Rautenmustern verzierte Schurze.
Der Diplomat entbot Apophis seinen Gruß. »Unser aller Herrscher möge das Ehrengeschenk Kretas gnädig in Empfang nehmen. Ihr seid König über ein Gebiet, wie es nie zuvor von einem Monarchen regiert wurde. Möge Eure Regierung glanzvoll sein!«
Die Kreter brachten Goldbarren und Goldringe, schön gearbeitete Schwerter, Becher und Vasen aus Silber, einige davon in Form von Löwen- und Stierköpfen.
Bei den Umstehenden gab es bewunderndes Gemurmel. Die Gabe war überwältigend.
»Ich nehme die Ehrung an«, erklärte Apophis. »Von nun an hat die Insel Kreta von unserer Armee nichts mehr zu befürchten. Wird der Tribut regelmäßig entrichtet, werde ich der beste Verteidiger meiner kretischen Vasallen sein.«
Die Pharaonen hatten nur zehn Prozent der Tributzahlungen für ihren Hof behalten und den Rest wieder in den Handelskreislauf eingespeist.
Apophis tat genau das Gegenteil. Er sorgte dafür, dass die Kaste der Herrschenden sich bereichern konnte, um sich ihrer Ergebenheit zu versichern. Natürlich war diese Tatsache eines der bestgehütetsten Geheimnisse, und Khamudi hörte nicht auf, die Großherzigkeit seines Meisters zu preisen, seinen unerschütterlichen Willen, die einfachen Leute vor Not und Elend zu schützen.
In diesem Moment
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