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Die Königin von Theben

Die Königin von Theben

Titel: Die Königin von Theben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Beschützer der Könige, und Thoth, der Herr des Wissens, deinem Königtum Leben verleihen.«
    Ahotep wurde eingeladen, sich aufrecht vor einen Tisch mit Opfergaben zu stellen. Zwei Priester, der eine mit einer Falkenmaske, der andere mit einer Ibismaske vor dem Gesicht, hielten Gefäße über ihren Kopf.
    Aus den Gefäßen fielen zwei Strahlen und tauchten die junge Frau in ein unwirkliches Licht.
    Ihr Herz öffnete sich, und ihr Blick schweifte in die Ferne wie der eines Raubtiers.
    Priesterinnen bedeckten ihren Kopf mit einem Gewebe, das das Gefieder eines Geiers darstellte, Symbol der kosmischen Mutter. Darauf wurde die aus zwei hohen Federn bestehende traditionelle Krone der ägyptischen Königinnen gesetzt.
    Teti die Kleine reichte ihr das Blütenzepter mit biegsamem Griff, das Zeichen der weiblichen Macht.
    Qaris hatte ein bescheidenes Festmahl ausgerichtet, in einem Hof des Tempels, vor Blicken geschützt.
    »Verzeiht die mangelnde Pracht der Zeremonie, Majestät«, sagte er zu Ahotep, »doch Eure Krönung muss so lange wie möglich geheim bleiben. Im Palast gibt es zu viele wissbegierige Lauscher. Wenn die Hyksos erfahren, dass Theben eine junge Königin als Herrscherin gewählt hat, könnte es einen Aufruhr geben.«
    »Auch ich bedaure, dass die Krönungsfeierlichkeiten nur in aller Stille stattfinden können«, sagte Teti die Kleine mit noch größerem Nachdruck, »aber wir befinden uns im Widerstand, und es ist unumgänglich.«
    Mit einem Bogen und vier Pfeilen in der Hand näherte sich der Hohepriester Ahotep.
    »Wir sind an einem Ort des Friedens, Majestät, doch unser Land ist besetzt, und Ihr allein repräsentiert von nun an unsere ganze Hoffnung auf Befreiung. Ich übergebe Euch diese Waffen, auf dass Ihr die Göttin der Stadt Theben verkörpert, die so endlich den Kampf wieder aufnimmt.«
    Ahotep hatte den großen Bogen nie zuvor in Händen gehabt. Und doch gab ihr das tiefe Vertrauen, das in ihr war, jene spontanen Gesten ein, die jetzt von ihr erwartet wurden. Und sie spannte den Bogen und schoss den ersten Pfeil nach Norden ab, den zweiten nach Süden, den dritten nach Osten und den vierten nach Westen.
    »Mögt Ihr die vier Weltgegenden erobern, Majestät; sie wissen, wer Ihr seid und was Ihr wünscht. Möge der große Raum, den der Mond, euer Beschützer, durchmisst, Euch zu segensreichen Handlungen anregen.«
    Die wenigen Gäste standen ganz im Bann des feierlichen Moments und verspürten kaum Lust, die von der Köchin des Hohepriesters zubereiteten Speisen zu probieren.
    Begleitet von Lächler, dem Hund, durfte Seqen neben seiner Gemahlin Platz nehmen. Der Hund hatte keine Scheu, den gebratenen Tauben und dem Nilbarsch die Ehre zu erweisen, die sie verdienten.
    »Ist im Palast alles in Ordnung?«, fragte Teti die Kleine.
    »Alles ist ruhig. Ein Gerücht geht um, nach dem Ihr und Eure Tochter nach Karnak gegangen seid, um Amun anzuflehen, die Stadt vor dem Zorn der Hyksos zu schützen.«
    Der Gehilfe des Hohepriesters brachte eine Karaffe mit Wein.
    »Ein großartiger Jahrgang, aus dem Jahr vor der Invasion«, sagte er. »Wenn man ihn trinkt, schmeckt man die Freiheit. Doch bevor wir trinken, möchte ich Euch einen alten Text vortragen und dazu die Harfe spielen.«
    Der Ton seiner Stimme wurde lauter und etwas brüchig, doch die Worte waren deutlich zu vernehmen:
    »Eine Form wird Körper und verschwindet wieder. Die Geister des Lichts werden deinen Namen leben lassen, und du wirst leben an einem guten Platz im westlichen Land. Doch das Strömen des Flusses kennt keine Unterbrechung, und jedermann muss gehen, zu seiner Zeit. Die Gräber der Edlen sind verschwunden, ihre Mauern sind zu Staub geworden, als hätte es sie nie gegeben. Du sollst einen glücklichen Tag haben, Königin von Ägypten, dich an dieser Stunde freuen, deinem Herzen folgen, so lange es lebt, dich salben und parfümieren, deinen Hals mit Lotosgirlanden schmücken, die Traurigkeit vergessen, während jene, die du liebst, an deiner Seite sind. Erinnere dich dieses Glücks bis zu dem Augenblick, da du in das Land des ewigen Schweigens eintrittst.«
    Alle Anwesenden waren betroffen vom tiefen Ernst dieser Worte, und jeder Gedanke an Fröhlichkeit schien fehl am Platz. Dennoch wurde der Wein in die Pokale gegossen, und Seqen hoffte, dass der gemeinsam genossene Trank die allgemeine Melancholie vertrieb.
    Da erhob sich der Hund zu seiner vollen Größe und verschüttete mit seiner Pfote den Wein, den Ahotep gerade zum Mund

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