Die Königin von Theben
dem König schon des Öfteren Ähnliches erörtert hatte, war ihm das, was er hörte, nicht ganz neu. Memphis erwies sich als wesentlich störrischer als angenommen, und folglich bedurfte es, wie er es vorhergesehen hatte, einer radikaleren Vorgehensweise.
»Diese Situation ist unannehmbar, Admiral. In seiner Weisheit hat der König schon in Betracht gezogen, dass gewisse Ägypter verrückt genug sein würden, an ihrer glorreichen Vergangenheit festzuhalten; deshalb werdet Ihr mit folgenden Instruktionen unverzüglich nach Memphis zurückkehren.«
Als er die neuen Befehle vernahm, zeigte Jannas keine Gemütsregung. Das, was der Großschatzmeister verlangte, schien ihm ungeheuerlich. Doch ein Hyksos, noch dazu ein Admiral, hatte diese Dinge nicht zu beurteilen.
Frohgemut kehrte Khamudi in die Lagerhalle zurück, aus der noch immer Schreie schallten. Er war sicher, dass seine zärtliche Gattin ihm ein Stempelwerkzeug im Feuer übrig gelassen hatte, damit er die Arbeit eigenhändig abschließen konnte.
24
I ch bin schwanger«, erklärte Ahotep.
»Schon! Aber wie kannst du so sicher sein?«, fragte Teti die Kleine. »Du musst erst die Tests machen und …«
»Die Tests werden es bestätigen: Ich bin schwanger, und es ist ein Junge.«
»Na gut … Du musst rotes Fleisch essen, dir Ruhe gönnen, du musst …«
»Mit dem roten Fleisch bin ich einverstanden, aber nicht mit der Ruhe. Ein ungeheures Stück Arbeit wartet auf mich, das weißt du, und mein Sohn muss sich an Anstrengung gewöhnen. Es ist gar nicht so leicht, das Haus der Königin wiederherzustellen, wie du es von mir verlangt hast … Zumal wir verdeckt handeln müssen!«
»Reg dich nicht so auf, Ahotep, sei nicht so …«
»Bin ich die Königin von Ägypten oder nicht?«
Teti sah einen neuartigen, leuchtenden Glanz in den Augen ihrer Tochter.
»Meine erste Entscheidung besteht darin, die Tradition unserer Vorfahren Wiederaufleben zu lassen. Also muss ich mein Amt ernst nehmen und die erste Pflicht, die mir obliegt, voll und ganz erfüllen.«
Die Königinmutter traute ihren Ohren nicht. »Du meinst doch nicht etwa …«
»Doch, genau das meine ich.«
Unter dem sanften Blick seines Esels gab sich Seqen all den militärischen Übungen hin, die in einigen Wochen einen brauchbaren Soldaten aus ihm machen würden.
Auf Grund seiner Nervosität – die ihm sein Ausbilder allerdings nach und nach abgewöhnte – war er nur ein mäßiger Bogenschütze, dafür besaß er einen untrüglichen Sinn für die Handhabung der leichten Streitaxt und der Keule. Mit äußerster Behändigkeit wich er den geschicktesten Attacken aus und überraschte seine Übungspartner durch die Schnelligkeit seiner Gegenangriffe.
Man konnte zusehen, wie sich die Muskeln des jungen, zart gebauten Mannes entwickelten. Er stemmte Gewichte, lief, schwamm … Er ersparte sich nichts und genoss nur umso mehr die köstliche Abendstunde, wenn Ahotep seinen Körper mit Salben einrieb, die magische Kräfte besaßen. Es gelang ihr nicht nur, jede Spur von Müdigkeit bei ihm zum Verschwinden zu bringen, sondern sie gab ihm auch jenes Feuer zurück, das notwendig war, um sich in immer neue Liebesduelle zu stürzen, in denen es weder Sieger noch Besiegte gab. Seqen war noch immer wie toll in Ahotep verliebt, und er dankte jeden Morgen den Göttern für das Glück, das sie ihm durch sie bescherten.
»Kannst du mir eine ganz neue Waffe machen?«, fragte er seinen Ausbilder.
»Was stellst du dir vor?«
»Eine Keule mit ovaler Spitze, länger als gewöhnlich. Am Griff soll die Schneide eines Messers angebracht sein.«
»Damit könntest du Schädel zertrümmern und Kehlen durchschneiden … gar nicht dumm. Ich mache dir ein Modell aus Holz. Du kannst es ausprobieren, wenn du auf einen Bauern stößt, der in die thebanische Miliz eintreten will. Setze ihm aber nicht zu sehr zu … Die Rekruten werden immer seltener.«
Seqen gefiel das Modell.
Ihm gegenüber, auf dem kleinen Hof der Kaserne, stand ein kräftiger Bursche mit breiten Schultern und flacher Stirn.
»Heda, mein Freund! Willst du kämpfen lernen?«
»Wenn es nötig ist … Du bist doch Prinz Seqen?«
»Ja, der bin ich.«
»Anscheinend willst du es den Hyksos zeigen …«
»Du etwa nicht?«
»Nicht unbedingt, mein Prinz.«
Der Mann zog ein kurzes Schwert.
»Bei den Übungen«, ermahnte ihn Seqen, »solltest du nur hölzerne Waffen benutzen.«
»Das hier ist keine Übung, mein Prinz, sondern dein erster und letzter
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