Die Königin von Theben
und versuchte, auch seinen Kameraden zu töten. Doch Mausgesicht drehte sich instinktiv weg und trug nur eine Verletzung an der Hüfte davon.
Obwohl er viel Blut verlor, gelang es ihm zu fliehen. Auf dem Weg sah er sich mehrmals nach seinem Verfolger um, dem es nicht gelang, ihn einzuholen.
»Der Mann ist tot«, sagte Qaris. »Er nannte sich Mausgesicht. Trotz seiner schweren Verletzung ist es ihm gelungen, den Nil zu überqueren und den Palast zu erreichen. Er hat uns alles erzählt.«
»Ein Grab ausrauben!«, rief Ahotep verwundert aus. »Wie kann man so etwas Furchtbares tun … Wissen diese Verbrecher nicht, dass die Seele des Verstorbenen sie bestrafen wird?«
»Die Aussicht auf Reichtum ist so verlockend, dass nichts sie aufhält. Und das ist nicht alles …«
»Die Königin ist noch sehr schwach«, mahnte Seqen. »Wir sollten ihr Aufregungen ersparen.«
»Ihr dürft mir nichts verheimlichen!«, befahl die junge Frau.
»Gut, dann sag' ich es dir: Mausgesicht hat uns auch verraten, dass ihnen Straffreiheit garantiert wurde. Und zwar von demselben Mann, der die Hoheit über die Kaserne besitzt und in den ich unbedingtes Vertrauen setzte.«
Diese Enthüllung entsetzte die Königin.
»Schlimmer noch«, setzte Qaris hinzu. »Die Befürworter der Kollaboration geben nicht auf. Sie waren sich Eures baldigen Todes sicher, und das hat ihnen Aufwind gegeben.«
»Anders gesagt«, schloss Seqen. »All meine Bemühungen, eine echte thebanische Armee auf die Beine zu stellen, haben zu nichts geführt. Wir werden nie gegen die Hyksos kämpfen können!«
»Doch!«, widersprach Ahotep. »Wir müssen einfach nur unsere Strategie ändern. Der alte General, der jetzt im Jenseits wohnt, hat es uns geraten: Wir müssen uns eine geheime Basis schaffen!«
»In unserer kleinen Enklave muss so etwas entdeckt werden!«
»Ich fühle, dass neue Energie in meinen Adern fließt«, erklärte Ahotep, »und werde mich demonstrativ für das Wohl der Thebaner einsetzen. Die Kaserne bleibt, was sie ist, und es wohnen nur noch die Ordnungshüter darin. Die Kollaborateure werden glauben, dass wir lahm geworden sind und unsere Maßnahmen sie nicht mehr bedrohen. Seqen, du hast freie Hand, unsere zukünftigen Soldaten zu rekrutieren und auszubilden.«
»Aber – wo?«
»Am Westufer natürlich! Wir werden verkünden, dass Räuber versucht haben, die Gräber unserer Vorfahren zu plündern. Daher ist es notwendig, Wachen rund um die Nekropole aufzustellen, und wir verbieten es Unbefugten, sich dort aufzuhalten. Nur die Seelen der Toten, die durch einen Zauber geschützt sind, haben dort Wohnrecht.«
Die Königin beugte sich über Qaris' Modell.
»Um ganz sicher zu gehen, richten wir unseren geheimen Stützpunkt hier ein, in der Wüste, im Norden Thebens {*} . Falls es Neugierigen einfallen sollte, sich dorthin zu verirren, werden sie von unseren Wächtern unschädlich gemacht.«
»Majestät!«, wendete Qaris ein. »Das ist ein kühnes Unternehmen, das einen langen Atem braucht!«
»Wir benötigen einige Jahre, dessen bin ich mir bewusst. Aber wenn wir Erfolg haben, wird der Kampf nicht mehr unmöglich sein.«
In einem halben Tag würde die Karawane auf dem Weg von der Oase Baharija die Wüste verlassen und die sattgrünen Streifen der Oase Faijum erreichen, jenem kleinen Paradies, in dem sich Mensch und Tier zu erholen pflegten, bevor sie weiterzogen in Richtung Auaris.
Der Karawanenführer, Adafi der Dieb, hatte immer im Dienst der Hyksos gestanden. Als eingeschworener Feind der Ägypter, die sein Volk schon vor Zeiten gedemütigt hatten, genoss er jeden Tag die Segnungen der Besatzung. Schritt für Schritt wurde dem Land der Pharaonen das Blut aus den Adern gesaugt, und es wurde immer mehr zu einer Provinz des Hyksosreiches.
Adafi der Dieb bewunderte Apophis. Wie dieser glaubte er an nichts anderes als an Gewalt. War er nicht selbst zu einem der reichsten Händler Libyens geworden, indem er drei konkurrierende Karawanenführer ermordete und sich deren Esel aneignete?
Ein zusätzliches Vergnügen hatte ihm vor kurzem die Gefangennahme eines Ägypters aus dem Süden bereitet, dem er selbst die Ohren und die Zunge abgeschnitten hatte. Es gefiel ihm, dass sein neuer Sklave ihm jetzt wie einem Aristokraten die Sandalen trug und den Fächer über ihm schwenkte, damit er immer frische Luft atmete.
Adafi lieferte Krüge guten Weins, Salz und Datteln von ausgesuchter Qualität nach Auaris. All das war für den Großschatzmeister
Weitere Kostenlose Bücher