Die Königin von Theben
der Ausbildung und der alltäglichen Arbeit weitermachen konnten.
Chomu, der Keramikhändler, hatte sich von seiner Enttäuschung erholt und fand sich im Palast ein, wo er von Heray, dem Aufseher der Getreidespeicher, empfangen wurde.
»Du willst, dass ich noch eine Milchkuh abtrete! Bald werde ich ruiniert sein.«
»Ich kann nichts dafür, Chomu. So lauten Emhebs Forderungen, der nur das macht, was die Steuervorschriften der Hyksos verlangen. Wir sitzen alle im gleichen Boot, einschließlich der königlichen Familie.«
»König Apophis will nicht, dass wir leiden, sondern dass es uns gut geht!«
»Selbstverständlich, aber Gesetz ist Gesetz. Und Theben macht keine Ausnahme.«
»Man muss an Apophis schreiben und ihm unsere Lage erklären!«
»Die Königin kümmert sich darum, sei ganz beruhigt. Das Wichtigste ist jetzt, dass wir den Befehlen unseres Herrschers gehorchen.«
Musste man diesen zwingenden Ausführungen Herays nicht zustimmen? Chomu war entwaffnet, aber er begriff trotz allem nicht, warum Apophis seine treuen Untertanen in Not und Elend stürzte.
»Ich hoffe, dass die Königin keine ungebührlichen Forderungen stellt …«
»Im Gegenteil, Chomu, ganz im Gegenteil! Seit langer Zeit denkt Ihre Majestät nicht mehr so hochmütig wie einst, sie betrachtet ihre frühere Haltung jetzt als kindisch und eitel. Wir durchleben schwere Zeiten, weil unsere Provinz zu entlegen ist, zu weit von Auaris und dem Zentrum des Reiches entfernt. Aber ich bin davon überzeugt, es wird sich bald zeigen, dass es richtig war, sich zu unterwerfen.«
»Ja, es ist richtig, Heray, das glaube ich auch … Von Seqen ist neuerdings wenig zu sehen …«
»Ahoteps Gemahl verbringt seine Zeit bei der Jagd und auf dem Land. Er ist ein Heißsporn, den es nie lange zu Hause hält. Bei Hofe ist man nicht unzufrieden damit, denn er bringt uns Wild. Und was ist jetzt mit deiner Kuh?«
»Ich bin stolz darauf, mit dieser Abgabe für den König zur Größe des Hyksosreiches beizutragen«, erklärte Chomu mit geschwellter Brust. »Es ist ein Opfer, aber ein notwendiges Opfer!«
Heray legte dem Kanaanäer die Hand auf die Schulter. »Du bist ein Vorbild für alle Thebaner.«
Das Gesicht des Keramikhändlers rötete sich vor Freude.
Auf dem Heimweg dachte er über das Verhalten Seqens nach. Sicher war die Erklärung Herays plausibel, aber trotzdem … Bei Gelegenheit würde er diesem hitzigen Menschen einmal auf den Zahn fühlen, um ganz sicherzugehen, dass er nicht mit irgendwelchen Bauern ein Komplott schmiedete, das ihn nur lächerlich machen würde.
»Ich werde das Gefühl nicht los, dass Chomu uns noch einmal gefährlich werden kann«, sagte Heray zu Königin Ahotep.
»Weißt du etwas Bestimmtes?«
»Nein, aber er scheint wieder gesund und munter und ebenso entschlossen, uns Schaden zuzufügen.«
»Lass ihn Tag und Nacht überwachen.«
»Wir haben nie aufgehört, ihn zu überwachen, Majestät. Alle Kollaborateure sind namentlich bekannt. Wenn die Zeit gekommen ist, werden sie binnen weniger Minuten festgesetzt.«
»Immer noch keine Nachrichten aus dem Norden?«, fragte Ahotep ihren Haushofmeister Qaris.
»Nein, Majestät. Wahrscheinlich ist keine Widerstandsgruppe mehr übrig.«
»Wenn wir allein sind, werden wir eben allein kämpfen! Die aufopferungsvolle Arbeit des Pharaos Seqen bringt schon Frucht: Wir verfügen gegenwärtig über eine kleine Armee, deren Soldaten in der Lage sind, es mit einem starken Gegner aufzunehmen.«
»Und die Schiffe?«, fragte der Haushofmeister.
»Das erste ist gerade vom Stapel gelaufen, das zweite ist im Bau. Die Zimmerleute sind abgehärtet, sie arbeiten immer besser und schneller.«
»Nach der letzten Nachricht von Emheb haben sich die Aufständischen in Edfu und Nekheb zu einer schlagkräftigen Truppe vereint, Majestät. Von nubischer Seite ist nichts mehr zu befürchten; sie begnügen sich mit dem Territorium, das ihnen von den Hyksos überlassen wurde, und haben keine Lust, sich mit den Regimentern von Admiral Jannas zu messen. Und Emheb wird als perfektes Beispiel eines Kollaborateurs angesehen, der die Kassen der Besatzer füllt und seine eigene Provinz bluten lässt.«
Teti die Kleine platzte in die Versammlung des geheimen Rates, die in dem Saal stattfand, wo das hölzerne Modell aufgestellt worden war.
»Komm schnell, Ahotep! Kamose hat sich verletzt!«
Der kleine Junge hatte sich mit einem Rasiermesser aus dem Toilettenschrank seines Vaters in die rechte Hand
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