Die Königliche (German Edition)
verstehe nicht, was meine privaten Gewohnheiten mit dieser Angelegenheit zu tun haben«, sagte Danzhol freundlich. Seine Arme hingen seltsam steif von den breiten Schultern seines Mantels herab, als wären sie neu und er hätte sich noch nicht an sie gewöhnt. »Glauben Sie mir, Königin, ich kenne die Leute, die diesen Antrag verfasst haben, und die, die in den Stadtrat gewählt wurden. Sie sind nicht in der Lage, für Ordnung zu sorgen.«
»Das kann sein«, sagte Bitterblue, »aber ihnen steht eine Probezeit zu, um das Gegenteil zu beweisen. Ich sehe hier, dass Sie seit Beginn meiner Herrschaft zwar die Steuern gesenkt, aber eine Reihe von Krediten an Unternehmen in Ihrer Stadt nicht zurückgezahlt haben. Haben Sie keine Landwirtschaft und Handwerker? Wirft Ihr Anwesen nicht genug ab, um Sie zu unterhalten, Lord Danzhol?«
»Ist Ihnen aufgefallen, dass ich ein Beschenkter bin, Königin?«, fragte Danzhol. »Ich kann meinen Mund so weit aufmachen, wie mein ganzer Kopf groß ist. Möchten Sie mal sehen?«
Danzhols Lippen teilten und öffneten sich, seine Zähne zogen sich zurück. Augen und Nase glitten auf seinen Hinterkopf und die Zunge fuhr heraus, dann der Kehldeckel, straff und rot, und es hörte nicht auf, sondern streckte sich alles immer stärker, wurde röter, offener und kam weiter heraus. Schließlich bestand sein Gesicht ganz aus glänzenden Innereien. Es war, als hätte Danzhol seinen Kopf umgestülpt.
Bitterblue presste sich gegen ihre Stuhllehne, im Versuch, von ihm wegzukommen, auch ihr Mund stand offen in einer Mischung aus Faszination und Entsetzen. Thiel neben ihr sah höchst verärgert aus. Und dann schwangen Danzhols Zähne mit einer geschmeidigen Bewegung wieder nach vorne und klappten zu, woraufhin auch der Rest seines Gesichts wieder an seinen Platz rutschte.
Er lächelte und hob keck die Augenbrauen, was fast zu viel für Bitterblue war. »Königin«, sagte er fröhlich, »ich würde jeglichen Einwand gegen den Unabhängigkeitsantrag zurückziehen, wenn Sie in die Heirat mit mir einwilligen würden.«
»Ich habe gehört, Sie hätten wohlhabende Verwandte«, entgegnete Bitterblue und verbarg ihr Befremden. »Ihre Familie leiht Ihnen kein Geld mehr, nicht wahr? Vielleicht ist sogar die Rede davon, Sie wegen Ihrer Schulden ins Gefängnis zu werfen? Ihr eigentlicher Einwand gegen diesen Antrag ist, dass Sie bankrott sind und eine Stadt brauchen, die Sie mit übermäßigen Steuern belegen können, oder – noch besser – eine reiche Ehefrau.«
Ein bösartiger Ausdruck flackerte über Danzhols Gesicht. Dieser Mann schien nicht ganz bei Trost zu sein und Bitterblue stellte fest, dass sie ihn am liebsten aus ihrem Schreibzimmer geworfen hätte.
»Königin«, sagte er, »ich habe nicht den Eindruck, dass Sie sich meinen Einwänden – oder meinem Antrag – mit dem nötigen Ernst widmen.«
»Sie können von Glück sagen, dass ich mich dieser ganzen Angelegenheit nicht mit dem nötigen Ernst widme«, sagte Bitterblue. »Ich könnte Sie sonst in allen Einzelheiten befragen, wofür Sie das Geld dieser Menschen ausgegeben haben, während sie dabei waren zu verhungern, oder was Sie mit den Büchern und dem Vieh gemacht haben, die Sie ihnen gestohlen haben.«
»Ah«, sagte er und lächelte erneut, »aber ich weiß, dass Sie das nicht tun werden. Die Unabhängigkeitsurkunde einer Stadt ist der Garant für rücksichtsvolle Nachlässigkeit seitens der Königin. Fragen Sie Thiel.«
Thiel neben ihr blätterte den Antrag bis zu der Seite durch, wo Platz für die Unterschrift war, und drückte Bitterblue eine Feder in die Hand. »Unterschreiben Sie einfach, Königin«, sagte er, »und wir werfen diesen Rüpel hier raus. Dieses Treffen war keine gute Idee.«
»Ja«, sagte Bitterblue und griff, beinahe ohne sie wahrzunehmen, nach der Feder. »Die Unabhängigkeitsurkunde einer Stadt ist sicher kein Garant für irgendetwas«, fügte sie, an Danzhol gewandt, hinzu. »Ich kann jeden Lord überprüfen lassen, den ich will.«
»Und wie viele haben Sie überprüfen lassen, Königin?«
Bitterblue hatte gar niemanden überprüfen lassen. Es hatte sich bisher nie ergeben und entsprach nicht der Politik des Nach-vorne-Schauens; ihre Ratgeber hatten es nie vorgeschlagen. »Ich glaube nicht, dass wir eine Überprüfung brauchen, Königin, um festzustellen, dass Lord Danzhol nicht in der Lage ist, diese Stadt zu regieren«, sagte Thiel. »Ich rate Ihnen zu unterschreiben.«
Danzhol lächelte breit und zeigte
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