Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
Vom Netzwerk:
gefesselt wurden.
    »Wie soll ich denn so überleben!« rief Leutberga verzweifelt.
    »Ich habe auch nackt im Wald überleben müssen«, antwortete Bertrada schneidend.
    »Vertrau dich Gott an«, riet Pater Fulrad und verschwand mit dem Mädchen zwischen den Bäumen.
    »Und jetzt ist er dran«, seufzte Pippin und deutete auf Fulco. »Es wird wohl reichen, wenn wir ihn einfach in den Fluß werfen.«
    »Um sicherzugehen, vielleicht mit ein paar Steinen in den Taschen«, ergänzte Frau Berta nüchtern.
    »Du ziehst dich jetzt lieber um«, riet Gräfin Gisela ihrer Tochter. Bertrada verschwand wieder hinter der Felsengruppe. Während sich die Männer und Frau Berta um Fulco kümmerten und ihn schließlich in der Prüm versenkten, eilte Bertradas Mutter in den Wald.
    Als sie Pater Fulrad mit gesenktem Haupt allein zurückkehren sah, verbarg sie sich hinter einem großen Baum, folgte dann dem Weg, den er entlanggekommen war. Schon bald stieß sie auf Leutberga. Sie hatte die Stirn an einen Baum gelehnt und versuchte mit verzweifelten Kopfbewegungen die Augenbinde abzustreifen.
    »Leutberga!« rief Frau Gisela leise.
    Die Ammentochter wandte sich um. Ein Auge blickte bereits unter der blutig gescheuerten Stirn hervor.
    »Habt Erbarmen, Frau Gisela!« flehte das Mädchen mit erstickter Stimme.
    Bertradas Mutter nickte und zog einen Dolch unter ihrem Ärmel hervor.
    »Soll ich deine Stricke lösen?« fragte sie freundlich.
    Heftig nickend wandte sich Leutberga um und hielt ihr rücklings die gefesselten Arme hin.
    »Jetzt werde ich wohl wirklich alt! Ich habe meinen Umhang vergessen!« rief Frau Berta, nachdem sich die Gruppe bereits Prüm genähert hatte. Inzwischen waren auch Graf Charibert und Vater Gregorius, die den Weg bis zur Felsengruppe noch zu Fuß gegangen waren, beritten, und Bertrada saß auf Leutbergas Stute.
    »Ich hole ihn dir, Mutter«, bot sich der Graf an.
    »Nicht nötig, mein Sohn«, erwiderte sie mit jener Stimme, die keinen Widerspruch zuließ und die Bertrada nur zu vertraut war. »Es wird mir guttun, ein wenig allein zu sein. So viel Aufregung wie heute behagt meinem armen alten Herzen nicht.«
    Während sie an der Felsengruppe ihren Umhang aufhob und dann zu jener Stelle weiterritt, wo der Pater Leutberga hingeführt hatte, verfaßte sie im Kopf das Schreiben, das sie am Abend ihrem vertrauenswürdigsten Boten nach Sachsen mitgeben würde.
    Ihre Cousine Adele möge sich des armen verwirrten Mädchens in seiner Begleitung annehmen, das sie ihr zusammen mit einer kostbaren Goldkette schicke, und dem Geschöpf in ihrer Tuchwerkstatt Arbeit geben. Während Frau Berta überlegte, ob sie noch einen Ring dazulegen sollte, scheute plötzlich ihr Pferd. Die Herrin von Mürlenbach blickte hinunter und schreckte zusammen.
    Vor ihr lag ein nackter Frauenkörper. Leutbergas Gesicht bestand nur noch aus einer einzigen blutigen Masse, und der Waldboden war weit um sie herum rot gefärbt. Langsam stieg Frau Berta ab und drehte den Leichnam um. Sie wußte, daß die unzähligen Messerstiche in Gesicht und Rücken nicht vom Pater des Hausmeiers stammen konnten.
    »Weißt du eigentlich, mit wem du verheiratet bist, mein Sohn?« murmelte sie vor sich hin, während sie etwas Reisig zusammensuchte und über dem Körper ihrer ältesten Enkelin verteilte.
    Die Rechnung des Hausmeiers ging auf: Die Männer des Gefolges waren in den Zelten viel zu beschäftigt, als daß sie die blutverschmierte Gruppe bemerkt hätten, die sich der Abtei näherte. Dafür sorgte ihr Äußeres bei anderen für Aufsehen.
    »Herrin! Was ist Euch geschehen!« rief ein Knecht bestürzt.
    »Wir sind im Wald überfallen worden«, erklärte Frau Berta knapp. »Es gelang uns zwar zu flüchten, aber leider konnten sich nicht alle retten.«
    Bertrada blickte unter einem kostbaren Tuch hochmütig vor sich hin. Ihr Marderpelz hing offen zu beiden Seiten des Pferdes herab. Sie hoffte, der Knecht würde mehr auf das Purpurkleid als auf die Frau achten, die es trug.
    »Eile zur Abtei und sorge dafür, daß meiner Gemahlin ein warmes Bad bereitet wird!« befahl Pippin dem Knecht. Die Mönche bekreuzigten sich furchtsam, als die kleine Gruppe schließlich stumm in den Klosterhof einritt.
    Wenig später erschien der Befehlshaber von Leutbergas Gefolge mit gesenktem Haupt vor Pippin. Er war so betrunken, daß er kaum aufrecht stehen konnte, aber er begriff immerhin, daß er allen Grund hatte, um sein Leben zu bangen.
    »Du hast nicht versagt. Es war mein Fehler,

Weitere Kostenlose Bücher