Die Kolonie
fremd, und Bahjat
ritt, als wäre sie auf dem Rücken eines Arabers geboren,
schnell, ausdauernd und graziös, als wären sie und der
Schimmel aus einem Guß.
Sie ritten an Olivenhainen vorbei, an Feldern mit frischer,
grüner Saat, atemlos und frei wie der Wind, unter dem funkelnden
Himmel, der wie eine umgestülpte Schüssel aus
gehämmertem Gold war, und das Wasser im Kanal zu ihrer Seite
schimmerte im Sonnenlicht.
Weit über ihnen brummte ein Hubschrauber mit den
schwarz-roten Farben des Scheichtums Al-Hazimi. Er flog so hoch,
daß er nur wie ein Tupfen im Himmel wirkte, ein kleiner Fleck
nur, der von den beiden Reitern überhaupt nicht wahrgenommen
wurde. Der Hubschrauberpilot beobachtete sie durch sein
elektronen-optisch verstärktes Fernglas, das an seinem Helm
befestigt war. Für ihn war die ganze Szene ohne Bedeutung. Da
ritt die Tochter des Scheichs wie verrückt durch die Hitze des
Tages, den Eirischen Eindringling auf den Fersen, der sich
bemühte, mit ihr Schritt zu halten. Sie waren soeben an der
Aschengrube vorbeigeritten und hatten gerade die Grenzen der
armseligen Bauernhöfe erreicht. Der Kanal war nichts weiter als
ein schmutzigbrauner Graben, nützlich aber
häßlich.
Denny trieb sein Pferd an, und das Tier reagierte entsprechend.
Doch Bahjat war ihm immer noch eine Länge voraus, ihr dichtes
schwarzes Haar fiel auf die Schultern. Sie warf einen Blick
zurück und lachte.
Dann drehte sie plötzlich vom Kanal ab, ritt an einem der
bestellten Felder entlang und auf die Ruinen eines alten
Steingebäudes zu, das auf einer kleinen Anhöhe inmitten des
Flachlandes stand. Denny folgte ihr.
Bahjat ritt in den kühlen Schatten eines massiven
Steingewölbes. Nur dieser Teil des Gebäudes war noch
intakt. Die Mauern zu beiden Seiten waren zerbröckelt. Denny
zügelte sein schnaufendes Roß und brachte es auf der
anderen Seite des Gewölbes zum Stehen.
»Der Gaul möchte weiterlaufen«, rief ihm Bahjat zu.
»Er möchte noch nicht rasten.«
»Aber ich«, sagte Denny, schwang das Bein über den
quietschenden Sattel und kam graziös zu Boden.
»Sie reiten gut«, sagte Bahjat, ihr Pferde am Zügel
führend.
»Nicht so gut wie Sie.«
»Oh, Sindbad und ich sind alte Freunde. Wir reiten schon seit
Jahren miteinander.« Das Pferd warf den Kopf zurück, als
wollte es bestätigen, was Bahjat sagte.
»Sindbad«, sagte Denny. »Sie mögen die Namen
aus Tausendundeiner Nacht.«
»O ja«, erwiderte Bahjat. »Und von allen Namen aus
diesem Märchenbuch ist mir Scheherazade der liebste.«
Er lachte sie an. »Da sind Sie nicht die einzige. Einige
dieser RUV-Narren nennen sich ebenfalls Scheherazade.«
»Wirklich?« Bahjat wandte sich etwas von ihm ab.
»Das ist wahrscheinlich diejenige, die meinen Tod
verfügt hat«, meinte er.
»Aber nein«, gab sie sofort zurück. »Das
möchte ich nicht annehmen. Wieso hätte sie so einen Mann
umbringen wollen? Sie war wahrscheinlich sehr ungehalten, als sie
erfuhr, daß ihre Freunde beschlossen hatten, Sie
anzugreifen.«
Denny machte ein saures Gesicht. »Das kann ich mir
vorstellen.«
Sie banden ihre Pferde in der Nähe einer spärlichen
Weide fest und nahmen die Sättel und das Gepäck ab. Denny
sah, daß der Boden sandig und trocken war. Hier konnte kaum
etwas wachsen. Doch da stand ein knorriger alter Baum im vollen Laub,
der sich durch die alten verwitterten Steine der eingestürzten
Mauern gekämpft hatte. Dort trugen sie ihre Satteltaschen hin
und setzten sich in den Schatten.
Bahjat packte belegte Brote und Eistee aus, und sie genossen ihr
Mahl. Einmal meinte Denny, das Geräusch der Rotoren eines
Hubschraubers gehört zu haben, aber sonst hätten sie
Hunderte von Meilen draußen in der Wüste sein können,
so einsam saßen sie da.
Er schaute auf das Sandwich, an dem er gerade kaute, dann auf
Bahjat, und er lachte.
Ihre dunklen Augen waren fragend auf ihn gerichtet.
»Sehen Sie her«, sagte er und hielt seinen Arm hoch.
»Ich kann jede Bibliothek dieser Welt anrufen und einen Computer
einschalten, der uns ein paar Verse vorliest. Gefällt Ihnen
das?«
»Ja«, sagte sie zögernd, ohne zu begreifen.
»So«, sagte er und tippte etwas in seinen
Armband-Kommunikator, »ein Gedichtband unter
Bäumen…« – er deutete auf den Baum –
»ein Laib Brot, ein Krug Wein…«
»Omar Hayyam«, sagte Bahjat. »Er war ein Perser,
und er starb in Ungnade. Ein Trunkenbold.«
»Er war ein großer Dichter.«
Bahjat meinte mit neckischem Lächeln: »Wir trinken
keinen
Weitere Kostenlose Bücher