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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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misstrauisch.
    »Magst du dich noch von mir verabschieden?«, fragte ich.
    Das Notebook machte ein Klingklang-Geräusch, als es hochfuhr. Sie kam zu mir herüber und zog ein wenig an meinen Jackenärmeln – die unbeholfene Andeutung einer zärtlichen Geste.
    »Entschuldigung.«
    Ich sagte: »Es passt dir ganz gut in den Kram, dass ich beschäftigt bin, oder?«
    Sie sagte: »Jeder Mann braucht ein Hobby.«
    »Es ist kein Hobby!«
    »Wieso regst du dich so auf?« Sie hatte die Veränderung in meinem Tonfall sofort bemerkt.
    »Weil du es abqualifizierst. Das machst du ständig – mit allem.«
    »Wie soll ich es denn nennen? Hast du ein besseres Wort?«
    »Du musst es gar nicht benennen.«
    »Na schön.« Sie hatte sich schon wieder ihrem Schreibtisch zugewandt. Ich konnte sehen, wie es sie zu ihrer Arbeit drängte, das Thema interessierte sie überhaupt nicht. Aber ich konnte es nicht auf sich beruhen lassen: »Warum akzeptierst du nicht, dass es viele Arten von Arbeit gibt?«
    »Arbeit nennst du das?«
    »Ja.«
    »Was arbeitet Tom denn?«
    »Er bringt mir zum Beispiel alles bei, was er weiß.«
    »Und was macht er, wenn du nicht dabei bist?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    Sie lachte zufrieden in ihren Bildschirm hinein. Das Notebook machte noch ein Klingklang-Geräusch. Sie hatte etwas abgespeichert. Ich merkte, wie ich ärgerlich wurde.
    »Du verstehst wenig, von dem, was er tut«, sagte ich streng. »Tom interessiert sich nicht für den Kram, mit dem wir uns abgeben. Aber das heißt nicht, dass er keinen Plan hat.«
    Sie setzte sich aufrecht hin und rückte etwas von ihrem Rechner weg, wie um sich zu sammeln. Dann sagte sie: »Tom ist wie all die jungen Männer, die in die Wildnis müssen oder den Ozean überqueren, weil sie glauben, nicht dazuzugehören. Aber er ist kein Einzelfall, und sobald ihm das klar wird, kommt er wieder von den Sternen zurück.«
    »Um was zu tun?«, rief ich aufgebracht. »Einen Doktortitel zu machen?«
    »Philipp«, Vera sprach meinen Namen ruhig und bedacht aus. »Er ist dreiundzwanzig und hat überhaupt keine Perspektive.«
    »Was soll er mit einer Perspektive?« rief ich. »Er hat ein Teleskop!«
    Auch mein Freund Ulrich fand etwas auszusetzen an Tom. Jedes Mal, wenn ich ihm von meinen Erlebnissen im Observatorium erzählte, wurde sein Grinsen geradezu unverschämt. Er schien nicht an unsere Form der beobachtenden Astronomie zu glauben. Er glaubte an Hubble und die immer neuen Superteleskope, über die nachts im Fernsehen berichtet wurde. Im Übrigen behauptete er zu wissen, wie die Kometenjagd wirklich funktionierte. Sie würde von Automaten erledigt: »Die durchforsten den Himmel jede Nacht nach beweglichen Objekten. Ich habe schon einiges darüber gelesen.«
    Ich warf ihm einen spöttischen Blick zu.
    »Du hast schon einiges darüber gelesen?«
    »Ja. Wirklich. Die suchen große Steine, die uns zu nahe kommen. Davon wollen wir ja keinen übersehen, oder? Und wenn irgendwo ein neuer Komet auftaucht, finden sie den auch. Reine Vorsichtsmaßnahme.«
    »Das kann nicht stimmen. Tom hat mir erzählt, wie viele schon mit dem Fernrohr gefunden wurden, sogar von Amateuren.«
    »Ach ja? Welche denn?«
    »Hale-Bopp wurde zur Hälfte von einem Amateur entdeckt. Der beste Komet der Neunziger. Oder Hyakutake. Tom hat sie beide als Kind gesehen.«
    »Und fällt dir da nichts auf?«
    »Nein, wieso?«
    »Das war beides in den Neunzigerjahren. Aber jetzt sind die großen Observatorien am Drücker. Sie nehmen die Sache jetzt ernster.«
    »Vielleicht gibt es Menschen, die mehr sehen als die Automaten.«
    »Digitale Fotochips sind viel lichtempfindlicher als jedes Auge.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Es ist einfach so. Du kannst es mir glauben.«
    Ich sah einen erneuten Anflug von Heiterkeit über sein Gesicht huschen. »Sollen wir noch eine Flasche öffnen?«
    »Ich glaube, ich gehe heute Nacht mal früher nach Hause.«
    Er klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. »Tom scheint ja ein netter Kerl zu sein«, sagte er.
    »Ist er.«
    »Aber er hat dir ein bisschen den Kopf verdreht mit seiner romantischen Astronomie. Menschen, die durch große Teleskope schauen …« Er blinzelte mir verschwörerisch zu.
    »Was ist daran so romantisch? Astronomen schauen durch große Teleskope. Es werden ja ständig neue und größere gebaut.«
    »Und du glaubst, da schaut jemand hindurch.«
    »Was denn sonst?«
    »Mein Alter, du hast keine Ahnung. Astronomen sitzen an Rechnern und werten Daten aus. Sie

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