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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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Handwerksfamilie. Ihr früh verstorbener Vater war, wie der meine auch, Zimmermann gewesen. Als er in die Ewigkeit befohlen wurde, hinterließ er seine blutjunge Frau und nur ein Kind, seine Tochter Magdalena.
    Magdalenas Mutter führte das ehrbare Handwerk, das sie an der Seite ihres Mannes durchaus erlernt hatte, weiter, bis auch sie am bösen Fieber dahinging. Magdalena hatte, soweit ich weiß, keine anderen Verwandten. Ihre Mutter vermachte ihr bescheidenes Vermögen der Kirche, auf dass ihr Kind in die Klosterschule und dereinst in den Konvent der Zisterzienserinnen aufgenommen werde. Es fügte sich also, dass sie dem Erzbischofe gefiel. Nun aber war sie ihres Handwerks beraubt und hatte sich wohl gar an das Leben im Überfluss gewöhnt. Wie hätte sie sich von Konrad lösen können, ohne unterzugehen? Würde sie jetzt, da sich die Stadt gegen ihn zu wenden schien, mit ihm untergehen? Demzufolge gab es weder für sie noch für meinen unglücklichen Bruder eine Rettung! Mein Herz wurde mir so kalt, wie es meine Füße waren.
    Ach, dachte ich wie einst der unglückliche Hiob, würde doch mein Gram gewogen, legte man auf die Waage auch mein Leid. Ausgelöscht sei der Tag, an dem ich geboren bin, die Nacht, die sprach: Ein Mädchen ward empfangen …
    Diesen verzweifelten Gedanken entrann ich, indem ich zu träumen begann, und ich träumte von El Arab: dass meine hohe Herrin mit ihm und mir im Gefolge fliehen würde, fliehen in das ferne Königreich Granada, von dem es hieß, dass die Anhänger Mohammeds dort herrschten, es gleichwohl aber duldeten, unseren Gott anzurufen. Auf den Schwingen der heiligen Helena gelangte ich in ein Land, das beständig von der Güte des Vaters gewärmt wurde. Unter dem Einfluss der Wärme glätteten sich die schmerzerfüllten Züge von Pater Bueno und das gemeine Grinsen des Erzbischofs wich einer heiligen Milde. Die Ziege schmiegte sich an den Löwen und siehe, sie hatte keine Angst.
    »Meine Tochter.« Die sanften Worte von Pater Gottfried, aus dessen Händen ich einstens die erste heilige Kommunion empfangen hatte, weckten mich aus meinem Traume, ohne dass es mir arg wurde. Gute Erinnerungen an Tage voller Einklang und Frieden stiegen in mir auf. Mein unerschütterlicher Glaube an die Güte des himmlischen Vaters, er hatte hier seinen Anfang genommen. Seit jenem ursprünglichen Male und dann immer und immer wieder fühlte ich bei der heiligen Eucharistie, wie die Wärme und das Glück in mich strömten: Indem ich das Fleisch und das Blut des Lammes Gottes zu mir nahm, sah und schmeckte ich, wie gut der Herr ist.
    Der Pater hatte seine knochige Hand auf meine Schulter gelegt, und ich schaute nun zu ihm hinauf. Sehr alt war er jetzt, noch weiser und gütiger als vordem.
    »Was immer du von der heiligen Helena für dich erbittest«, sagte er, »wird sie dir, Hadwig, wenn es recht ist, erfüllen. Sie hat mich noch nie enttäuscht.«
    »Nichts bitte ich für mich, ehrwürdiger Vater, denn ich bin eine Sünderin, wie Ihr wohl sehen könnt. Ich bitte für meine Herrin, die barmherzig ist und in Schwierigkeiten steckt.«
    »Wenn wir Menschen nicht Sünder wären, meine Tochter, hätte der Sohn der heiligen Jungfrau, unser Herr und Bruder, nicht zu sterben brauchen. Auch ich bin ein Sünder.« Dabei war seine Stimme wie eine Quelle von Labsal.
    »Das dürft Ihr nicht sagen! Ich kann mir nicht denken, welche Sünde Ihr hättet begehen können.«
    »O doch. Der Vater droben weiß es und freudig erwarte ich, dass er mich dafür angemessen strafen wird. Du aber, meine Tochter, bist rein. Denn ich weiß, dass du niemals ein Unrecht tun wolltest in deinem Herzen, auch wenn die Menschen es anders beurteilen, weil sie nicht ins Herz schauen wie der gütige Vater.«
    »Ihr seid so gnädig, ach, wärt doch Ihr der Erzbischof und an seiner Stelle.« Hier war der Frieden Gottes, der immer wärmt, auch wenn draußen die Kälte tobt. Konnte dieser Frieden nicht in der ganzen Stadt herrschen?
    »Derart schwere Sünden hoffe ich«, vernahm ich die Stimme des milden Greises, »nicht begangen zu haben, als dass Gott mich straft, indem er mir ein Amt gibt, das das Herz verdirbt und den Geist verwirrt. Denn glaube nicht, dass es immer an dem Menschen liegt. Dem Herrn gefällt es, manchen von uns Aufgaben zu übertragen, die niemand erfüllen kann, ohne auch Schaden an seinem Seelenheil zu nehmen. Fasse das als die Weisheit eines alten Mannes auf.«
    »Da sprecht Ihr nun fast wie El Arab, ein Gast, der bei uns

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