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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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einstimmte, obwohl es angesichts der Bedrohung, der wir tatsächlich ausgesetzt waren, gewissermaßen unecht war. So war meine Seele zerrissen zwischen meinem Wunsch, sie solle den Ernst der Lage erkennen, und demjenigen, sie möge von Herzen froh sein. Als dann das wilde Tanzen einsetzte, das man auch säuisch und unflätig nennt, weil die Weiber und Jungfrauen dermaßen herumgeschwenkt werden, dass man ihnen von hinten und vorne bis hinauf in die Weichen sieht, vergaß ein jeder, was geschehen war. Nur die zusätzlichen Wachen des Erzbischofs vor dem Tor erinnerten daran, dass etwas nicht in Ordnung war. Allein, ich konnte meiner Umstände wegen nicht mittun und hing meinen bangen Gedanken nach.
    Ach Gott, möge es gelingen, schrie es in mir, die ungerechte Anklage gegen meinen sicherlich untadeligen Bruder Rignaldo abzuwenden und den wahren Mörder seiner verdienten Strafe zuzuführen! Es schien auf der Hand zu liegen, dass der Mörder nicht nur den Hufschmied hatte beseitigen, sondern auch noch jemand anderes hatte erpressen wollen. El Arab kam als Mörder nicht in Frage, denn es wäre abwegig, wenn er sich durch den Gebrauch seines eigenen Siegels selbst verraten würde. So kam ich zu dem Schluss, dass der Mörder El Arab bedrohte. Der Mörder musste sich in den Besitz des Siegels von El Arab gebracht haben, das ihm ja, wie er sagte, abhanden gekommen war, und hatte ihm auf diese Weise eine verborgene Drohung zukommen lassen. Da mein Bruder von El Arab nichts wusste, konnte er unmöglich der gesuchte Mörder sein. Aus diesem Gedanken schöpfte ich neue Hoffnung: Wenn der Mord eine an El Arab gerichtete Erpressung gewesen war, musste dieser nämlich wollen, den wahren Mörder zu finden und unschädlich zu machen. Genau, El Arab könnte der Verbündete sein, den ich suchte …
    Während ich diese Gedanken fasste, gab es Lärm am Tor. Einige Männer, die betrunken klangen, verlangten laut, zum Erzbischofe vorgelassen zu werden. Natürlich verwehrten ihnen die Wachen den Zutritt, und es sah schon so aus, als käme es zu Handgreiflichkeiten, als seine Unwürden befahl, die Männer hereinzulassen. Es waren Konrads Widersacher Wilbert, Gildemeister der Zimmerer, und einige seiner Gildebrüder.
    Wilbert, ein hochgewachsener, eher aber fleischloser Mann mit zarten, zum Arbeiten wenig geschaffenen Fingern, hatte sich wohl Mut angetrunken, um zu wagen, vorzubringen, was er vorzubringen hatte. So trat er vor den Erzbischof hin und begann mit rauer Stimme:
    »Herr Konrad!« Er achtete nämlich keinen Titel als den der Bürger. »Ihr haltet, wie mir zu Ohren gekommen ist, einen der Unsrigen in Gewahrsam für ein Verbrechen, das von alters her Angelegenheit der Gilde ist. Gebt ihn uns heraus, und sollte unser Bruder Rignaldo ein Mörder sein, werden wir ihn nach unserem Gesetz strafen und der Gilde der Hufschmiede angemessene Entschädigung zahlen. Gleichwohl hegen wir große Zweifel an der Schuld unseres Bruders. Denn es scheint uns einleuchtend, wenn Pater Bueno sagt, dass der Mörder, feige zwar, aber mit einem gewissen Rechte Euch anklagt, Eure Schätze auf Kosten der Bürger zu vermehren.«
    Seine Unwürden machte einen Schritt auf seinen Feind zu und für einen Augenblick schien es, als käme es zu einem Gemenge, dann aber legte er dem Gildemeister einen Arm um die Schultern.
    »Herr Wilbert, wenn wir nicht so sicher wären, den Mörder zu kennen, hättet Ihr Euch durch Eure unkluge Rede selbst in Verdacht gebracht. Es entbehrt doch jeder Logik, wenn der Mörder einen der Euren, die meinen, durch unser Regiment geschädigt worden zu sein, hinterrücks ermordet und vor dem Hause einer unbescholtenen Edelfrau aufgebaut hätte. Sagt uns bitte, Herr Wilbert: Wie sollte uns das abschrecken? Wovon abhalten und wozu auffordern? Ihr seid voll des guten Weines, wie es eines Mannes würdig ist. Nicht aber ist es würdig, in diesem Zustande die Angelegenheiten des Gemeinwohls regeln zu wollen. Geht nach Hause oder besser noch, gebt uns die Ehre, mit uns zu feiern. Für unsere Händel ist morgen noch Zeit genug.«
    Es machte mich traurig, dass Wilbert es so ungeschickt angefangen hatte, um meinen erstgeborenen Bruder zu retten, und beinahe wollten mich selbst Zweifel ob seiner Unschuld beschleichen. Was der Erzbischof gesagt hatte, klang sehr einleuchtend. Die Leute waren durch Pater Buenos Predigten so von dem Gedanken besessen, der Mord müsste im Zusammenhang mit dem Erzbischof stehen, dass sie nicht mehr überlegten, ob das

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