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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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das eigene Fleisch und Blut, in seiner Raserei derart beleidigte? Mein geliebter Bruder? Wie ein Schlag mit dem Knüppel auf den Kopf kam mir seine Anklage vor.
    »Ich möchte nicht, dass du auf diese Weise redest von meiner hohen Herrin, das passt nicht zu dir, Peppino, mein zärtlicher Bruder.« Diesem schandbaren Auftritt musste ein Ende gesetzt werden. Ich nahm alle meine Kraft zusammen, um ihn in die Schranken zu weisen. »Wo ist deine Sanftmut geblieben? Gegen deine eigene Schwester erhebst du das Wort. Ich bin hergekommen, um dir in der Stunde des Todes von deinem Freund beizustehen. Das ist meine lautere Absicht gewesen. Und ich finde einen Bruder vor, den ich nicht zu kennen scheine.«
    »Das Leben, ach Schwester, ist es, was mich verzehrt. Nichts ist, wie es sein sollte«, verteidigte er sich kleinlaut.
    »Anstatt zu jammern und uns gegenseitig zu beschuldigen, sollten wir besser überlegen, wie wir unserem erstgeborenen Bruder helfen und ihn den schrecklichen Klauen des bösen Henkers entreißen können.«
    Von einem Augenblicke zum nächsten brach Peppino zusammen und schluchzte: »Es gibt keine Gerechtigkeit auf dieser Welt. Wir kleinen Leute sind zur Gänze machtlos gegen den Willen der Machthaber.«
    »Verzweiflung ist auch eine Sünde, wie du recht wohl weißt, lieber Bruder. Die Bürger von Köln sind wehrhaft und stark. Suche Wilbert auf, euren Gildemeister. Er geht keiner Auseinandersetzung mit dem Erzbischof aus dem Wege und wird Rignaldo retten. Nun aber, zärtlichster Bruder, trauere um deinen Freund, wie es sich gehört!«

In tiefe Angst gestürzt, verließ ich meinen zärtlichen Bruder Peppino um die Sext und hoffte, dass er wirklich Gildemeister Wilbert, dem Erzfeind von seinen Unwürden, aufsuchen werde. Meine Absicht war, stracks zu meiner hohen Herrin zurückzukehren, damit sie meine unerlaubte Abwesenheit nicht bemerken sollte. Wie von Sinnen trugen mich meine Beine aber den Weg über den verruchten Berlich, die Schwalben- und Langgasse zur Breiten Straße. An der Ecke zur Rosengasse oberhalb des Klosters der minderen Brüder wurde ich dann nämlich von einer tobenden Menge aufgehalten. Die Menschen hatten sich der Kälte des Winters zum Trotze um Pater Bueno versammelt, der eine Predigt hielt.
    Im merkwürdigen Gegensatz zu seiner gebrechlichen greisenhaften Erscheinung und seinem üblichem Gekrächze erhob er nun eine mächtige Stimme wie ein Donnerhall:
    »Brüder in Christo. Noch zählen wir die Jahre nach der Fleischwerdung des Herrn.
    Noch!
    Wann aber werden die Machthaber mit ihren eigenen Jahren rechnen?
    Wann?
    Hat nicht Konrad schon begonnen, das Geld gemäß seiner eigenen Gewichtseinheiten zu wägen?
    Hat er das? Ja oder nein?
    Ja, er hat! Ja, er hat!
    So wird sein Hochmut ihn nicht abhalten, auch unsere Zeit zu bestimmen, um uns vom Herrn abzulenken.
    Sein Hochmut!
    Sein verdammter Hochmut!
    Sein höllischer Hochmut!
    Das ist nichts als der Hochmut eines gottverdammten Arschlochs!
    Steht denn nicht geschrieben: Ihr sollt an keine Zeichen glauben. Und fragt er nicht seinen Sterndeuter, der offensichtlich mit dem Teufel im Bunde steht, nach den Zeichen des Himmels?
    Das, Brüder, ist immer das Ziel der Machthaber, der gottverdammten Arschlöcher, wenn sie den Weg der Tugend verlassen: Sie wollen, dass auch wir zu Sündern werden gegen den Herren, auf dass sein Zorn nicht sie allein, sondern uns alle trifft.
    Ablenken vom Herrn! Ablenken von der übergroßen Herrlichkeit des Herrn!
    Sich mit ihren schweinischen Pfäffinnen vergnügen, aber nicht die Strafe des Herrn tragen. Die Strafe des Herrn! Aber sie wird sie treffen, die Strafe des Herrn!
    Lasst uns Abstand nehmen von ihnen! Auf dass die gerechte Strafe des Herrn nicht uns treffe. Lasst ihn die gerechte Strafe tragen. Wir nehmen Abstand und bleiben unserem Vater treu!
    Ihr lieben Brüder in Christo! Ich frage euch: Ist denn unser Herr Jesus Christus in einem herrlichen Palaste zur Welt gekommen?
    Ist ein Palast herrlich? Nein, ein Palast ist ein stinkender Ort! Ein Palast so wie der stinkende Palast, in welchem Konrad haust! Ein Palast stinkt zum Himmel! Er aber, unser Retter, wurde in einer armen, wiewohl wahrhaft herrlichen Scheune geboren!
    War er mit teurem Purpur umgeben?
    War er das, ich frage euch also! Purpur, wie es ihn umgibt? Oder nicht mit einfachem Stroh!
    Ich frage euch nun, Brüder in Christo: Wer sind die, die unserem Herrn Jesus nachfolgen?
    Wer folgt ihm nach, der mein einziger Herr sein darf?
    Sind es

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