Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
Vom Netzwerk:
die, die in den vor Prunk stinkenden Palästen wohnen und sich aufblähen, weil sie den Titel der Nachfolge führen dürfen? Oder sind es die, die in Bescheidenheit und Demut barfuß durch den Staub wandern, um den Menschen die frohe Botschaft zu verkündigen und die Ehrfurcht vor der Schöpfung des Herrn?
    Ihr habt es alle gehört? Oder etwa nicht? Wer hat es nicht gehört? Seht ihr, ihr alle habt es gehört. Und manche von uns haben es auch gesehen: Der Herr hat dem obersten Sünder von Köln, dem nichtswürdigen Erzbischofe, heute Morgen eine Mahnung zuteil werden lassen.
    Schlage diese Mahnung nicht aus, o Konrad, unglückseliger! Denn diese Mahnung kommt unmittelbar von Gott! Gepriesen sei der Herr!
    Den Kopf des Enthaupteten fand man vor dem Hause seiner Pfäffin. Ist dies nicht Mahnung genug?
    Muss der Herr noch deutlicher reden?
    Wer nicht hören will, der wird fühlen.
    Und ihr, ihr alle, ihr werdet wie der Hufschmied enden, wenn ihr nicht inne haltet, wenn ihr nicht umkehrt, wenn ihr euch nicht von dem obersten Sünder abkehrt und dem Herrn zukehrt …«
    Verwirrt rannte ich davon. Denn Pater Bueno hatte gut gesprochen. Der Bruder war nach dem Tode des heiligen Franziskus 1226, unter dessen ersten Gefährten er sich befand, zur Mission aufgebrochen und gemeinsam mit vielen seiner Angehörigen zufällig nach Köln gekommen. Seine oft mit derben Worten verbreitete Botschaft der heiligen Einfalt und Armut zog durchaus Gefolgsleute an, erregte jedoch auch heftige Abwehr. Zusammen mit den ersten Familien der Stadt versuchte der damalige Erzbischof, Bueno aus Köln zu verjagen. Er und seine Anhänger widersetzten sich erfolgreich und gründeten das Minoritenkloster. Bueno war zwar der erste unter den Franziskanern, aber er weigerte sich stets, ihr Abt zu werden, da er jede Ordnung ablehnte. Er sagte, es sei der Wille des heiligen Franz gewesen, dass die Brüder ohne Regel lebten, und die Statuten des Ordens seien durch eine nichtswürdige Verschwörung mit den weltlich ausgerichteten Kirchenfürsten entstanden. Obgleich Pater Bueno großes Vertrauen unter den Bürgern als ehrlicher Gottesmann genoss, hatte er wenig Erfolg, die Menschen zu einer Abkehr von ihrer verschwenderischen und unkeuschen Lebensweise zu bewegen.
    Hatte Pater Bueno wirklich gut gesprochen? Oder war seine flammende Rede, wie einst ein hochgelehrter Mann, nämlich Abaelard, über seinen unwürdigen Lehrer sagte, nur ein Feuer, welches unser Köln mit Rauch füllten würde, statt es zu erleuchten?
    Benommen ging ich in die verkehrte Richtung, also die Breite Straße aufwärts, bis ich beim Kloster St. Apern rechts einbog und schließlich durch den Quintiusweingart lief, so dass ich dann, ohne mir bewusst gewesen zu sein, wohin mich meine Fuße trugen, vor den Toren der Kirche meiner Kindheit, St. Gereon, stand. Ich trat ein und fiel in der Taufkapelle vor dem Bildnis der heiligen Helena auf die Knie. Dort schwebte sie, die einst das Kreuz des Herrn im heiligen Land gefunden hatte und daraufhin dem Herrn diese Kapelle erbauen ließ, die Welt in ihrer gütigen Hand haltend und über uns sündigen Menschen wachend.
    Nein, ich betete nicht für mich, denn ich bin eine Sünderin, ich betete für die Rettung meines Bruders Rignaldo aus den Klauen dieses Unwürdigen – unwürdig des geistlichen Amtes, das er bekleidete, und unwürdig der Herrschaft über unser schönes Köln, die er an sich gerissen hatte. Da Rignaldo in meinen Augen nicht schuldig sein konnte, musste es so sein, dass seine Unwürden eine geheime, böse Absicht verfolgte. Mich durchzuckte blankes Entsetzen. Da ich im Dienste der hohen Herrin stand, war ich gewissermaßen auch dem Erzbischof gegenüber zur Treue verpflichtet – gleichzeitig aber musste ich auf seinen Untergang hoffen. Denn einer ungerechten Anklage entkommen einfache, unbescholtene Bürger nicht, wenn es den Machthabern gefällt, sie zu verderben. Ich brauchte einen Verbündeten, wenn ich je Aussicht haben sollte, meinen Bruder zu retten. Würde Peppino den Gildemeister Wilbert aufsuchen? Und würde dieser sich der Sache von Rignaldo annehmen?
    Auf die Unterstützung von der hohen Herrin konnte ich kaum setzen, denn sie hatte keine Wahl, als ihre unwürdige Verbindung mit Konrad fortzusetzen. Ihre zarten Hände würden es nicht vermögen, wie einst die ihrer überaus tapferen, seligen Mutter, das Handwerk ihres Vaters aufzunehmen. Gleichwohl der Erzbischof sie als Edelfrau ansprechen ließ, stammte sie aus einer

Weitere Kostenlose Bücher