Die Kreatur
mich zukommt.«
»Was hast du dir denn vorgestellt, du dumme Gans? Richard Gere und Pretty Woman ?«
»Er ist hässlich und er stinkt.«
»Joyce, Schätzchen, sie sind alle hässlich, und sie stinken alle. Nach dem fünfzigsten fällt es dir nicht mehr auf.«
Das Mädchen sah Deucalion zuerst, und ihre weit aufgerissenen Augen brachten Wayne dazu, sich umzudrehen.
»Lass sie los«, riet ihm Deucalion.
Der Motorradfahrer – kräftig gebaut und mit einem grausamen Gesicht – ließ sich davon überhaupt nicht beeindrucken.
»Wenn du ganz schnell von hier verschwindest, Lone Ranger, dann kommst du vielleicht noch mal mit heilen Eiern davon. «
Deucalion packte den rechten Arm seines Gegners und bog ihn ihm so plötzlich und mit solcher Gewalt auf den Rücken, dass die Schulter mit einem lauten Krachen brach. Er schleuderte den kräftigen Kerl von sich.
Nach einem kurzen Sturzflug landete Wayne auf der Fresse, und sein Schrei wurde von einem Mund voll Asphalt erstickt.
Deucalion hätte dem Motorradfahrer nur einmal kräftig seinen Fuß in den Nacken rammen müssen, um ihm das Rückgrat zu brechen, doch die Erinnerung an den Pöbel mit Fackeln und Mistgabeln in einem anderen Jahrhundert ließ ihn sich zusammenreißen.
Er drehte sich zu dem surrenden Geräusch um, mit dem jemand eine Kette schwang.
Ein weiterer Motorradfan, eine groteske Gestalt mit einem boshaften Grinsen, Piercings in einer Augenbraue, in der Nase und in der Zunge und mit einem stacheligen roten Bart, stürzte sich leichtsinnig in den Kampf.
Statt dem Hieb mit der Kette auszuweichen, ging Deucalion auf seinen Angreifer zu. Die Kette legte sich um seinen linken Arm. Er packte sie und gab ihr einen Ruck, der den Kerl mit dem roten Bart aus dem Gleichgewicht brachte.
Der Kerl hatte einen Pferdeschwanz, der sich blendend als Griff eignete.
Deucalion hob ihn daran hoch, versetzte ihm einen Hieb und warf ihn durch die Luft.
Im Besitz der Kette ging er auf einen dritten Schlägertyp los und ließ sie auf seine Knie sausen.
Der Getroffene schrie auf und fiel hin. Deucalion half ihm an der Kehle und am Schritt vom Boden hoch und knallte ihn in den vierten der vier Vollstrecker.
Im Takt der Band, die in der Bar spielte, donnerte er ihre Schädel an eine Mauer und rief großes Elend und vielleicht auch eine Spur von Reue hervor.
Die Kunden, die zwischen dem Pornoladen, dem Freudenhaus und der Bar pendelten, waren bereits aus der Gasse geflohen. Die Dealer auf Rädern waren mitsamt ihren Waren davongerollt.
Die Zuhälterschlitten wurden in rascher Folge hintereinander angelassen. Niemand fuhr auf Deucalion zu. Sie brausten rückwärts aus der Gasse.
Ein überlanger Cadillac krachte in einen gelben Mercedes.
Keiner der beiden Fahrer hielt an, um dem anderen den Namen seines Versicherungsvertreters zu nennen.
Im nächsten Moment waren Deucalion und das junge Mädchen namens Joyce allein mit den unschädlich gemachten Motorradfahrern,
wenngleich sie mit Sicherheit durch Türen und Fenster beobachtet wurden.
In der Bar spielten die Zydecomusiker weiter, ohne zu stocken. Die Musik schien die dicke, schwüle Luft flimmern zu lassen.
Deucalion begleitete das Mädchen bis zur nächsten Kreuzung, an der die finstere Gasse auf eine breitere Straße traf. Er sagte kein Wort, aber Joyce brauchte auch gar keinen Zuspruch, um an seiner Seite zu bleiben.
Sie ging zwar mit ihm, doch sie fürchtete sich ganz offensichtlich. Dazu hatte sie auch guten Grund.
Das Gefecht in der Gasse hatte Deucalions Wut nicht abflauen lassen. Wenn er sich vollständig im Griff hatte, war sein Geist eine jahrhundertealte Villa, die mit reicher Erfahrung, eleganten Gedanken und philosophischen Betrachtungen eingerichtet war. Wenn er jedoch so wie jetzt die Selbstbeherrschung verlor, war sein Geist ein Beinhaus mit vielen dunklen, kalten Räumen: dunkel vom Blut und kalt von seinem Drang zu morden.
Als sie unter einer Straßenlaterne vorbeikamen und auf die flatternden Schatten von Nachtfaltern traten, die über ihnen ums Licht schwirrten, blickte das Mädchen zu ihm auf. Er nahm wahr, dass sie erschauerte.
Sie schien ebenso bestürzt wie verängstigt zu sein, als sei sie gerade aus einem schlimmen Traum erwacht und wüsste noch nicht zu unterscheiden zwischen dem, was wahr sein könnte, und den Überbleibseln ihres Albtraums.
Im Dunkel zwischen den Straßenlaternen, als Deucalion ihr eine Hand auf die Schulter legte und sie Schatten gegen andere Schatten austauschten und
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