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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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Goldmarkt, wo sie ab und an nette Gesellschaft fand, die ihre Dienste mit barer Münze belohnte. Das war ihr angenehmer, als zwischen den muffigen, getrockneten Kräutern zu hocken. Außerdem würden sie, wenn die Ritterheere endlich kamen, Geld brauchen, um sich mit dem nötigen Proviant zu versehen. All das, was Ursula lernte, würde ihnen sicherlich auch weiterhelfen, aber bis dahin mussten sie erst einmal kommen, und Hilde wusste, ohne genug Münzen würde es kaum gehen.
    Solange es noch nicht zu kalt war, ging Melpomene mit Ursula aus der Stadt und zeigte ihr all die Stellen, an denen Kyrilla Pflanzen gesammelt hatte. Mittlerweile war ihr der Weg zu weit. Sie erklärte den beiden jungen Frauen, was sie alles bräuchte und wonach sie suchen sollten. Ursula genoss diese Gänge mit Melpomene sehr. Sie hätten Schwestern sein können, längst waren sie einander gute Freundinnen geworden. Ursula lernte viele neue Pflanzen kennen, verinnerlichte die von der Heimat so unterschiedliche Beschaffenheit der Pflanzenwelt und kannte sich bald schon so gut in der Gegend rund um Konstantinopel aus, dass sie hin und wieder auch ganz für sich loszog.
    Kalte Winde und häufige Regenfälle kündigten vom Ende des Jahres, und Hilde wurde langsam ungeduldig. „Wann kommen denn die Ritter aus Franken endlich?“, murrte sie, und Straton musste aushalten, dass sie ihn mehrmals am Tag fragte, ob er von der Mauer herab nicht die ersten Ritter gesehen hätte. Dabei gab sich der Wachsoldat größte Mühe, Ursula und Hilde immer auf dem neuesten Stand zu halten.

Konstantinopel,
27. Oktober 1096
    Nach zwei Monaten brachte er zum ersten Mal wirkliche Neuigkeiten. Der Tag war trüb, und das Wetter legte sich auf die Gemüter der Frauen. Kyrilla spürte die feuchte Kälte in den Knochen und hatte sich zurückgezogen. Hilde und Ursula saßen beim Herdfeuer und starrten schweigend in die Flammen.
    „Der Einsiedler ist wieder in der Stadt.“ Mit diesem Satz polterte Straton herein. Ursula und Hilde sahen ihn ungläubig an.
    Straton setzte sich zu ihnen und erzählte: „Er soll sich bereits seit über einer Woche im Palast des Basileus aufhalten. Eine der Palastwachen hat es mir erzählt. Der Einsiedler und einige wenige wurden im Schutze der Nacht über die Meerenge und zu Kaiser Alexios gebracht. Die Wache hat mit einigen von ihnen gesprochen. Der schmutzige Mönch hat nicht auf den Rat des Kaisers gehört und auf die Ritter gewartet, ein Teil seiner Leute ist sogar nach Nikaia gezogen und hat die Stadt angegriffen. Es muss immer wieder zu Kämpfen mit den Turkmenen gekommen sein, und zuletzt geriet der gesamte Zug der Pilger in einen Hinterhalt. Es wurden alle getötet. Nur die kräftigsten Frauen und Kinder wurden für den Sklavenmarkt bewahrt. Der Einsiedler und vielleicht ein paar Handvoll schafften es zu fliehen.“
    „Oh Gott, Hilde!“ Ursula konnte ihren Schrecken nicht verbergen. „Stell dir vor, wir wären doch mitgegangen. Wir wären tot, oder man würde uns verkaufen. Ob Raimund auch tot ist?“, fragte sie laut, und innerlich fügte sie „Und Ludger?“, hinzu.
    „Bestimmt“, meinte Straton, „es ist so gut wie niemand zurückgekommen. Vielleicht, wenn man bedenkt, dass sich der ein oder andere in die Stadt geschlichen hat oder drüben am anderen Ufer in Nikomedeia Schutz fand, sind das vielleicht vierhundert Seelen.“
    Hilde zog die Brauen zusammen. Die Vorstellung, jenseits des Meeres gebe es einen Feind, der in der Lage war, diese unheimlich große Zahl der Pilger allesamt abzuschlachten, behagte ihr nicht. Doch dieser Furcht wollte sie keinen Raum in ihrem Herzen gewähren. „Gott hat uns davor bewahrt, und er wird auch weiter seine Hand über uns halten“, antwortete sie Ursula. „Wenn bloß die Ritter endlich kämen“, fügte sie seufzend noch hinzu.
    „Sie sind unterwegs“, versuchte Straton sie zu beruhigen. „Es gab einige Nachrichten, dass die Franken bereits mit Schiffen bei Avlona an der Westgrenze des Reiches gelandet seien. Die Normannen, die südlich der Stadt Rom lagen, sollen sich unter ihrem Führer Bohemund und dessen Neffen Tankred ebenfalls auf den Weg gemacht haben. Weitere Franken, die Heere des Herzogs Gottfried von Lothringen, Balduin von Boulogne und Graf Raimund von Toulouse sollen auf dem Landweg unterwegs nach Konstantinopel sein. Es wird sicherlich noch bis zum Ende des Winters dauern, aber sie sind unterwegs, Hilde, keine Angst, sie kommen.“
    Stratons Bemühungen hatten beinahe

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