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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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Lagers. Hinter dem ersten dürren Busch ging sie vorsichtig in die Hocke und befreite sich von dem unangenehmen Druck. Als sie wieder stand, fühlte sie sich bedeutend besser und hatte eine Idee. „Wenn ich schon mal unterwegs bin“, dachte sie bei sich, „kann ich gleich mal schauen, ob ich nicht ein paar Kräuter für einen entspannenden und lindernden Sud finde.“ So wie jedes Mal, wenn sie sich anschickte, ihr Wissen um all die Kräfte der Pflanzen zu benutzen, dachte sie voller Dankbarkeit an Ester, die alte Bäuerin, die sie in den Jahren auf dem Hof darin unterrichtet hatte. Mit kleinen Schritten kehrte sie zum Zelt zurück, trank noch einen Schluck und griff sich ihren Beutel. So ausgerüstet kehrte sie den Zelten den Rücken zu und mühte sich bedächtig den nächsten Hügel hinauf. Ihre Blicke richtete sie vor sich auf den Boden. Die verschiedenen Gewächse musternd, die hier auf dem kargen Boden wuchsen, suchte sie nach vertrauten Blüten oder Blattformen. So stapfte sie eine ganze Weile vor sich hin, die Hände in die Hüften gestützt, ihren runden Bauch vor sich her tragend, als ihr plötzlich ein vertrauter Geruch in die Nase stach. Der Herkunft dieses Aromas nachspürend, hatte sich vor ihrem inneren Auge bereits die dazugehörige Pflanze geformt, und die Erinnerung an ihren Nutzen stimmte sie zuversichtlich. „Majoran, sehr gut, der kann helfen.“ Einige Schritte weiter erstreckten sich die Pflanzen mit den weiß bis zart rosafarbenen Blütendolden über eine kleine Mulde. Ursula zog einige Blätter von den Stengeln, zerrieb diese zwischen ihren Handflächen und führte sie dann gefaltet zur Nase. Tief sog sie den würzigen Duft ein. „Hmm, sehr gut.“ Der Lust folgend, ließ sie sich zwischen die Kräuter sinken, genoss den Geruch und schloss verzückt die Augen. Wieder stieg Dankbarkeit in ihr auf. Ob Ester je geahnt hatte, wie viel Gutes die Weitergabe ihres Wissens an Ursula im Leben des Mädchens bewirken würde? Ohne dieses Wissen wäre sie jetzt wahrscheinlich nicht hier. Sie schloss die Augen und erinnerte sich daran, wie alles begann.

Auf dem Hof des Bauern Matthes,
Sommer 1094
    Gebückt auf ihren Stock gestützt stand die alte Frau am Rand der Wiese und wiegte den Kopf hin und her. An den Rändern ihrer Haube zeigten sich einige weiße Strähnen, die der Wind hervorgezerrt hatte. Ursula sah sich durch das Gras hüpfend zur Alten eilen. „Was schaust du da, Ester?“
    Die Angesprochene hob den Kopf ein wenig. Schräg nach oben blinzelnd lächelte sie dem jungen Mitglied der kleinen Hofgemeinschaft entgegen und antwortete: „Was da wächst, mein Mädel, was da wächst.“
    „Und was wächst da?“
    „Gutes Kraut. Feines Kraut, das hilft, wenn du nicht schlafen kannst oder gar zu zappelig bist.“ Und sie zeigte mit ihren knorrigen Fingern auf ein Gewächs mit kleinen fedrigen Blattreihen, das zwischen den Grasbüscheln seine jungen Triebe der Sonne entgegenreckte. „Kann auch vor Geistern schützen, aber noch ist die Pflanze zu jung, zu jung. Muss noch eine Weile wachsen, damit viel Saft und Kraft in die Wurzeln geht.“
    Ursula sah das Mütterchen mit offenem Mund staunend an. Ester kicherte angesichts des sprachlosen Mädchens. Um ihren beinahe zahnlosen Mund und ihre hellen Augen herum vertieften sich dabei die Furchen der unzähligen Falten ihres Gesichts.
    „Woher weißt du das? Wie macht die Pflanze das?“, wollte Ursula wissen, nachdem das erste Erstaunen von ihr gewichen war. Ester wiegte schweigend den Kopf.
    „Komm“, sagte sie schließlich, richtete sich auf, nahm das Mädchen an die Hand und führte es zu einem in der Nähe liegenden Baumstamm. „Lass uns hier kurz sitzen.“ Langsam ließ sich die alte Frau auf den Stamm sinken, und Ursula musste sie dabei stützen. Als sie sich neben Ester niedergelassen hatte, schwieg die alte Frau noch eine Weile. Das Kind neben ihr merkte, es war jetzt besser zu schweigen, auch wenn ihm Hunderte von Fragen auf der Zunge brannten. In Ursulas Kopf herrschte die reine Neugierde.
    „Ganz altes Wissen. Immer wieder weitergegeben von Mutter zur Tochter und deren Tochter und der Tochter der Tochter der Tochter. Meine Mutter hat mir viele Pflanzen gezeigt und mir beigebracht, welche Kräfte in ihnen wohnen und wie man sie benutzen kann. Nur ich, ich habe keine Tochter, und wenn ich sterbe, stirbt mein Wissen mit mir. Ingrid weiß ein wenig, doch ich weiß viel mehr. So ist das Leben. Unser Herrgott weiß, wozu es gut war. Ja, er

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