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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Stirn zu bieten; nun, nach dem Ende des zweiten Kreuzzugs, musste er sich mit einer zunehmend unterwürfigen Beziehung zu Nur ad-Din zufriedengeben.
    Der lateinische Angriff auf Damaskus im Jahr 1148 führte außerdem dazu, dass sich die antifränkische Haltung in der breiten Öffentlichkeit von Damaskus noch weiter vertiefte. Schon nach relativ kurzer Zeit öffneten Unur und die herrschende Elite der Buriden die diplomatischen Kanäle zum Königreich Jerusalem wieder, doch die Bereitschaft für eine Bündnispolitik mit Palästina war nun deutlich im Schwinden begriffen.
    Die Grafschaft Edessa wird verteilt
    Die Stadt Aleppo hatte den zweiten Kreuzzug unversehrt überstanden; der lateinische Feldzug hatte Nur ad-Dins Position in Nordsyrien wohl eher noch gefestigt. Natürlich war durch den Kreuzzug nichts geschehen, was die Eroberungen der Zangiden in der Grafschaft Edessa rückgängig gemacht hätte. In den folgenden Jahren wurden die Scherben des einstigen ersten Kreuzfahrerstaates allmählich vom Islam aufgesammelt. Graf Joscelin sah sich von drei Seiten bedrängt – denn Nur ad-Din, Masud von Konya und die Artuqiden von Diyar Bakr stritten sich um das Territorium von Edessa –, und er versuchte, sich ein gewisses Maß an Sicherheit zu erkaufen, indem er mit Aleppo einen für ihn selbst demütigenden Waffenstillstand aushandelte. Als er jedoch im Jahr 1150 gefangen genommen wurde, ließ dem Emir der Zustand seines «Verbündeten« fast ungerührt; der Franke wurde in den Kerker geworfen, möglicherweise seines Augenlichts beraubt, und blieb dort bis zu seinem Tod neun Jahre später.
    Anhänger der Zangiden nutzten Joscelins Machtverlust nach Kräften aus. Ein muslimischer Chronist beschrieb ihn als einen »unversöhnlichen [260] Teufel«, einen »grimmigen, grausamen Gegner der Muslime«, dessen »Gefangennahme der gesamten Christenheit einen Schlag versetzt« habe. Der Dichter Ibn al-Qaysarani (der mittlerweile zu Nur ad-Dins Hof gehörte) ging noch einen Schritt weiter, indem er versicherte, dass auch Jerusalem selbst bald »gesäubert« werde. 9
    Während Joscelins Gefangenschaft trat seine Gemahlin Beatrice die Reste der lateinischen Grafschaft an die Byzantiner ab, womit sie einen Flüchtlingsstrom fränkischer und orthodoxer Christen auslöste, die allesamt Zuflucht in Antiochia suchten. Die Gräfin siedelte nach Palästina über, wo ihre beiden Kinder – Joscelin III. und Agnes – später eine bedeutende politische Rolle spielen sollten. Es stellte sich dann heraus, dass selbst die Griechen nicht in der Lage waren, diese isolierten Außenposten zu verteidigen, und als Tell Bashir sich im Jahr 1151 den Truppen Nur ad-Dins ergeben musste, war es mit der Grafschaft Edessa ein für allemal vorbei. Die Zangiden hatten einen der vier Kreuzfahrerstaaten ausgelöscht.

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    [261] NUR AD-DIN – LICHT DES GLAUBENS
    N ur ad-Din entwickelte sich in der Phase, die auf den zweiten Kreuzzug folgte, zur bedeutendsten muslimischen Herrscherpersönlichkeit im Vorderen Orient. Er sollte später Syrien zu einer Einheit zusammenführen, die zangidische Macht bis nach Ägypten ausdehnen und mehrere Siege gegen die christlichen Franken erringen. Er wurde zu einer der wichtigsten Lichtgestalten des mittelalterlichen Islams, gefeiert als unermüdlicher Kämpfer für die sunnitische Orthodoxie und als Vorkämpfer des Dschihads gegen das lateinische Outremer. Tatsächlich bedeutet ja der Name »Nur ad-Din«, mit dem er in die Geschichte einging, buchstäblich »Licht des Glaubens«.
    Muslimische Chronisten jener Zeit stellten Nur ad-Din überwiegend als den Archetyp eines vollkommenen islamischen Herrschers dar – von tiefer Frömmigkeit, milde und gerecht; bescheiden und ernst, dabei gebildet; tapfer und gewandt in der Schlacht und der Sache des Krieges um das Heilige Land ganz und gar ergeben. Diese Sicht wurde am prägnantesten von dem großen irakischen Historiker Ibn al-Athir (gest. 1233) zum Ausdruck gebracht, der im frühen 13. Jahrhundert in Mosul schrieb, als diese Stadt noch von den Mitgliedern der Zangiden-Dynastie regiert wurde, der auch Nur ad-Din angehörte. Neben vielen anderen Werken verfasste Ibn al-Athir auch eine umfangreiche Darstellung der Geschichte der Menschheit, die mit der Schöpfung begann, und sogar in dieser Chronik erscheint Nur ad-Din als die wichtigste Hauptfigur. »Der Ruhm seiner guten Herrschaft und seiner Gerechtigkeit«, so hieß es dort, »ging um die Welt«, und »seine guten Eigenschaften

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