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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Ländereien in Nablus zu vertreiben, dann die Königin in der Heiligen Stadt selbst zu belagern, um ihre Abdankung zu erzwingen und sein Recht auf unabhängige Regierung durchzusetzen.
    Trotz des chronisch geschwächten Zustands seines angeblichen Feindes unternahm Nur ad-Din kaum etwas, um gezielt die Interessen des Dschihads gegen die Christen zu verfolgen. Stattdessen konzentrierte er auch weiterhin den Hauptteil seiner Energie und seiner Ressourcen auf die Eroberung von Damaskus. Diejenigen, die Nur ad-Din zu einem Helden des heiligen Krieges für den Islam stilisieren wollten – seien dies nun muslimische Chronisten im Mittelalter oder moderne Historiker –, vertraten die These, dass diese verbissene Konzentration auf die Unterwerfung Syriens lediglich ein Mittel zum Zweck war; dass der Herr von Aleppo sich nur dann Hoffnungen auf einen Sieg im eigentlich bedeutsamen Kampf gegen die Franken machen konnte, wenn er verhinderte, dass Damaskus von den Christen eingenommen wurde, und wenn er den Islam vereinte und die Muslime zu gemeinsamem Handeln bewegte. 5 Zangi hatte Damaskus lange im Visier gehabt, war jedoch immer wieder von Ereignissen in Mesopotamien abgelenkt worden. In den nächsten fünf Jahren blieb Nur ad-Din dieser Beute mit größerer Konsequenz auf der Spur und bediente sich dafür unterschiedlichster Taktiken. Die wichtigsten Waffen seines Vaters waren immer Einschüchterung und Angst gewesen. Er hatte die Bevölkerung von Baalbek abgeschlachtet, nachdem er ihr versprochen hatte, sie für den Fall, dass sie sich ergäbe, am [270] Leben zu lassen – in der vergeblichen Hoffnung, damit Damaskus derartig in Angst und Schrecken zu versetzen, dass es einlenken würde. Nur ad-Din hatte möglicherweise aus diesem Scheitern gelernt. Er ging anders vor, indem er sich um den Kampf um Herz und Verstand der Menschen genauso kümmerte wie um den Einsatz von Waffengewalt.
    Die Herrschaft über Damaskus lag nun in der Hand Abaqs, eines weiteren Mitglieds der schwachen Buriden-Dynastie, sowie seinem engen Kreis von Beratern, doch war ihre Machtposition alles andere als stabil. Im April 1150 reagierte Nur ad-Din auf Berichte von Überfällen der Lateiner auf den Hauran, das Grenzgebiet zwischen Jerusalem und Damaskus, indem er Abaq aufforderte, ihn bei der Vertreibung der Franken zu unterstützen. Dann begab er sich mit seinem eigenen Heer ins südliche Syrien und marschierte in Richtung Baalbek. Genau wie er es erwartet hatte, entzog sich Abaq mit »fadenscheinigen Argumenten und Heuchelei«, während er gleichzeitig Gesandte losschickte, um mit König Balduin III. einen neuen Pakt auszuhandeln.
    Nur ad-Din hatte sein Lager jetzt nördlich von Damaskus aufgeschlagen und behielt ein wachsames Auge auf die Disziplin seiner Truppen; er verhinderte, dass sie »in den Dörfern plünderten oder sich sonst etwas zuschulden kommen ließen«, während er gleichzeitig den diplomatischen Druck auf Abaq erhöhte. In Damaskus tauchten Botschaften auf, die den Buriden-Herrscher dafür kritisierten, dass er die Franken unterstützte und ihnen Abgaben leistete, finanziert von Geldern, die er »den Armen und Schwachen unter [den Damaszenern]« gestohlen hatte. Nur ad-Din versicherte Abaq, dass er nicht die Absicht habe, die Stadt anzugreifen, sondern dass ihm vielmehr Allah Macht und Mittel verliehen habe, damit er »den Muslimen Hilfe bringen und einen heiligen Krieg gegen die Anhänger der Vielgötterei führen« könne – worauf Abaq nur unverblümt antwortete, dass »es zwischen uns nichts gibt außer dem Schwert«. Nur ad-Dins bestimmtes und doch maßvolles Vorgehen scheint dennoch erfolgreich gewesen zu sein, denn die öffentliche Meinung in Damaskus veränderte sich allmählich zu seinen Gunsten. Ein muslimischer Bewohner der Stadt bezeugte sogar, dass »das Volk von Damaskus unablässig für ihn betete«.
    Nur ad-Din beendete dann diesen ersten Schlagabtausch, dessen Ertrag nur relativ dürftig war. Aber trotz seiner erwiesenen Tapferkeit willigte Abaq später doch noch ein, den Waffenstillstand mit Aleppo zu erneuern; [271] er fügte sich der Oberherrschaft Nur ad-Dins und ordnete an, dass sein Name im Freitagsgebet vom Vorbeter genannt und auf damaszenische Münzen geprägt wurde. Man mag diese Gesten als nur symbolisch abtun, doch damit würde man verkennen, dass so die Unterwerfung von Damaskus mit einem Minimum an Blutvergießen begonnen wurde. In den nächsten Jahren behielt Nur ad-Din den diplomatischen und

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