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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Angriffe gegen die Franken lostreten würde. Tatsächlich aber belegen zeitgenössische arabische Zeugnisse, [273] dass Nur ad-Din nach der Besetzung von Damaskus neue Friedensverträge mit dem lateinischen Palästina aushandelte. Am 28. Mai 1155 wurden mit Jerusalem für die Dauer eines Jahres Waffenstillstandsbedingungen vereinbart. Im November 1156 wurde der Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert, diesmal mit der Klausel, »dass der Tribut, der [den Franken] von Damaskus bezahlt wird, 8000 Dinare von Tyros betragen soll«. Nur ad-Din konzentrierte sich nach 1154 ganz und gar nicht auf den heiligen Krieg, sondern widmete sich ganz überwiegend der Eroberung von weiteren Gebieten aus der Hand von Muslimen – er bezwang Baalbek und profitierte vom Tod Masuds, des seldschukischen Sultans von Anatolien, indem er sich Gebiete im Norden aneignete. Die Verträge mit den Christen und die Tributzahlungen an sie, die in den Jahren zuvor immer so geschmäht worden waren, hatten nun den Zweck, das damaszenische Territorium für Nur ad-Din zu sichern. 6
    Damaskus – »Paradies des Orients«
    Nur ad-Dins Eroberung von Damaskus leitete zwar keine sofortige Wiederbelebung des Dschihad-Gedankens ein, aber sie war ein Wendepunkt in der Geschichte der Zangiden. Die Dynastie regierte nun die größte Stadt Syriens – die Stadt, die ein muslimischer Pilger im 12. Jahrhundert als »Paradies des Orients [. . .] das strahlende Siegel der Länder des Islams« beschrieben hatte. Damaskus ist eine der ältesten ständig bewohnten Siedlungen auf der ganzen Welt, es blickt auf eine Geschichte zurück, die bis etwa 9000 v. Chr. reicht.
    Mitten in Damaskus stand die große Omajjaden-Moschee – wohl das erhabenste muslimische Bauwerk jener Epoche. Sie war an einem Platz erbaut worden, wo früher eine römisch-christliche, Johannes dem Täufer geweihte Kirche stand (die ihrerseits einen monumentalen Jupitertempel abgelöst hatte). Die Große Moschee wurde im frühen 8. Jahrhundert unter dem Kalifen al-Walid erbaut; der Bau verschlang die ungeheure Summe von sieben Jahreseinkünften der Damaszener Schatzkammer. Die Außenmauer der Moschee umschließt eine Fläche von 160 auf 100 Meter; darin erhebt sich die verschwenderisch ausgeschmückte Gebetshalle, die man über einen ausgedehnten Innenhof erreicht, dessen Mauern unvergleichlich große, herrliche Mosaiken zieren; für die Herstellung wurden 40 Tonnen Glas verbraucht. Obwohl sie sich über die [274] Jahrhunderte aufgrund von Schäden und baulichen Reparaturen (vor allem nach einem größeren Brand im Jahr 1893) verändert hat, kann die Große Moschee noch heute besucht werden. Der iberische Pilger Ibn Dschubair schrieb im 12. Jahrhundert in hymnischen Tönen und großer Ausführlichkeit über die »vollendete Architektur, die wundervollen, üppigen Verzierungen und Ausschmückungen« der Moschee und nannte ihren mihrab (die Gebetsnische) den »herrlichsten des gesamten Islams wegen seiner Schönheit und außerordentlichen Kunstfertigkeit«.
    Damaskus, die Stadt, die dieses großartige Bauwerk beherbergte, galt deswegen im Islam als Ort von besonderer religiöser Bedeutung. Die Heiligkeit der Stadt wurde durch mehrere Höhlen-Heiligtümer noch gesteigert – darunter eines, in dem angeblich Abraham geboren wurde, und ein anderes, von dem es hieß, es sei von Moses, Jesus, Lot und Hiob (die im Islam alle als Propheten gelten) besucht worden. In Damaskus liegen Mitglieder der Familie Mohammeds sowie einige seiner treuesten Anhänger begraben, es gibt außerdem die Glaubenstradition, dass der Messias selbst am Tag des Endgerichts am »Weißen Minarett« der Stadt, in der Nähe des Ost-Tores, auf die Erde herabkommen werde.
    Das mit historischer und religiöser Bedeutung getränkte Damaskus brauchte jedoch nach der Eroberung durch Nur ad-Din im Jahr 1154 dringend eine Erneuerung. Der Emir machte sich an die Arbeit, er verstärkte die seldschukische Zitadelle westlich der Großen Moschee (sie stammte aus dem späten 11. Jahrhundert) und reparierte und verstärkte die Stadtmauern. Da sich inzwischen unter den Zangiden stabile Herrschaftsverhältnisse abzeichneten, stieg auch die Einwohnerzahl von Damaskus, die bis auf 40 000 Einwohner zurückgegangen war, sehr bald wieder an. Außerdem erhielt der Handel Auftrieb, und der arabische Besucher al-Idrisi vermerkt:
    In Damaskus gibt es alle möglichen Arten guter Dinge und Straßen unterschiedlichster Handwerker, [Händler] verkaufen die

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