Die Kreuzzüge
vielfältigsten Arten Seide und Brokat von ausgesuchter Seltenheit und hergestellt mit erlesener Kunstfertigkeit. [. . .] Was hier produziert wird, gelangt in alle anderen Städte und wird mit Schiffen in alle Gegenden getragen, in alle Hauptstädte nah und fern. [. . .] Die Stadt selbst ist die herrlichste von ganz Syrien und die vollkommenste aufgrund ihrer Schönheit. 7
[275] Es verwundert daher nicht, dass im Lauf der Zeit Nur ad-Din seinen Herrschaftssitz von Aleppo nach Damaskus verlegte. Während zunächst Schirkuh als Statthalter von Damaskus eingesetzt wurde, bestätigte Nur ad-Din nach 1157 Damaskus als neue Hauptstadt des expandierenden Reiches, und die Stadt entwickelte sich zu einem Mittelpunkt der abbasidischen Sunniten-Orthodoxie.
NEUE AUFGABEN
In den 1150er-Jahren gab es im Dschihad gegen die Franken nur unbedeutende Fortschritte. Schon als Nur ad-Din Damaskus unterwarf, zeichnete sich für die Lateiner eine deutliche Wende ihres Schicksals zum Besseren ab. König Balduin III., nun als einziger Herrscher anerkannt, erkämpfte bald einen wichtigen Sieg für Jerusalem. Im letzten halben Jahrhundert war die Hafenstadt Askalon in ägyptischer Hand gewesen und diente den muslimischen Herrschern in Ägypten als strategischer und wirtschaftlicher Stützpunkt in Südpalästina. Im Jahr 1150 hatte Balduin den Bau einer Festung südlich von Askalon, auf den Ruinen der alten Siedlung Gaza, veranlasst, mit der er es der Stadt unmöglich machte, auf dem Landweg in Kontakt mit Kairo zu treten. Im Januar 1153 versammelte der junge König die komplette Streitmacht seiner Truppen und marschierte gegen Askalon; nach achtmonatiger, schwerer Belagerung erzwang er die Übergabe der Stadt. Der Hafen, bis dahin Zugang der Fatimiden zum Heiligen Land, wurde jetzt zum wichtigen Ausgangspunkt für den weiteren Ausgriff der Lateiner in Richtung Süden bis nach Ägypten. Die Folgen dieses Sieges sollten in den kommenden Jahren noch deutlich zu spüren sein.
Auch im Fürstentum Antiochia brachen neue Zeiten an. Nach vier Jahren Alleinherrschaft konnte sich die junge Fürstin Konstanze von Antiochia endlich zu einer Heirat verstehen, aber ihr Erwählter brachte weder Reichtum noch Macht mit in die Ehe. Im Frühjahr 1153 heiratete sie Rainald von Châtillon, einen attraktiven jungen französischen Ritter und Kreuzfahrer aristokratischer Herkunft, doch von nur begrenztem Wohlstand. Er hatte in der ersten Phase der Belagerung von Askalon an der Seite Balduins gekämpft und erhielt nun die Erlaubnis des Königs – seines Herrn und Konstanzes Vormund – für diese Heirat. Antiochias [276] neuer Fürst offenbarte bald seine politische Anpassungsfähigkeit. Vormals hatte er sich für die Interessen der Byzantiner eingesetzt, als er in Kilikien gegen den Machtzuwachs des armenischen Rubeniden-Herrschers Thoros (Sohn Leons I.) kämpfte; nun verbündete er sich mit Thoros, um die griechisch besetzte Insel Zypern anzugreifen. Von seinen Zeitgenossen wie auch von modernen Historikern wurde Rainald häufig wegen seines rücksichtslosen Ehrgeizes, seines Mangels an diplomatischem Gespür und seiner Grausamkeit getadelt, doch er war ein vorzüglicher Krieger, der sich später als zuverlässiger Gegner des Islams bewähren sollte.
Die neuen Herrscher in Jerusalem und Antiochia brachten es mit sich, dass Nur ad-Din sich nun in zwei wichtigen Grenzgebieten bedroht sah. Im Norden konzentrierten sich die Ereignisse auf die Gegend um Harim. Da dieser Vorposten nur einen Tagesmarsch von Antiochia entfernt und seit 1149 in der Hand Nur ad-Dins war, konnte das fränkische Fürstentum für Aleppo kaum noch bedrohlich sein. Im Jahr 1156 begannen die Lateiner, Überfälle auf das Umland zu unternehmen, doch sie wurden zunächst erfolgreich abgewehrt. Nur ad-Din hatte sogar die makabre Genugtuung, die Köpfe der bei diesen Kämpfen getöteten Christen triumphierend durch die Straßen von Damaskus tragen zu lassen. Währenddessen brach jedoch 1157 Balduin III. im Süden seinen Waffenstillstand mit Nur ad-Din; er hoffte, die Herrschaft Jerusalems über die Terre de Sueth ausdehnen zu können. Einige ergebnislose Scharmützel schlossen sich an, vor allem in der Gegend des fränkischen Banyas; dort entkam der lateinische König im Juni des Jahres 1157 seinen Gegnern nur knapp, als er bei einem Überfall aus dem Hinterhalt gefangen genommen wurde.
Ungefähr zur selben Zeit wurde der Handlungsspielraum Nur ad-Dins durch ein Zusammentreffen unglücklicher
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