Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
Vom Netzwerk:
Umstände jedoch empfindlich beschnitten. Syrien war schon immer eine erdbebengefährdete Region gewesen, und nun, in den späten 1150er-Jahren, ereigneten sich in dem Land mehrere heftige Erdstöße, die zahlreiche muslimische Siedlungen in der Gegend zwischen Aleppo und Homs schwer beschädigten. Ein zeitgenössischer Chronist in Damaskus beschrieb, wie »ständige Erdbeben und Erschütterungen [. . .] die [muslimischen] Burgen, Festungen und Wohnhäuser verheerten«. Während dieser schlimmen Zeit musste Nur ad-Din all seine Kräfte auf den Wiederaufbau konzentrieren, [277] wobei ein Großteil dieser seiner Bemühungen durch neue Erdbeben wieder zunichte gemacht wurde.
    Dann, im Oktober 1156, wurde Nur ad-Din während eines Aufenthalts im Summaq schwer krank. Man weiß nicht genau, um was für eine Krankheit es sich handelte, doch sie war so schwer, dass der große Emir bald um sein Leben zu fürchten begann. Er wurde in einer Sänfte nach Aleppo gebracht, wo er umgehend seinen letzten Willen aufsetzen ließ: Er bestimmte einen seiner Brüder, Nusrat ad-Din, als seinen Erben und Herrn von Aleppo, während Schirkuh Damaskus behalten sollte. Trotz dieser Vorkehrungen dauerte es nicht lange, bis innere Unruhen das Land zu erschüttern begannen, und in den folgenden Wochen verschlechterte sich Nur ad-Dins Zustand. Er überlebte diesen ersten Anfall zwar, doch scheint er nicht wieder ganz gesund geworden zu sein, und Ende des Jahres 1158 wurde er wieder für mehrere Monate krank, dieses Mal in Damaskus. Leider gibt es keinen Bericht aus seiner Umgebung, dem wir entnehmen könnten, welchen Einfluss diese Phasen akuter Lebensgefahr auf die Gemütsverfassung Nur ad-Dins hatten. Es heißt, er habe in diesen Jahren die Erfahrung einer geistigen Umkehr gemacht und danach ein bescheideneres, weniger prunkvolles Leben geführt. Wir wissen sicher, dass er sich trotz anhaltender Spannungen in der Levante im Jahr 1161 die Zeit nahm, den Hadsch zu vollziehen, also nach Mekka zu pilgern. 8
    Bedrohungen von außen
    Kundschafter brachten die Nachricht von der Krankheit Nur ad-Dins schnell zu seinen Feinden – teilweise wurde sogar gemunkelt, er sei schon tot –, und die Franken beeilten sich, die Wirren zu nutzen, die sich im Land des Emirs ausbreiteten. Verstärkung erhielten sie durch den Grafen Thierry von Flandern, einen mächtigen Adligen und Veteranen des zweiten Kreuzzugs, der erneut das Kreuz genommen hatte und in den Osten gezogen war. Im Herbst des Jahres 1157 stieß seine Gefolgschaft zu einem Verbund verschiedener christlicher Truppen – darunter Männer aus Antiochia, Tripolis und Jerusalem, außerdem eine armenische Abteilung unter Thoros –, die in Richtung Shaizar marschierten. Nach einer kurzen Belagerung ergab sich die untere Stadt; die Verbündeten standen kurz davor, die Zitadelle zu stürmen, als ein erbitterter Streit [278] ausbrach. Balduin III. hoffte, Thierrys Reichtum und Erfahrungen für die Verteidigung Outremers nutzen zu können, und hatte dem Grafen eine erbliche Herrschaft über Shaizar in Aussicht gestellt; Rainald von Châtillon jedoch erklärte dieses Vorhaben für unrechtmäßig und beharrte darauf, dass die Stadt zu Antiochia gehöre. Da keine Seite bereit war nachzugeben, kam die Offensive der Christen zum Stillstand, und die Verbündeten gaben die Belagerung unter gegenseitigen Anschuldigungen auf, womit sie sich eine seltene Gelegenheit verscherzt hatten, die fränkische Herrschaft über das südliche Orontes-Gebiet wiederzuerringen. Trotz ihrer Uneinigkeit gelang es den Lateinern, sich Anfang 1158 erneut zusammenzufinden. Sie sammelten sich in Antiochia und zogen dann Richtung Harim; nach einer massiven Belagerung erzwangen sie die Übergabe der Zitadelle. Diesmal entstand kein Streit über die Rechte, und die Stadt wurde an das Fürstentum übergeben. Damit war an der Ostgrenze eine gewisse Sicherheit wiederhergestellt.
    Auch Byzanz trat wieder als ausschlaggebender Machtfaktor im Vorderen Orient in Erscheinung. Seit dem Tod des Kaisers Johannes Komnenos war der griechische Einfluss in der Region nahezu vollständig geschwunden. Die Macht war auf seinen Sohn Manuel übergegangen, der nach dem Debakel des zweiten Kreuzzugs mit Schwierigkeiten in Italien und auf dem Balkan beschäftigt gewesen war. In den späten 1150er-Jahren war Manuel bestrebt, die Beziehungen zu den Franken nach den von Misstrauen geprägten Feindseligkeiten der Jahre 1147 und 1148 wieder positiver zu gestalten – er

Weitere Kostenlose Bücher