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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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mit größter Wahrscheinlichkeit einer Verlängerung des Waffenstillstands mit dem fränkischen Palästina nicht zugestimmt, man sollte also nicht an der einst allgemein akzeptierten Behauptung festhalten, der Herr von Kerak habe faktisch den nun ausbrechenden Krieg entfacht. Auf jeden Fall aber wurde damit seine Rolle als meistgehasster Feind der muslimischen Welt zementiert, und der Überfall lieferte Saladin einen eindeutigen Kriegsgrund, mit dem er die Herzen der Muslime noch weiter empören konnte.

    [373] ZU DEN HÖRNERN VON HATTIN
    Im Frühjahr 1187 begann Saladin, seine Streitkräfte für eine Invasion Palästinas zusammenzuziehen. Er ließ Truppen aus Ägypten, Syrien, der Dschazira und Diyar Bakr versammeln und stellte ein riesiges Heer auf, dessen Elite aus ungefähr 12 000 professionellen Reitern bestand, dazu rund 30 000 Freiwillige. Ein muslimischer Augenzeuge verglich sie mit einem Rudel »alter Wölfe und reißender Löwen«; der Sultan beschrieb, wie die Staubwolke, die von dem Heer aufgewirbelt wurde, wenn es sich in Marsch befand, »das Auge der Sonne verdunkelte«. Eine derart riesige Streitmacht zu befehligen war an sich schon eine Großtat. In der fruchtbaren Hauran-Gegend im Süden von Damaskus wurde ein Sammelplatz festgelegt, und da die Soldaten teilweise von sehr weit her kamen, zog sich die Truppenaufstellung über Monate hin. Saladins ältester Sohn al-Afdal leitete diese Aktion; es war seine erste größere Aufgabe als Befehlshaber. 4
    [374] In den frühen Phasen des Feldzugs von 1187 folgte die muslimische Strategie im Großen und Ganzen dem Muster, das auch den ajjubidischen Attacken der Jahre zuvor zugrunde gelegen hatte. Im April marschierte der Sultan in Transjordanien ein, um die Truppen einzugliedern, die aus Ägypten zu ihm stießen, und unternahm mehrere Vergeltungszüge gegen Kerak und Montreal, wobei er fast überall die Ernten vernichten ließ. Die Franken jedoch reagierten kaum oder gar nicht auf diese Provokation. Währenddessen unternahm al-Afdal am 1. Mai eine kombinierte Aufklärungs- und Überfallaktion jenseits des Jordans, um die Verteidigungsstärke der Stadt Tiberias einzuschätzen, während Kukburi eine berittene Streitmacht von ungefähr 7000 Kämpfern zum Sammelplatz der Franken bei Saffariya führte. Wachtposten in Nazareth bemerkten die vorbeiziehenden Muslime, und eine kleine Gruppe aus Tempelrittern und Johannitern, die damals in Galiläa unter dem Kommando ihrer Großmeister unterwegs waren, entschloss sich, gegen sie anzutreten. An den Quellen von Cresson entspann sich ein blutiger Kampf. Die Franken waren an Zahl hoffnungslos unterlegen, und ungefähr 130 lateinische Ritter und 300 Fußsoldaten wurden getötet oder gefangen genommen. Der Großmeister der Templer, Gerard von Ridefort, gehörte zu den wenigen, denen die Flucht gelang; sein Amtskollege von den Johannitern dagegen wurde getötet. Eine erste Schlacht war geschlagen, die der Kampfmoral der Muslime Auftrieb gab und das Selbstbewusstsein der Christen empfindlich traf. Nach dieser schockierenden Niederlage war die akute Bedrohung, die von den Ajjubiden ausging, nicht mehr zu ignorieren, weswegen König Guido und Raimund von Tripolis sich widerwillig versöhnten und der Graf seine Verbindung zu Saladin abbrach.
    In der zweiten Maihälfte setzte sich der Sultan selbst in Richtung des Hauran in Marsch, und als die letzten Truppenteile dort eintrafen, begab er sich zu dem vorgeschobenen Stützpunkt Ashtara, ungefähr einen Tagesmarsch vom See Genezareth entfernt. Dort stieß Taqi ad-Din zu ihm, der aus Nordsyrien zurückkehrte, wo er mit einigen wilden Raubzügen den fränkischen Fürsten Bohemund III. genötigt hatte, einem Waffenstillstand zuzustimmen, der Angriffe auf Aleppo ausschloss. Im Juni war Saladin mit abschließenden Plänen und Vorbereitungen beschäftigt, er drillte seine Männer und stellte Schlachtreihen auf, um aus seinem riesigen Heer ein Werkzeug zu machen, das mit größter Disziplin [375] und Effizienz zuschlagen konnte. Drei Hauptkontingente wurden gebildet: Die rechte und die linke Flanke befehligten Taqi ad-Din und Kukburi, und die Kerntruppe stand unter dem persönlichen Kommando Saladins. Schließlich, am Freitag, dem 27. Juni 1187, waren die Muslime zur Schlacht bereit. Sie überquerten den Jordan unmittelbar südlich des Sees Genezareth, und die Invasion Palästinas begann.
    König Guido reagierte auf das Schreckgespenst einer islamischen Offensive mit der Umsetzung des

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