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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Ereignisse beschloss Guido zunächst, in Saffariya zu bleiben, aber im Verlauf der Nacht wurde er von Gerard überredet, seinen Entschluss umzustoßen. Wahrscheinlich jedoch spielte Guidos [377] persönliche Erfahrung mit den Strategien der Lateiner die größte Rolle. Er sah sich vor eine Entscheidung gestellt, die fast genau einer anderen entsprach, die er vier Jahre zuvor zu treffen hatte: Damals war er der Schlacht gegen Saladin aus dem Weg gegangen, wofür ihm Hohn und Verachtung entgegenschlug. Nun, im Jahr 1187, entschied er sich für Angriff und Kampf, und am Morgen des 3. Juli setzte sich sein Heer von Saffariya aus in Marsch.
    Als Saladin vom Aufbruch der Franken erfuhr, begab er sich umgehend in die Berge von Galiläa zurück und ließ nur eine kleine Mannschaft vor Ort zurück, um die soeben eroberte Stellung in Tiberias zu halten. Der Feind rückte – sehr wahrscheinlich auf der breiten Römerstraße, die von Akkon zum See Genezareth führte – in geschlossenen Reihen vor, die Vorhut leitete Raimund von Tripolis, die Nachhut bildeten die Templer, und Fußtruppen schirmten die Reiter nach beiden Seiten ab. Ein muslimischer Augenzeuge beschrieb, wie »Welle auf Welle« der Franken erschien, und er bemerkte, dass »sich in der Luft Gestank ausbreitete, das Licht verdunkelte sich, [und] die Wüste erdröhnte« von ihrem Vormarsch. Welche Ziele Guido von Lusignan an diesem ersten Tag erreichen wollte, lässt sich kaum rekonstruieren, doch ging er möglicherweise – recht optimistisch – davon aus, am selben Tag noch in Tiberias oder zumindest am Ufer des Sees Genezareth anzukommen. Der Sultan war entschlossen, beide Pläne zu durchkreuzen. Er sandte einzelne Bogenschützen voraus, die den Tross der Christen drangsalieren sollten, während er den Großteil seines Heeres auf der offenen Ebene nördlich von Kafr Sabt aufstellte und den Franken so den Weg verstellte.
    Saladin hatte richtig erkannt, dass in diesem Konflikt der Zugang zum Wasser eine entscheidende Rolle spielen würde. Im Hochsommer konnte es schnell geschehen, dass Soldaten und Pferde, die in wasserarmen Regionen unterwegs waren, aufgrund von Wassermangel in Lebensgefahr gerieten. Er ließ daher sämtliche Quellen in der Umgebung zuschütten und sorgte gleichzeitig dafür, dass seine eigenen Truppen genügend Nachschub erhielten: einerseits von der Quelle bei Kafr Sabt, andererseits wurden auf dem Rücken von Kamelen Wasservorräte aus dem Jordantal herauftransportiert. Zugänglich blieb nur die große Quelle im Dorf Hattin, am nördlichen Rand des Steilhangs; die Zugänge dorthin wurden scharf bewacht. Der Sultan hatte eine staubtrockene Todeszone vorbereitet. 6
    [378] Um die Mittagsstunde des 3. Juli machten die Franken neben dem Dorf Turan kurz Halt, dessen Quelle ihren Durst für den Augenblick löschen konnte, aber für den Bedarf so vieler tausend Männer viel zu klein war. Guido muss noch angenommen haben, dass ihm der Vorstoß nach Tiberias gelingen würde, denn auch diesen kleinen Zufluchtsort ließ er hinter sich und setzte den schleppenden Vormarsch in den Osten fort. Er hatte allerdings die schiere Zahl der Kämpfer unterschätzt, die Saladin zur Verfügung standen. Der Sultan behielt die Stellung seines mittleren Kontingents bei, um den Vormarsch der Christen zu blockieren, während er die flankierenden Truppen unter Kukburi und Taqi ad-Din aussandte und eilig Turan besetzen ließ, womit den Lateinern jegliche Möglichkeit des Rückzugs abgeschnitten war. Schließlich erreichten die Franken bei ihrem Weitermarsch die Hochebene, die Saladin so sorgfältig für den Kampf und seinen Sieg vorbereitet hatte. Die Falle war zugeschnappt.
    Gegen Abend zögerte der König. Ein konzentrierter Frontalangriff, entweder in Richtung Osten und See Genezareth oder in Richtung Nordosten, nach Hattin zu, hätte vielleicht noch eine gewisse Aussicht auf Erfolg gehabt, und seine Truppen wären an Wasser gekommen. Stattdessen fasste er den fatalen Entschluss, an einem unmöglich zu verteidigenden Ort ohne den geringsten Zugang zu Wasser das Lager aufzuschlagen, eine Entscheidung, mit der er die bevorstehende Niederlage geradezu schon vorwegzunehmen schien. In jener Nacht war die Atmosphäre in den beiden Lagern denkbar verschieden. Die Franken waren »so eng« von muslimischen Soldaten umzingelt, »dass sie miteinander hätten sprechen können«; und so nah waren die Muslime herangerückt, dass »nicht einmal eine fliehende Katze hätte entkommen

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