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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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bekannten fränkischen Protokolls: Er versammelte das Heer der Christen in Saffariya. Angesichts des unerhörten Umfangs von Saladins Heer hatte der König zu der drastischen Maßnahme eines allgemeinen Aufrufs zu den Waffen gegriffen, um auch noch den letzten Rest an verfügbarer Kampfkraft aus Palästina zu mobilisieren. Außerdem setzte er Geld ein, das König Heinrich II. von England (als Ersatz für die persönliche Teilnahme am Kreuzzug) ins Heilige Land geschickt hatte, und bezahlte davon Söldner, die sein Heer zusätzlich verstärkten. Ein Augenzeuge aus dem Gefolge des Sultans berichtet, dass die Lateiner »in unzählbarer Menge anrückten, so zahlreich wie Kieselsteine, 50 000 oder sogar noch mehr«; tatsächlich wird Guido wohl ungefähr 1200 Ritter und zwischen 15 000 und 18 000 Fußsoldaten und Turkopolen zusammengezogen haben. Es war eines der größten Heere, die sich je unter dem Wahren Kreuz – dem fränkischen Symbol für Tapferkeit im Krieg und fromme Hingabe – versammelt hatten, und trotzdem war es den Heerscharen der Muslime bei weitem unterlegen. Der christliche König war, als er sein Heer aufstellte, zudem ein erhebliches Risiko eingegangen: Von den Festungen Palästinas hatte er bis auf das absolute Minimum an Soldaten die gesamte Besatzung abgezogen. Wenn dieser Konflikt mit einer vernichtenden Niederlage der Lateiner endete, dann würde das Königreich Jerusalem praktisch ohne Verteidiger dastehen. 5
    Saladin wollte natürlich gerade einen solchen klaren Sieg erringen. Dafür musste er die Franken aus der Sicherheit von Saffariya in eine offene Schlacht großen Ausmaßes an einem von ihm vorgegebenen Ort locken. Seine bisherigen Erfahrungen in der Kriegsführung gegen Jerusalem jedoch hatten ihn gelehrt, dass der Feind sich nicht so ohne weiteres zu unbesonnenem Vorpreschen verleiten ließ. In den letzten Junitagen begab sich der Sultan aus dem Jordantal hinauf ins Hochland von Galiläa; sein umfangreiches Lager schlug er in der Nähe des kleinen Ortes Kafr Sabt (ungefähr 10 Kilometer südwestlich von Tiberias und [376] 15 Kilometer östlich von Saffariya) auf, mitten in einer ausgedehnten Landschaft breiter Ebenen und sanfter Hügelketten, in der vereinzelte Felsen aufragten. In einem ersten Schritt versuchte er den Feind aus der Reserve zu locken, er schickte Überfallkommandos los, die die umliegenden Felder verwüsteten, während er selbst aus der Ferne Guidos Lager erkundete. Nach wenigen Tagen stand fest, dass eine lateinische Reaktion wie erwartet nur durch eine kräftigere Provokation auszulösen war.
    Am 2. Juli 1187 bereitete Saladin seine Falle vor: Er überfiel in der Morgendämmerung die nur schwach verteidigte Stadt Tiberias, und der Widerstand der Christen brach dort schnell zusammen. Nur die Zitadelle hielt stand; sie bot der Gemahlin Raimunds von Tripolis, Eschiva, eine vorläufige Zuflucht. Umgehend – wahrscheinlich konnten die Boten der Gräfin passieren, weil der Sultan es gestattete – erreichte die Nachricht von diesen Geschehnissen in Verbindung mit der dringenden Bitte um Hilfe das Lager in Saffariya. Saladin hoffte, dass die Botschaft von der Bedrängnis, in der Tiberias sich befand, den König in Zugzwang bringen würde. Als es Abend wurde, beobachtete der Sultan gespannt, ob der ausgelegte Köder seine Beute anlocken würde.
    Am 20 Kilometer entfernten Standort der Franken hatte König Guido eine Versammlung der führenden Adligen des Königreichs einberufen, deren Teilnehmer in eine hitzige Debatte verstrickt waren. Graf Raimund plädierte offenbar für Vorsicht und Geduld. Er argumentierte, man dürfe das Risiko einer direkten Konfrontation mit einer so gewaltigen muslimischen Streitmacht nicht eingehen, selbst dann nicht, wenn mit der Eroberung von Tiberias und der Gefangennahme seiner Gemahlin gerechnet werden musste. Zu gegebener Zeit würde Saladins Heer – wie schon so oft in der Vergangenheit – auseinanderbrechen, was Saladin zwingen würde, sich zurückzuziehen; dann könne man Tiberias zurückerobern und Eschiva gegen Zahlung eines Lösegelds befreien. Andere, darunter Rainald von Châtillon und Gerard von Ridefort, der Großmeister der Templer, waren anderer Ansicht. Sie empfahlen dem König, den bekanntermaßen verräterischen, unzuverlässigen Grafen zu ignorieren; warnten ihn vor der Blamage, die feiges Zögern mit sich bringen würde, und drängten Guido, Tiberias umgehend zu befreien. Nach einer zeitgenössischen Darstellung der

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