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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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auch das Wahre Kreuz erobert, was der Moral der Christen im gesamten Vorderen Orient einen empfindlichen Schlag versetzte. Imad ed-Din erklärte, dass »das Kreuz ein Preis ohnegleichen« sei, »denn es war der wichtigste Gegenstand ihres Glaubens«, und er glaubte, dass »sein Verlust für sie schwerer wog als der Verlust des Königs, und es war der schwerste Schlag von allen, die sie in der Schlacht hinnehmen mussten«: Die Reliquie wurde auf dem Kopf stehend an einer Lanze festgebunden und nach Damaskus gebracht. 11
    Die Zahl der lateinischen Gefangenen war so groß, dass es auf den syrischen Märkten zu einer Sklavenschwemme kam und der Preis pro Sklave auf drei Gold-Dinare fiel. Getötet wurden von den Gefangenen außer Rainald von Châtillon nur die Angehörigen der Ritterorden. Man hielt diese aggressiven fränkischen »Brandstifter« für zu gefährlich, und es war bekannt, dass sie als Geiseln nutzlos waren, weil sie sich normalerweise weigerten, gegen Lösegeld freigelassen zu werden. Imad ed-Din beschreibt, wie am 6. Juli »Saladin mit erfreuter Miene auf seinem Podium saß«, als 100 – 200 Angehörige der Templer und der Johanniter vor ihm versammelt wurden. Einige ließen sich auf ein letztes Angebot ein, sich zum Islam zu bekehren; der Rest wurde einer Gruppe abgerissener »Gelehrter und Sufis« ausgeliefert, »frommen Männern und Asketen«, die eigentlich mit Gewaltausübung überhaupt nichts zu tun hatten. Imad ed-Din war dabei, als das Gemetzel begann.
    [383] Ein paar wenige führten saubere Streiche, was man ihnen dankte; einige weigerten sich und waren unfähig, es zu tun, und man entschuldigte sie; einige blamierten sich, woraufhin andere ihren Platz einnahmen [. . .]. Ich sah, wie sie den Unglauben töteten, um dem Islam neue Lebenskraft einzugeben, und wie sie den Polytheismus vernichteten, um den Monotheismus an die Macht zu bringen.
    Saladin hatte einen umfassenden Sieg über die Streitkräfte der lateinischen Christenheit erstritten. Nur sechs Tage später schrieb er einen Brief, in dem er seinen Erfolg noch einmal aufleben ließ: »Der Glanz von Gottes Schwert hat den Anhängern der Vielgötterei Angst und Schrecken eingejagt« und »das Gebiet des Islams hat sich ausgedehnt«. »Es war« nach den Worten Saladins »ein Tag der Gnade, an dem der Wolf und der Geier sich zueinander gesellten, während Tod und Gefangenschaft ihnen folgten«, ein Augenblick, da »der Nacht des Unglaubens ein Morgen dämmerte«. Schon bald danach ließ er eine triumphale Kuppel an den Hörnern von Hattin errichten; der Umriss ihrer Ruine ist heute noch zu sehen. 12
    DER STURZ DES KREUZES
    In der Zeit nach dem Triumph bei Hattin stand weiteren muslimischen Erfolgen nichts mehr im Weg. Das Königreich Jerusalem hatte am 4. Juli immense Verluste hinnehmen müssen und war nun, da fast alle Besatzungen der Städte, Ortschaften und Festungen abgezogen worden waren, im höchsten Maß verwundbar. Doch hätte Saladin nicht mit solch eiserner Entschlossenheit agiert und hätten ihm nicht diese großen Ressourcen zur Verfügung gestanden, wäre die überlegene Stellung der islamischen Seite noch gefährdet gewesen. So aber brach das fränkische Palästina im Lauf jenes Sommers nahezu ohne Gegenwehr zusammen.
    Tiberias kapitulierte sofort, innerhalb weniger Tage ergab sich auch Akkon, das wirtschaftliche Zentrum von Outremer. In den folgenden Wochen und Monaten konzentrierte Saladin seine Bemühungen auf die Häfen und Küstenstädte, in kurzer Folge fielen von Norden nach Süden nacheinander Beirut, Sidon, Haifa, Cäsarea und Arsuf. Mittlerweile war al-Adil, der Bruder des Sultans, der sofort von den Ereignissen in Hattin [384] unterrichtet worden war, von Ägypten aus in den Norden aufgebrochen und nahm den besonders wichtigen Hafen Jaffa ein; er unternahm auch erfolgreiche Vorstöße ins Landesinnere. Askalon leistete hartnäckig Widerstand, doch im September war auch dieser Hafen unterworfen, es folgten Darum, Gaza, Ramla und Lydda. Als Gegenleistung für die Freilassung ihres Großmeisters Gerard von Ridefort gaben sogar die Templer ihre Festung bei Latrun in den Ausläufern der judäischen Berge an der Straße nach Jerusalem auf.
    Die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der all diese Erfolge errungen wurden, war zu Teilen schlicht der großen Zahl Soldaten geschuldet und dem Aufgebot an verlässlichen Hauptleuten in Saladins Diensten wie al-Adil und Kukburi. Auch einige halbautonome ajjubidische Kriegerbanden konnten

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