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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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aber machte keinen [429] letzten Versuch, große Städte wie Tyros zu erobern, bevor der unvermeidliche Sturm losbrach. Stattdessen verschwendete er unbegreiflicherweise das Frühjahr und die ersten Wochen des Sommers 1189 mit langwierigen Verhandlungen um die Zukunft von Beaufort, einer relativ unbedeutenden und isolierten lateinischen Festung, hoch oben in den Bergen des südlichen Libanons über dem Fluss Litani.
    Eine andere fragwürdige Entscheidung sollte sich noch verhängnisvoller auswirken. Saladin, der Sieger auf dem Schlachtfeld bei Hattin im Juli 1187, hatte Guido von Lusignan, den lateinischen König von Jerusalem, gefangen genommen. Im Sommer des Jahres 1188 beschloss er dann, Guido aus der Gefangenschaft zu entlassen (offenbar nach wiederholten Aufforderungen von Seiten Sibyllas, Guidos Ehefrau). Es ist kaum möglich, das Motiv für diesen offenkundig unüberlegten Akt der Großherzigkeit auszumachen. Vielleicht war Saladin der Ansicht, dass von Guido nichts mehr zu befürchten war, dass es ihm nicht mehr gelingen werde, die Franken noch zu irgendwelchen größeren Taten anzustacheln; oder er hoffte, mit der Freilassung unter den Franken Zwietracht zu säen, weil Guido eine Belastung für Konrad von Montferrat und sein Machtstreben bedeuten musste. Was seine Gründe auch immer gewesen sein mögen – er wird wohl kaum erwartet haben, dass Guido sich an die Versprechen hielt, die er im Zusammenhang mit seiner Freilassung gegeben hatte, nämlich auf sämtliche Ansprüche auf das Königreich Jerusalem zu verzichten und umgehend die Levante zu verlassen; Versprechen, die Guido praktisch unmittelbar nach seiner Freilassung auch schon brach. 5
    Sollte Saladin angenommen haben, Guido sei inzwischen ein gebrochener Mann, dann hatte er sich gründlich getäuscht. Zunächst bemühte sich der lateinische König, den Franken seinen Willen aufzuzwingen, Konrad jedoch verwehrte ihm zweimal den Einzug in Tyros. Und dann, im Sommer des Jahres 1189, holte Guido zu einem überraschend kühnen Schlag aus.
    DIE GROSSE BELAGERUNG VON AKKON
    In der sengenden Hitze des Hochsommers 1189 war Saladin noch immer mit der Eroberung der widerspenstigen Festung Beaufort beschäftigt. Ende August erreichten ihn allerdings in den Ausläufern des Libanongebirges [430] Neuigkeiten, die Furcht und Schrecken auslösten: Die Franken waren in die Offensive gegangen. 1187/1188 hatte Konrad von Montferrat in der Rolle des Verteidigers von Tyros gegen den Islam geglänzt, doch war er bisher vor dem Schritt zurückgeschreckt, einen Angriffskrieg zu beginnen, einen Krieg mit dem erklärten Ziel, verlorenes Territorium zurückzuerobern. Er verließ die sicheren Mauern seiner Stadt nicht; offenbar genügte es ihm, die Ankunft des dritten Kreuzzugs sowie der großen Monarchen des lateinischen Europas abzuwarten – die Zeit bis dahin gedachte er durchzuhalten, und in dem Krieg, der dann ausbrechen musste, würde er schon jede Gelegenheit für sein eigenes Fortkommen zu nutzen wissen.
    Und dann ergriff ein Mann die Initiative, von dem man es am wenigsten erwartet hätte. Guido von Lusignan, der glücklose König von Jerusalem, dessen schmachvolle Niederlage bei Hattin sein Königreich an den Rand der Vernichtung gebracht hatte, versuchte das Unmögliche. Zusammen mit seinem gefürchteten Bruder Gottfried von Lusignan, der kürzlich in der Levante eingetroffen war, und einer Gruppe von Tempelrittern und Johannitern sowie einigen tausend Soldaten zog Guido von Tyros aus in südlicher Richtung auf die muslimisch besetzte Stadt Akkon zu – ein offenbar selbstmörderischer Versuch, sein Königreich zurückzugewinnen.
    Zunächst nahm Saladin diesen Vorstoß nicht ganz ernst. Er war überzeugt, dass es sich lediglich um eine Finte handelte, um ihn von Beaufort wegzulocken, und hielt seine Stellung. Damit konnte König Guido den engen Scandelion-Pass überwinden, wo ihn, wie ein Franke schrieb, »alles Gold von Russland« nicht gerettet hätte, wenn die Muslime ihn dort abgefangen hätten. Als Saladin erkannte, dass er einen Fehler gemacht hatte, begann er vorsichtig in südlicher Richtung auf Marj Ayun und den See Genezareth zuzumarschieren; er wollte abwarten, was die Christen als nächstes vorhatten, bevor er sich dann nach Westen der Küste näherte. Guido profitierte von der zurückhaltenden Umsicht seines Feindes, er nahm die Straße nach Süden und langte am 28. August 1189 vor Akkon an. 6
    Akkon war eine der bedeutendsten Hafenstädte im Vorderen

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