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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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eigenen Auffassung von christlicher Brüderlichkeit – zu stiften, bemühte sich der Kapetinger auch darum, mit seinen Untertanen und mit seiner Seele Frieden zu schließen.
Er war zutiefst überzeugt, dass sein Kreuzzug nicht nur einfach aufgrund der kämpferischen Leistung seiner Truppen siegreich enden werde, nötig waren außerdem ein Geist reuevoller Hingabe und ein reines Herz. Er ließ von Bettelmönchen Nachforschungen anstellen, mit denen er sämtliche Rechtsstreitigkeiten in seinem Reich beizulegen und jeglichen Fall von Korruption und Unrecht zu bereinigen gedachte, der von ihm selbst, seinen Beamten, ja sogar von seinen Vorfahren begangen worden war. Schon beim ersten Kreuzzug hatte es unter den Kreuzfahrern vereinzelt Männer gegeben, die ihre Angelegenheiten regelten und Streitigkeiten beilegten, bevor sie aufbrachen, nie zuvor jedoch war es in diesem Ausmaß geschehen.
    [625] Ludwigs Kreuzzug begann in Paris am 12. Juni 1248 mit einer sehr bewegenden öffentlichen Zeremonie, die an die Frömmigkeit der Kreuzfahrer unter seinen Vorfahren anschließen sollte. Der König empfing in der Kathedrale Notre-Dame Tasche und Stab, die Symbole des zum Kreuzzug aufbrechenden Pilgers, und begab sich dann barfuß zur königlichen Kathedrale von Saint-Denis, um dort die Oriflamme entgegenzunehmen, die traditionelle Kampfstandarte Frankreichs. Von dort zog er in Richtung Süden zur Küste und brach Ende August mit seinem Heer von Aigues-Mortes und Marseille aus auf.
    Ludwigs Heer soll Schätzungen zufolge insgesamt zwischen 20 000 und 25 000 Mann umfasst haben. Dazu gehörten rund 2800 Ritter, 5600 berittene Sergeanten und weitere 10 000 Fußsoldaten. Außerdem kämpften rund 5000 Bogenschützen mit; aufgrund bedeutender Fortschritte in der Bogentechnik spielten sie während des Feldzugs eine gewichtige Rolle. Ein riesiges Heer war das nicht, allerdings hatte der König offenbar auch die bewusste Entscheidung getroffen, lieber mit ausgesuchten Kämpfern als mit einem nur zahlenstarken Heer in den Krieg zu ziehen – er ließ Tausende Männer und andere nicht kämpfende Personen zurück, die sich in der Hoffnung, sich dem Kreuzzug anschließen zu können, in Aigues-Mortes versammelt hatten.
    Mittlerweile war es üblich geworden, dass die Kreuzfahrer sich auf dem Seeweg in den Osten begaben. Ludwig reiste auf einem großen königlichen Schiff, das – nach dem Ort, von dem aus die Jerusalem-Pilger zum ersten Mal die Heilige Stadt erblickten – den Namen Montjoie , »Berg der Freude« trug. Für die meisten Franken war die Fahrt durch das östliche Mittelmeer allerdings eine verzweifelt unbequeme Angelegenheit. Ein durchschnittliches Transportschiff bot ungefähr 150 Quadratmeter freie Fläche auf Deck (das entspricht gut der Hälfte eines modernen Tennisplatzes), und diesen Platz mussten sich 500 Passagiere, manchmal auch wesentlich mehr, teilen. Es kann daher nicht verwundern, dass ein Kreuzfahrer die Reise zu Schiff mit einem Gefängnisaufenthalt verglich. In den unteren Decks wurden häufig Pferde befördert, obwohl Ludwig für den Transport der kostbaren Tiere, die für den bevorzugten Kampfstil der Lateiner eine so wesentliche Rolle spielten, auch eigene Schiffe bereitstellen ließ.
    Jean de Joinville beschrieb den Aufbruch von Marseille Ende August 1248. Von seinem Schiff aus beobachtete er, wie die Pferde durch ein Tor [626] im Schiffsrumpf unter Deck geführt wurden. Dieses Tor wurde dann sorgfältig mit Pech verschlossen und abgedichtet, »so wie man es auch mit einem Fass macht, bevor man es ins Wasser lässt, denn wenn das Schiff erst auf hoher See ist, liegt das Tor vollständig unter Wasser«.
Der Kapitän des Schiffes ließ dann die Besatzung und seine Passagiere die populäre Kreuzzugshymne »Veni Creator Spiritus« (Komm, Schöpfer Geist) anstimmen, die Segel wurden gesetzt, und die Reise begann. Das hob zwar bei allen die Stimmung, doch Joinville gestand, dass ihn wegen der bevorstehenden Seefahrt auch größte Beklommenheit beschlich, denn »keiner kann sicher sein, wenn er sich abends zum Schlafen niederlegt, dass er nicht am nächsten Morgen auf dem Grund des Meeres liegt«. Diesmal stellten sich seine Befürchtungen als unbegründet heraus, und ungefähr drei Wochen später kam der Seneschall in Zypern an. König Ludwig war bereits am 17. September eingetroffen. 4
    STURMANGRIFF AM NIL
    Nach seiner Ankunft auf Zypern beeilte sich Ludwig IX. nicht, militärisch tätig zu werden, stattdessen

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