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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Schlacht entwickelte sich zugunsten der Lateiner, was Ludwig IX. neben Odo von Châteauroux von seinem Landungsschiff aus beobachten konnte. Es war vorgesehen, dass der König in Sicherheit an Bord blieb, doch als er sah, dass seine königliche Standarte, die Oriflamme, im ägyptischen Sand aufgepflanzt wurde, konnte er sich nicht länger zurückhalten. Obwohl der päpstliche Legat ihm dringlich davon abriet, sprang er über Bord ins brusthohe Wasser und arbeitete sich vorwärts, »sein Schild hing ihm im Nacken, den Helm hatte er auf dem Kopf und die Lanze in der Hand, und so gesellte er sich zu seinen Leuten am Strand«. Dort musste der erregte König davon abgehalten werden, sich direkt in die Schlacht zu stürzen.
    [630] Einzelne Kämpfe zogen sich noch bis zur Mittagszeit hin, doch war die ajjubidische Verteidigung insgesamt schlecht koordiniert, und es fehlte ihr die notwendige Schlagkraft. Fakhr ed-Din zog sich bald landeinwärts in Richtung Damiette zurück. Es heißt, die Muslime hätten 500 Mann, darunter drei Emire, außerdem viele Pferde verloren, die Franken dagegen hatten nur wenige Verluste zu beklagen. Das Landungsmanöver war insgesamt ein überwältigender Erfolg. Viele Kreuzfahrer waren überzeugt, dass sie durch die Hand Gottes zum Sieg gelangt waren; im Brief eines Kreuzfahrers heißt es, dass die Lateiner »wie starke Streiter für den Herrn« gekämpft hätten. 7
    Und es sollte noch besser kommen. König Ludwig hatte sich sehr wahrscheinlich auf eine schwierige Belagerung von Damiette eingestellt; nur zu präsent waren noch die 18 harten Monate, die die Kämpfer des fünften Kreuzzugs vor der Stadt ausgehalten hatten. Als der Tag zu Ende ging, ließ Ludwig Vorräte an Land bringen; er wollte seine Position befestigen und, falls nötig, einen Gegenangriff abwehren. Doch bereits am nächsten Tag konnten die Franken erstaunt feststellen, dass Damiette aufgegeben worden war. Rauch stieg über der Stadt auf, und Kundschafter kehrten mit der Nachricht zurück, dass die Garnison geflohen war, einige zu Land, andere auf dem Nil stromabwärts. Mit einem einzigen Streich hatte Ludwig das erste Ziel seines Feldzugs erreicht: Er hatte sich am Nil einen Stützpunkt geschaffen und das Tor zu Ägypten geöffnet. Damit war ihm der überwältigendste Eröffnungsschlag aller bisherigen Kreuzzüge gelungen. Der Anblick der Ajjubiden, wie sie fluchtartig den Strand verließen und danach Damiette aufgaben, brannte sich dem König und seinen Gefährten tief ein, und sie genossen dieses Bild, schien es doch einerseits von einer muslimischen Welt Zeugnis abzulegen, die kurz vor dem Zusammenbruch stand, und andererseits auf einen endgültigen Sieg des Christentums vorauszudeuten.
    DER NIEDERGANG DER AJJUBIDEN
    Die Kreuzfahrer interpretierten ihren Erfolg in den ersten Junitagen des Jahres 1249 als Resultat ihrer eigenen kämpferischen Überlegenheit und eines geschwächten Islams. Doch so richtig diese Einschätzung zu sein schien, verhüllte sie doch auch die Realität hinter diesen Ereignissen. [631] Fakhr ed-Dins Entschluss am 5. Juni, sich zurückzuziehen, war wohl nicht in erster Linie eine Reaktion auf die überlegene Kampfkraft der Lateiner. Er gab den Strand auf und marschierte dann mit dem gesamten ägyptischen Landheer an Damiette vorbei südwärts, weil seine wahren Prioritäten anderswo lagen. Die Garnison der Stadt bestand aus Kämpfern der Kinanijja, einem Regiment, das für seine Tapferkeit berühmt war; als diese jedoch feststellen mussten, dass man sie allein zurückgelassen hatte, flohen auch sie im Schutz der Nacht. Sämtliche Truppenteile strömten in den Süden und versammelten sich wieder im ajjubidischen Hauptlager, wo dem Sultan al-Salih die Macht endgültig zu entgleiten drohte.
    Nach dem muslimischen Triumph bei La Forbie im Jahr 1244 hatte sich al-Salih von den Choresmiern abgewandt. Er war zu der Erkenntnis gelangt, dass man dieser Söldnerhorde nicht trauen konnte, und verbot seinen früheren Verbündeten, den Fuß auf ägyptischen Boden zu setzen. Planlos verwüsteten sie daraufhin Gebiete in Palästina und Syrien; irgendwann hatte sich die Wildheit ausgetobt, und 1246 wurden sie von einem vereinten syrischen Heer vernichtend geschlagen. In den folgenden Jahren sicherte sich al-Salih die Herrschaft über Damaskus und besetzte weitere Teile Palästinas.
    Um diese Zeit erkrankte der Sultan schwer an Schwindsucht. 1249 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand dramatisch, und er konnte nur

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