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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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verbrachte er den nun folgenden Winter und das Frühjahr damit, sein Heer aufzustellen und seine Strategie endgültig festzulegen. Aus dem lateinischen Palästina kamen weitere Truppen hinzu, darunter führende fränkische Adlige und umfangreiche Kontingente aus jedem der drei großen Ritterorden; außerdem traf Robert von Nantes ein, der ehrwürdige Patriarch von Jerusalem, ein alter Mann hoch in seinen Siebzigern, der zusammen mit dem päpstlichen Legaten Odo von Châteauroux die geistliche Führung des Heeres übernahm. Ludwigs Anspruch auf den Oberbefehl über den Kreuzzug blieb dabei offenbar unbestritten.
    In dieser Phase – möglicherweise auch schon früher – wurde festgelegt, dass wegen der anhaltenden Schwäche des ajjubidischen Regimes unter Sultan al-Salih das Ziel des Feldzugs Ägypten sein sollte. Ludwig scheint die Eroberung von ganz Ägypten angestrebt zu haben. Statt sich mit Verhandlungen aufzuhalten, sei es vor einem Angriff oder nachdem erste Gebietseroberungen gelungen waren, wollte er das Zentrum ajjubidischer Macht treffen und dann von der Nilregion aus den Rest des Heiligen Landes zurückerobern. Das war ein ehrgeiziger, dabei nicht völlig [627] unrealistischer Plan. Nachdem man noch erwogen hatte, ob man zuerst Alexandria oder Damiette angreifen sollte, fiel die Wahl auf Damiette, und die Kreuzfahrer unter Ludwig setzten sich auf den Spuren des fünften Kreuzzugs in Marsch.
    Nach Monaten nervöser Vorbereitungen auf Zypern brach das Heer mit einem allgemein akzeptierten Anführer und einem gemeinsamen Ziel auf – zwei vielversprechende Voraussetzungen. Doch hatte die Verzögerung auch ihre Schattenseiten. Al-Salih war von der Ankunft Ludwigs unterrichtet, und er konnte in Ägypten seine Verteidigung vorbereiten. Außerdem starben noch vor dem eigentlichen Beginn der Kampagne ungefähr 260 lateinische Barone und Ritter, rund ein Zehntel des gesamten Heeres, an einer Krankheit (möglicherweise Malaria). Bei anderen Kreuzfahrern führte die lange Wartezeit dazu, dass ihre finanziellen Mittel sich erschöpft hatten: Ähnlich wie viele seiner Landsleute hatte Joinville kaum mehr genug Geld, um seine Ritter zu bezahlen, und trat daher in Ludwigs Dienste.
    Im späten Frühjahr waren die Vorbereitungen dann jedoch abgeschlossen. Am 13. Mai 1249 stach eine gewaltige Flotte von rund 120 großen Galeeren und weiteren 1000 kleineren Schiffen von Zypern aus in See. Joinville schrieb, es habe »ausgesehen, als sei das gesamte Meer, so weit das Auge reichte, mit dem Tuch der Segel bedeckt«. Stürme und widrige Winde trieben einige Schiffe auseinander, und es dauerte 23 Tage, bis endlich die ägyptische Küste in Sicht kam. Gegen Ende ihrer Reise trafen die Kreuzfahrer auf eine Gruppe von vier muslimischen Schiffen. Drei davon konnten mit Katapultsteinen, die von Maschinen abgeschossen wurden, die auf dem Deck der fränkischen Schiffe montiert waren, und mit Brandpfeilen versenkt werden; ein Schiff jedoch entkam, wenn auch schwer angeschlagen, und versetzte wahrscheinlich die an der Küste Ägyptens stationierten Muslime in Alarmzustand. 5
    Anfang Juni gingen die Lateiner an der Küste vor Damiette vor Anker. Die Teilnehmer am fünften Kreuzzug hatten noch unangefochten und unbemerkt an den Stränden im Norden der Stadt, westlich des Nilarms, an Land gehen können; dieser Luxus war den Männern Ludwigs nicht vergönnt. Die gesamte Küstenlinie war besetzt mit vielen tausend ajjubidischen Soldaten unter dem Kommando des Emirs Fakhr ed-Din, der in den 1220er-Jahren mit Friedrich II. verhandelt hatte und mittlerweile zu einem der führenden Generäle unter al-Salih aufgestiegen war. Auch [628] die Nilmündung wurde von einer muslimischen Flotte bewacht. Angesichts dieses geballten Widerstands berief Ludwig auf der Montjoie einen Kriegsrat zusammen, und man beschloss, am folgenden Morgen eine Massenlandung zu unternehmen. Der König und seine Berater müssen gewusst haben, dass sie damit ein hohes Risiko eingingen – es war die kühnste amphibische Aktion der gesamten Kreuzzugsgeschichte. Der geringste Fehler in der Koordination der Schiffe bei der Landung würde fränkische Krieger isolieren und der Vernichtung preisgeben. Und wenn die massive Schlagkraft eines Überraschungsangriffs abflaute, bevor die Truppen an Land Fuß fassen konnten, dann wäre die gesamte Unternehmung bereits mit der ersten Offensive gescheitert.
    Die Küsten-Attacke
    Als am Samstag, dem 5. Juni 1249, die Sonne aufging, drängten

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