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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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mit Salven von griechischem Feuer unter Beschuss, was verheerende Folgen hatte. Jean de Joinville hatte mehrere Nächte lang die Aufgabe, einen dieser leicht angreifbaren Türme zu besetzen, und beschrieb später offenherzig den panischen Schrecken, dem er und seine Männer ausgesetzt waren, als sie mitansehen mussten, wie die Behälter mit griechischem Feuer durch den Nachthimmel zischten wie »Drachen, die durch die Luft fliegen« und lange »Feuerschweife hinter sich« herzogen. Anfang 1250 – Jean war zu diesem Zeitpunkt nicht im Einsatz – zeigte der feindliche Beschuss schließlich Wirkung, und die Türme gingen in Flammen auf. Sehr erleichtert darüber, dass er zu diesem Zeitpunkt keinen Dienst hatte, schrieb Joinville: »Ich und meine Ritter priesen Gott für diesen Zufall.« 12
    Trotz der »Katzenhäuser« scheiterten die Versuche, einen Damm zu bauen, weil die Konstruktion immer wieder durch die reißende Strömung des Flusses zerstört wurde. In der ersten Februarwoche ließ Ludwig die vergeblichen Versuche abbrechen, und die Stimmung im Lager sank beträchtlich, weil keiner wusste, wie es nun weitergehen sollte. Um diese Zeit herum trat jedoch ein muslimischer Überläufer auf – einige Quellen bezeichnen ihn als Beduinen oder auch als Deserteur aus dem Heer der Ägypter –, der den Lateinern von einer Furt ein Stück flussabwärts berichtete, über die sie ans Südufer des Flusses gelangen konnten. Diese Nachricht war ein Hoffnungsschimmer, und der König beschloss sofort, die Furt für einen direkten Angriff auf das Lager der Ajjubiden zu nutzen.
    Ludwig war sich über die beträchtlichen Risiken einer solchen Operation und die tödlichen Konsequenzen im Klaren, die es haben würde, wenn die Kreuzfahrer am anderen Ufer des Tanis vom Feind empfangen und umzingelt würden; daher traf er seine strategischen Vorbereitungen mit großer Umsicht. Damit die Überquerung so unauffällig wie möglich vonstatten ging, sollte sie vor Tagesanbruch beginnen. Wegen der Wassertiefe und weil schnelles Handeln vonnöten war, verbot sich der Einsatz der Infanterie, es wurden also nur Ritter und berittene Sergeanten ausgewählt. Um die Disziplin so gut wie möglich zu wahren, stellte der König nur Männer aus den ihm vertrauten französischen Truppen auf, [638] dazu Mitglieder der Templer und der Johanniter. Die Franken aus Outremer und die Deutschordensritter sollten zurückbleiben und das Lager am Nordufer des Flusses verteidigen. Vor allem musste die gesamte Angriffstruppe das Südufer erreichen und sich dort sammeln, bevor es zu einem Angriff kam. Ludwig wies daher »sämtliche Männer, die Vornehmen und die Gemeinen«, an, »keinesfalls die Formation zu verlassen«. 13
    Die Schlacht von Mansourah
    Noch vor Sonnenaufgang des 8. Februar 1250 wurde der Plan des Königs in die Tat umgesetzt. Die Templer wiesen den Weg, direkt hinter ihnen folgte eine Gruppe von Rittern, die Ludwigs Bruder Robert von Artois anführte; mit ihnen ritt auch der Engländer William Longsword, Earl von Salisbury. Schnell stellte sich heraus, dass die Furt tiefer war als vermutet, die Pferde mussten in der Mitte des Flusses schwimmen, und an den steilen, schlammigen Ufern zu beiden Seiten des Flusses stürzten einige Kreuzfahrer von ihren Reittieren und ertranken. Trotzdem erreichten nach und nach Hunderte von Franken das andere Ufer.
    Dann, gerade als die Sonne aufging, entschloss sich Robert von Artois urplötzlich, einen Angriff zu wagen. Er setzte sich an die Spitze seiner Truppe und stürmte in Richtung des ajjubidischen Lagers. Die Templer schlossen sich ihm in dem nun ausbrechenden Durcheinander direkt an und ließen Ludwig und den Großteil des Heeres an der Furt zurück. In diesem Augenblick zerstoben alle Hoffnungen auf eine geordnete Offensive. Was Robert zu diesem überstürzten Akt trieb, ist nicht rekonstruierbar: Vielleicht befürchtete er, dass bald keine Möglichkeit mehr für einen Überraschungsangriff bestand; vielleicht trieben ihn auch Ehrgeiz und Ruhmsucht an. Eine Mischung aus Schreck, Verwunderung und Ärger muss alle Zurückbleibenden mitsamt dem König ergriffen haben, als Robert von Artois so plötzlich ausbrach.
    Und zunächst hatte es ganz den Anschein, als sollte sich Roberts Tollkühnheit bezahlt machen. Sein Stoßtrupp von rund 600 Kreuzfahrern und Tempelrittern brach über das Lager der ahnungslosen Muslime herein, von denen viele noch schliefen, und traf kaum auf Widerstand. Roberts Männer stürmten

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