Die Kreuzzüge
zwischen die Zelte des Feindes und richteten ein Blutbad an. Fakhr ed-Din, der noch mit seinen morgendlichen Waschungen beschäftigt war, warf sich schnell einige Gewänder über, [639] bestieg ein Pferd und ritt ohne Rüstung hinaus in das Getümmel. Eine Gruppe von Templern stellte ihn, er wurde vom Pferd heruntergerissen und mit zwei mächtigen Schwerthieben erschlagen. Rings umher wurden die Muslime erbarmungslos abgeschlachtet. In einem fränkischen Bericht wird beschrieben, wie die Lateiner »alle umbrachten und keinen verschonten [. . .] es war wirklich furchtbar, so viele Leichen zu sehen und so viel vergossenes Blut, doch es waren ja alles Feinde des christlichen Glaubens«. 14
Dieser brutale Angriff überwältigte die Männer im Lager der Ajjubiden vollständig, und wenn Robert nun beschlossen hätte, seine Stellung zu halten, seine Truppe neu aufzustellen und Ludwigs Ankunft abzuwarten, dann wäre ein glänzender Sieg wohl in Reichweite gewesen. Doch es sollte nicht sein. Angesichts der geschlagenen Muslime, die sich in Richtung Mansourah zurückzogen, verfiel der Graf von Artois auf die bestürzend unüberlegte Idee, ihnen nachzusetzen. Als er Befehle für diesen zweiten Angriff gab, riet der Anführer der Templer zur Vorsicht, aber Robert warf ihm Feigheit vor. Einem christlichen Bericht zufolge soll der Templer darauf geantwortet haben: »Weder ich noch meine Brüder haben Angst [. . .]. Aber ich muss Euch sagen, dass keiner von uns erwartet, das zu überstehen, weder Ihr, noch wir.«
Gemeinsam ritten sie mit ihren Truppen die kurze Strecke südwärts nach Mansourah und stürmten in die Stadt. Hier nun erwies sich sehr schnell, wie aberwitzig ihr tollkühner, selbstmörderischer Plan in Wirklichkeit war. Auf offenem Feld und auch noch im Lager der Ajjubiden war es den Christen möglich gewesen, zu manövrieren und in eng verbundenen Gruppen zu kämpfen. In den engen Straßen und Gassen der Stadt jedoch war an eine solche Kampfmethode nicht zu denken. Und was noch schlimmer war: Als sie in Mansourah eindrangen, prallten sie mit der Elite-Einheit der Bahrijja zusammen, die in der Stadt stationiert war. Das sollte die erste, tödliche Begegnung der Lateiner mit diesen »Löwen der Schlacht« werden. Ein muslimischer Chronist beschrieb, wie unbarmherzig und entschlossen die Mamluken kämpften. Sie umzingelten die Kreuzfahrer »von allen Seiten«, griffen mit Speeren, Schwertern und Pfeilen an und »brachten ihre Kreuze zu Fall«. Von den rund 600 Rittern, die in Mansourah eingefallen waren, überlebte kaum eine Handvoll; sowohl Robert von Artois als auch William Longsword wurden getötet. 15
[640] Am Ufer des Tanis unternahm Ludwig, der noch nichts von dem entsetzlichen Gemetzel ahnte, das gleichzeitig in Mansourah begann, den tapferen Versuch, die Kontrolle über die Truppen zurückzugewinnen, die ihm noch geblieben waren, während gleichzeitig Scharen berittener Mamluken zu einem Gegenangriff ansetzten. Ein Kreuzfahrer beschrieb, wie »ein entsetzlicher Lärm von Hörnern und Trommeln ausbrach«, als sie näherkamen, »Männer schrien, Pferde wieherten; es war ein fürchterlicher Lärm und ein schrecklicher Anblick«. Doch selbst mitten im Gewühl bewahrte der König seine ruhige Besonnenheit und kämpfte sich langsam voran bis zu einem Punkt, an dem er am Südufer des Flusses, gegenüber dem Kreuzfahrerlager, eine Stellung befestigen konnte. Hier sammelten sich die Franken nun um die Oriflamme und versuchten verzweifelt, ihre Stellung zu halten, während die Mamluken »dichte Wolken von Armbrustbolzen und Pfeilen« auf sie abschossen und dann heranstürmten und die Kreuzfahrer in erbitterte Einzelkämpfe verwickelten. Die Verluste dieses Tages waren beträchtlich. Ein Ritter aus dem Gefolge Joinvilles erhielt »einen Lanzenhieb zwischen die Schultern, was eine so große Wunde verursachte, dass das Blut aus seinem Körper strömte wie die Flüssigkeit aus dem Zapfloch eines Fasses«. Ein anderer wurde von einem Schwertstreich im Gesicht getroffen, der ihm »die Nase abschnitt, so dass sie über seine Lippen herunterhing«. Er kämpfte weiter, starb dann jedoch an seinen Verletzungen. Von sich selbst berichtet Joinville: »Ich wurde lediglich an fünf Stellen von feindlichen Pfeilen verwundet, mein Pferd allerdings an fünfzehn.«
Es fehlte nicht viel, und die Kreuzfahrer wären in die Flucht geschlagen worden – einige versuchten, schwimmend über den Fluss zu entkommen, und ein Augenzeuge »sah den
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